Fünf Monate nach dem Absturz einer Boeing 737 MAX Maschine der Ethiopian Airlines, der zweite Unfall mit Todesfolge für das neue und populäre Flugzeugmodell des Unternehmens in lediglich fünf Monaten kämpft Boeing (NYSE:BA) weiter mit den massiven Folgen der beiden Vorfälle.
Zuvor in dieser Woche kam die Nachricht herein, dass der Luftfahrt- und Rüstungsgigant im Juli weniger Flugzeuge ausgeliefert hat, als in irgendeinem Monat in diesem Jahrzehnt, was den krisengeschüttelten Konzern erneut ins Rampenlicht rückte. Unglücklicherweise handelt es sich bei dem schlechten Abschneiden im Juli keineswegs um eine Eintagsfliege.
Das Unternehmen hat in diesem Jahr 258 Flugzeuge ausgeliefert, fast 40% weniger als im gleichen Zeitraum in 2018. Der Juli war auch der fünfte Monat in Folge, in dem das Unternehmen keinen neuen Auftrag für den Flugzeugtyp erhalten hat.
Hinzu kommt, dass es mittlerweile fünfeinhalb Monate her ist, dass der Kurs von Boeing mit 446 USD seinen Höhepunkt überschritt. Seither hat die Aktie 26% ihres Werts verloren und beendete den Handel am Freitag zu 330,53 USD.
Auch nach dem zweiten Flugzeugabsturz waren wir der Meinung, dass Boeings Langzeitperspektiven immer noch positiv sind und wir halten an dieser Ansicht fest. Zum einen ist dies nicht das erste Mal, dass Boeing Abstürze oder Sicherheitsprobleme hat. Bislang hat die Firma es immer geschafft, seine Flugzeuge zu verbessern und sein schlechtes Bild in der Öffentlichkeit zu verbessern.
Zweitens wird das Unternehmen durch ein kaum angreifbares Duopol mit Airbus (DE:AIRG), dem europäischen Flugzeughersteller geschützt. Drittens bekommt Boeing weiter Steuervorteile von der US-Regierung, die das Unternehmen als wichtige Komponente seiner Militärstrategie ansieht.
Und außerdem soll sich die Luftreiseindustrie bis 2037 im Umfang verdoppeln. Und zu guter Letzt—und das ist wahrscheinlich das überzeugendste Argument—hat Boeing für seine verschiedenen Flugzeugmodelle Aufträge im Wert von 390 Mrd USD in seinen Büchern stehen. All dies macht Boeing zu einer hochattraktiven Langzeitwette.
Was drückt also auf den Aktienkurs und gibt es einen guten Zeitpunkt eine Position aufzumachen?
Der wichtigste Faktor für eine Erholung wird die Erteilung einer Betriebserlaubnis für die 737 MAX sein. Auch wenn Boeing anfänglich schon im April das Problem behoben haben wollte, verschob sich der Fix dann in den Juni, nachdem die Aufsichtsbehörden ihre Sorgen ausgedrückt hatten. Derzeit ist der früheste Zeitpunkt, zu dem der Typ wieder in die Luft darf, der Anfang des Q4s. Aber viele vermuten, dass dies extrem optimistisch ist.
Je länger die 737 MAX am Boden bleibt, desto größer ist Boeings potentielle finanzielle Haftung. Mit rund 400 Flugzeugen des Typs, die weltweit nicht fliegen dürfen, ist Boeing schon jetzt in der Pflicht, seine Kunden für die entstandenen Probleme zu kompensieren. In der Tat hat der Konzern schon 5 Mrd USD zurückgelegt, um die Fluggesellschaften zu besänftigen.
Weitere Kosten entstehen durch die erhöhten Lagerkosten, da Boeing keine neuen 737 MAX Flugzeuge ausliefern wird, bis das Problem abgestellt ist.
All dies schafft einen undurchsichtigen Ausblick für die nächste Zeit. Als Faustregel gilt, eine Vergrößerung der Lagerbestände eines jeden Unternehmens ist ein Grund zur Sorgen, wenn die Nachfrage nachzulassen scheint. Allerdings hat Boeing zur Zeit immer noch 5.000 Aufträge für die 737 MAX in den Büchern stehen, sodass, wenn das Flugverbot erst einmal aufgehoben ist, das Inventar sofort ausgeliefert werden kann, was wieder einmal Boeings dominante Position in der Industrie unter Beweis stellen würde.
Die Tatsache, dass kaum Neuaufträge hereinkommen, ergibt einen gewissen Sinn. Die Fluggesellschaften sitzen erst einmal alles aus und warten ab, ob die Verbesserungen sich als wirksam herausstellen, bevor sie neues Kapital binden. Und lediglich ein Unternehmen, der saudische Billigflieger flyadeal, hat tatsächlich seinen Auftrag über 50 Maschinen storniert. Wir erwarten zuversichtlich, dass die Neuaufträge wieder hereinkommen werden, sobald das Flugzeug wieder abheben darf.
Sogar eine Rückstellung von 5 Mrd USD ist für Boeing kein echter Grund zur Sorge. Zum ersten wird das Unternehmen wahrscheinlich kein Bargeld zur Kompensation anbieten.
Stattdessen wird der Konzern wahrscheinlich Rabatte auf künftige Käufe anbieten. Und Boeing verdiente allein im letzten Jahr 13 Mrd USD freiem Cashflow, hat 10 Mrd USD an Bargeld in der Kasse und mehr als 6 Mrd USD an ungenutzten Kreditlinien.
Während die Auslieferungszahlen für den Flugzeugtyp im letzten Quartal fielen, lief der Rest von Boeings Geschäft—andere Flugzeugtypen wie die 787 oder die 767, sowie Militärflugzeuge und das Dienstleistungsgeschäft—unberührt davon weiter. Selbst wenn die 737 MAX bis ins nächste Jahr am Boden bleiben sollte, wird Boeings finanzielle Stabilität das Unternehmen hinreichend schützen, um die temporäre Turbulenz aussitzen zu können.
Wann ist also ein guter Zeitpunkt gekommen, um eine Position in Boeing aufzumachen? Da wir glauben, dass die Aktie zur Zeit zu billig gehandelt wird, aber es keine Klarheit darüber gibt, wann ihr Kurs wieder steigen wird, scheint die Durchschnittskostenmethode hier die richtige Wahl zu sein. Eine Einzelwette mit einer heftigen Investitionssumme hat für den Anleger erhebliche Risiken, besonders das die zuversichtlichste Schätzung auf ein Ende des Flugverbots für die 737 MAX von einer Erteilung der Flugerlaubnis im Oktober ausgeht und Boeings Anteile weiter fallen.
Indem man langsam und methodisch, regelmäßig kleine Beträge in die Aktie steckt, unbeachtlich des Tageskurses—was der Schlüssel der Durchschnittskostenstrategie ist—müssen die Investoren sich nicht daran versuchen, den richtigen Zeitpunkt für einen Einstieg abzupassen...was ohne Insiderwissen ohnehin fundamental nicht möglich ist. Das würde das Verlustrisiko bei Boeing beschränken, während es Gewinne aus möglicherweise tieferen Kursen vor einer kommenden Erholung ermöglichen könnte.
Disclaimer: Alle hier ausgedrückten Meinungen können sich ohne Mitteilung ändern. Dieser Kommentar reflektiert die Meinung des Autors und sollte nicht als Anlageberatung aufgefasst werden.