- Die Intel-Aktie ist in diesem Jahr um satte 35 % gefallen und hinter der Konkurrenz auf dem Chipmarkt zurückgeblieben
- Intels schlechte Ergebnisse und die düsteren kurzfristigen Aussichten ziehen die Aktie nach unten
- Trotz all der Negativmeldungen spricht auch einiges für Intel
Es sieht so aus, als hätten die Anleger den Glauben an den Turnaround der Intel Corporation (NASDAQ:INTC) verloren. Die Aktien des größten US-amerikanischen Chipherstellers haben sich in den letzten fünf Jahren deutlich schlechter entwickelt als die Benchmark Philadelphia Semiconductor Index.
Da die Wirtschaft in eine schwierige Phase eintritt, lässt sich diesem Sektor, der hochgradig zyklisch ist und dessen Schicksal eng mit der Konjunkturentwicklung zusammenhängt, nur bedingt etwas Positives abgewinnen.
Die Entwicklung der Intel-Aktie belegt klar und deutlich, dass die Investoren dem Unternehmen aus Santa Clara eher ablehnend gegenüberstehen. Und womöglich glauben sie auch nicht, dass die Sanierungsbemühungen von CEO Pat Gelsinger von Erfolg gekrönt sein werden.
Quelle: InvestingPro
Nachdem Intel jahrzehntelang die Halbleiterindustrie (ETR:SEC0) dominiert hatte, verlor das Unternehmen in den letzten Jahren seinen Wettbewerbsvorteil. Denn es gelang ihm nicht, die neuesten Chips vor Rivalen wie Taiwan Semiconductor Manufacturing (NYSE:TSM) auf den Markt zu bringen. Gelsinger, der erst letztes Jahr zum CEO berufen wurde, hat versprochen, die Führungsposition des Unternehmens im Bereich der fortschrittlichen Fertigung wiederherzustellen, indem er Dutzende von Milliarden Dollar für den Bau neuer Fabriken in den USA und Europa und die Umgestaltung bestehender Standorte ausgibt.
Kurzfristig sieht es nicht so aus, als ob die Anleger von der neuen Ausrichtung des Unternehmens begeistert wären. Und dafür gibt es gute Gründe. Der Umsatz von Intel im Quartal zum 30. Juni fiel um 22 % und lag damit deutlich unter der durchschnittlichen Analystenschätzung. Der Gewinn pro Aktie ohne Berücksichtigung einiger Posten sank auf 0,29 Dollar, weniger als die Hälfte von dem, was sich die Analysten ausgerechnet hatten.
Verlust von Marktanteilen
Während die Investoren erwartet hatten, dass ein Einbruch im PC-Markt die Performance von Intel in diesem Jahr belasten würde, zeigt ein unerwarteter Umsatzrückgang von 16 % bei teuren Serverchips, die Rechenzentren schnell machen, dass Intel weiterhin Marktanteile an seine Rivalen wie Taiwan Semiconductor Manufacturing und Samsung (F:SAMEq) Electronics (OTC:SSNLF) verliert.
Im zweiten Quartal sank der Umsatz von Intels Rechenzentrumssparte, mit der das Unternehmen einen großen Teil des Gewinns erzielt, auf 4,6 Mrd. USD und verfehlte damit die durchschnittliche Analystenschätzung von 6,04 Mrd. USD. Das Unternehmen erwartet, dass sein Rechenzentrumsgeschäft in diesem Jahr langsamer wachsen wird als der gesamte Servermarkt.
Ein weiterer Rückschlag, der die Intel-Aktie auch weiterhin belasten könnte, sind die sinkenden Gewinnspannen des Unternehmens. Die Bruttomargen, der Prozentsatz der Einnahmen, der nach Abzug der Produktionskosten verbleibt und ein wichtiger Indikator für die Gesundheit eines Fertigungsunternehmens, werden in diesem Jahr voraussichtlich bei 49 % liegen.
Diese Zahl wäre für andere Branchen wie die Automobilindustrie recht attraktiv, liegt aber 10 Prozentpunkte unter den historischen Werten von Intel. Sie bleibt auch unter den Werten anderer Unternehmen im gleichen Markt zurück. Texas Instruments (NASDAQ:TXN) erzielt nahezu 70 %, und Advanced Micro Devices (NASDAQ:AMD) - in der Vergangenheit nicht gerade für fette Margen bekannt - erwartet dieses Jahr immerhin 51 %.
Ist Intel bei diesen Kursen eine Kaufgelegenheit?
Trotz des Pessimismus, der sich in der angeschlagenen Intel-Aktie widerspiegelt, gibt es Argumente für die langfristige Attraktivität des Titels. Aufgrund der Rivalität zwischen den USA und China ist die Chipherstellung zu einem nationalen Sicherheitsthema geworden, weshalb eine lokale Produktion von beiden Parteien unterstützt wird.
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Präsident Joe Biden unterzeichnete im vergangenen Monat ein umfassendes Wettbewerbsgesetz, das etwa 52 Mrd. USD zur Förderung der heimischen Halbleiterforschung und -entwicklung vorsieht, und nannte es eine "einmalige Investition in Amerika selbst." Die Gesetzgebung soll beträchtliche Summen für den Bau von Intel-Fabriken in Ohio und Arizona bereitstellen.
Eine weitere positive Entwicklung ist, dass Intel letzte Woche ein 30-Milliarden-Dollar-Finanzierungsabkommen mit Brookfield Asset Management Inc. (TSX:BAMa) unterzeichnet hat, um die geplanten Expansionen zu finanzieren.
Im Rahmen der Vereinbarung, die von Führungskräften des Unternehmens als Novum in der Branche bezeichnet wurde, würde Intel 51 % der Kosten für den Bau neuer Chipfabriken in Chandler, Arizona, finanzieren und eine Mehrheitsbeteiligung an der Finanzierungsgesellschaft halten, die Eigentümerin der neuen Fabriken sein soll. Brookfield wird den Rest des Kapitals besitzen, und die Unternehmen werden sich die Einnahmen aus den Fabriken teilen.
Diese Vereinbarung signalisiert, dass Großinvestoren Vertrauen in die Sanierungsbemühungen des Unternehmens haben. Die Finanzierung wird auch den Druck auf Intel verringern, die jährliche Dividende von 1,46 USD pro Aktie zu kürzen, während seine Umsätze schrumpfen und das Unternehmen massiv expandiert.
Der Needham-Analyst Quinn Bolton bekräftigte seine Kaufempfehlung für Intel mit einem Kursziel von 40 USD und sagte in einer kürzlich veröffentlichten Notiz, dass die Partnerschaft den freien Cashflow des Unternehmens steigern wird.
"Die Kooperation ermöglicht eine neue Kapitalquelle zu Kosten von ca. 6,5 % (unsere Schätzung) und schützt Intels Liquiditäts- und Verschuldungsposition für zukünftige Investitionen und die Dividende."
Fazit
Die schwache Entwicklung der Intel-Aktie zeigt deutlich, dass die Anleger noch nicht bereit sind, auf einen Erfolgs von Gelsingers Umstrukturierungskampagne zu setzen. Gleichzeitig kann man sich aber nur schwer vorstellen, dass Intel in Anbetracht seiner Größe und Bedeutung für die US-Wirtschaft ein völliger hoffnungsloser Fall ist. Meiner Meinung nach ist es keine schlechte Idee, eine kleine Long-Position einzugehen, wenn die Stimmung am Markt übertrieben negativ ist.
Haftungsausschluss: Haris Anwar besitzt keine Aktien von Intel