Das Jahr 2016 geht seinem Ende entgegen. Es ist Zeit, Bilanz zu ziehen. Ohne Frage war 2016 das Jahr der großen Überraschungen. Und dennoch konnten viele Aktienmärkte weltweit nach kurzen Schreckensmomenten à la Brexit und Trump-Wahlsieg wieder Fahrt aufnehmen
Die größte Überraschung brachten die britischen Wähler, als sie - trotz aller Erwartungen - dafür stimmten, die EU zu verlassen und die Märkte für ein paar Tage in eine chaotische Achterbahn schickten und das Pfund in ein tiefes Loch.
Dann, als die Märkte gerade schienen, ihr Gleichgewicht zurückgewonnen zu haben, präsentierten die US-Wähler den folgenden, möglicherweise sogar noch größeren Schock - die unerwartete Wahl von Donald Trump als 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Vielleicht war es nicht gerade eine plötzliche Überraschung, aber trotzdem erstaunlich, wie lange es gedauert hat, bis Ende des Jahres die Fed schließlich die Zinsen anhob, erstmals seit 2006.
Es war ein ereignisreiches Jahr für die Märkte von Beginn an. Die Möglichkeit eines abrupten Absturzes der chinesischen Wirtschaft zu Beginn des Jahres, hat viel Angst geschürt, die zusätzliche Yuan-Abwertung sorgte für weitere Beunruhigungen. Es war eine Achterbahnfahrt für chinesische Märkte im Jahr 2016.
Februar brachte einen zusätzlichen Schocker: Rohölpreise trafen ihren niedrigsten Stand seit Mai 2003 - 26.21 US-Dollar pro Barrel. Und Mitte des Monats wies der Dow schwere Verluste auf.
Sowohl der Rohstoff als auch der Index haben sich gut erholt. Derzeit liegt der Rohölpreis bei rund 53 US-Dollar, während der Dow, der bereits im Laufe des Jahres eine Reihe von Allzeithochs erreicht hat, jetzt nur noch um eine Haaresbreite unterhalb seines nächsten Rekords, dem wichtigen Meilenstein von 20.000 Punkten, steht.
Mit etwas Verzögerung hat auch der Dax vom "Trump-Effekt" profitiert. Seit Anfang Dezember hat der Dax gut zehn Prozent zugelegt und ist von Jahreshoch zu Jahreshoch geeilt. Am letzten Handelstag vor Weihnachten markierte er mit 11.480 Punkten eine neue Bestmarke.
Gold, von dem viele annahmen, es wäre ein sicherer Hafen für solche Risikoereignisse wie dem Brexit, erreichte sein Hoch im Juli mit 1,364 US-Dollar. Viele prognostizierten einen neuen Bullenmarkt für das Edelmetall, aber der Babybulle zögerte und die Hoffnung starb... zumindest vorläufig. Gold steht derzeit im Handel bei rund 1,130 US-Dollarauf dem niedrigsten Preis in 11 Monaten.
Auch die Devisenmärkten brachten einige zittrige Überraschungen mit sich. Der US-Dollar schien zu Beginn des Jahres zu schwächeln, als auch der US-Dollar-Index sein Tief von 92.62 im Mai erreicht. Aber während Ereignisse in der zweiten Hälfte des Jahres ein erfreulicheres Bild aufzeigten, behauptete der Dollar seine Stärke und auch der Dollar-Index gewinnt an Kräften und liegt derzeit bei rund 103,00 - ein Stand, den der Index seit Dezember 2002 nicht mehr gesehen hatte.
Dem Britischen Pfund und Euro erging es dagegen nicht so gut. Das Pfund liegt derzeit im Handel bei 1.2340, nicht weit von seinem 31-Jahrestief von 1.2020 als unmittelbare Nachwirkung der Brexit-Abstimmung. Vor den Feiertagen trat der Euroebenfalls auf der Stelle. Die Gemeinschaftswährung behauptete sich bei rund 1,0450 Dollar. Auch zwischen anderen Währungspaaren hielten sich die Ausschläge in Grenzen. Denn viele Marktteilnehmer haben sich bereits in die Ferien verabschiedet.
Zum Abschluss des Jahres fragten wir unsere beliebtesten Analysten um Ihre Meinungen zu den Märkten und Strategien für das kommende Jahr. Wir haben interessante und spannende Antworten für Sie in einem zweiteiligen Beitrag zusammengestellt.
Wir wünschen viel Spass mit Teil II unseres Jahresausblicks 2017!
Das Jahr 2017 wird ein turbulentes Jahr werden an den Märkten! Derzeit ist die Hoffnung auf den großen Stimulus durch Donald Trump eingepreist, die US-Aktienmärkte sind bereits teuer und haben alles positiv Denkbare bereits vorweg genommen. Daher ist auf derzeitigen Niveaus Vorsicht angebracht, die Wahrscheinlichkeit einer herben Korrektur ist hoch.
Unter Donald Trump dürfte sich die Bezierhung zu China weiter verschlechtern, Zölle gegen Chinas Waren sind ein zentrales Wahlkampfversprechen Trumps gewesen, hinter das er nicht mehr zurück kann, ohne seine Glaubwürdigkeit zu verlieren. Dabei ist eine protektionistische Politik, das zeigen die 1930er-Jahre, notwendigerweise zum Scheitern verurteilt, weil derartige Maßnahmen dann Gegenmaßnahmen nach sich ziehen, unter denen dann auch amerikanische Firmen leiden werden. Mithin stehen die USA - anders als die Märkte derzeit glauben - vor ökonomisch sehr schweren Zeiten.
Daher sind Investments in den amerikanischen Aktienmarkt auf derzeitigen Niveaus riskant. Gleiches gilt für den US-Dollar, der vielleicht noch etwas weiter aufwerten wird, um dann stärker zu fallen. Je mehr Trump von seinem Programm durchsetzen kann, umso stärker die inflationären Tendenzen, die Fed wird wahrscheinlich hinter der Kurve bleiben mit Zinsanhebungen, zumal Trump in 2017 zwei neue Fed-Mitglieder installieren wird - einer davon dürfte Yellens Nachfolger in 2018 werden. Trump wird dafür sorgen, dass die Zinsen nicht zu schnell steigen, um die Kreditbedingungen ertragbar zu halten.
Je weniger Trump sein Programm durchsetzen kann - wegen des erwartbaren Widerstands jener, die ein Ausufern der Schulden vermeiden wollen - umso schlechter für amerikanische Aktien. Am besten dürften amerikanische Bank-Aktien aufgrund der erwartbaren Deregulierung laufen, Tech-Werte wie Apple (NASDAQ:AAPL) dürften gemieden werden - wie alles, dessen Erfolg auf der Globalisierung basierte.
Auch der Dax wird sich den Turbulenzen nicht entziehen können, zu meiden sind daher vor allem exportlastige Werte wie deutsche Autobauer. Abwärtsdruck kommt in 2017 von China, das weitere starke Kapitalabflüsse nicht verhindern kann, es droht das Platzen der Anleiheblase im Reich der Mitte.
Positiv dürfte nach dem Abverkauf dagegen Gold in 2017 performen - der Boden im gelben Metall dürfte bald gefunden sein.
Ellen R. Wald, Ph.D.: Öl- und Energiemärkte - Aussichten für 2017
Der Ölpreis wird sich 2017 wohl endlich stabilisieren. Die OPEC hielt erst Ende November ein produktives Treffen ab und sagt nun erneut die richtigen Dinge und strebt nun zwecks Produktionskürzungen und Preisförderung einen Schulterschluss mit unabhängigen Produzenten an. Die von der OPEC geplanten Einschnitte werden voraussichtlich niemals vollständig umgesetzt werden und auch nicht allzu lange anhalten. Es muss weitere Überzeugungsarbeit geleistet werden, um alle unabhängigen Produzenten für den Plan zu gewinnen, doch zumindest wurde die allgemeine Richtung hin zu koordinierten Produktionsgrenzen eingeschlagen.
Die Einstellung der in Kürze an die Macht kommenden Regierung Donald Trumps gegenüber Teheran – angesichts der möglichen Wiederaufnahme von Sanktionen und der darauffolgenden Zurückhaltung ausländischer Firmen bei Investitionen im Iran – könnte sich ebenfalls günstig auf die Ölpreise auswirken. Allein die Meldungen der OPEC und Russlands dürften für Preisspitzen sorgen, während die oben genannten Maßnahmen einen Grundpreis von mindestens 55 US-Dollar etablieren sollten.
Die Börseneinführung von Aramco Ende 2017 oder 2018 wird ein Erfolg, der durch die effiziente Führung des Unternehmens und Kontrolle über höchst wertvolle Ressourcen praktisch garantiert wird. Die Anleger sollten sich allerdings im Klaren darüber sein, dass sie sich keinerlei Einfluss auf das Unternehmen erhoffen können, das weiterhin von Saudi-Arabien kontrolliert wird.
In den USA dürften die höheren Ölpreise neues Leben in die Schieferölindustrie einhauchen. Die politischen Richtlinien der neuen, ölfreundlichen Regierung werden unzählige Investitions- und Geschäftsmöglichkeiten im Bereich der Energieindustrie schaffen. Ölförderung in Gebieten im Staatsbesitz, insbesondere an der Küste, wird sowohl für Groß- als auch für Kleinproduzenten einfacher. Auch im Bereich der Energie-Infrastrukturprojekte wie Pipelines werden neue Möglichkeiten geschaffen. Die Eisenbahn als Transportmittel für Öl wird jedoch an Bedeutung verlieren, da Pipelines wieder mehr bevorzugt werden.
Genauso wie im letzten Jahr gilt die sichere Annahme, dass „angesichts der anhaltend niedrigen Ölpreise (unter dem Höchststand von 112 $ pro Barrel), des verminderten Einsatzes gegen den Klimawandel und einer Republikanischen Regierung im Weißen Haus die Anleger sich langfristig von sauberen und erneuerbaren Energien fernhalten sollten.“ Selbst wenn sich die Ölpreise stabilisieren sollten, könnte es eine Weile dauern, bis sie wieder den zweistelligen Bereich erreichen, der zuvor das wirtschaftliche Interesse an alternativen Energien ausgelöst hatte.
Auch die Stimmung weltweit wendet sich gegen den Klimawandel. Zwar betonte der designierte US-Präsident Trump mehrmals, dass er „alle“ Formen von Energie unterstütze, dennoch sollten die Anleger davon ausgehen, dass jegliche Änderungen der US-Steuergesetze Firmen im Bereich alternative Energie und Elektroautos treffen werden. Das Energieministerium dürfte seine fördernde Einstellung ebenfalls ändern und weniger staatliche Gelder an Unternehmen zur Entwicklung alternativer Energien ausschütten.
Als eher riskantere Anlagemöglichkeiten empfehlen sich Raffinerieprojekte in Indien und den USA. Indien dürfte zwar im Hinblick auf Energieverbrauch nicht das zweite China werden, dennoch ist das Land bereits jetzt der drittgrößte Energiekonsument und benötigt dringend zusätzliche Raffineriekapazitäten.
Bei den US-amerikanischen Raffinerien besteht, insbesondere angesichts der erhöhten Schieferölproduktion, hoher Modernisierungsbedarf. Bevor die USA ihre Raffineriekapazitäten ausweiten, werden sie 2017 verstärkt Öl ins Ausland exportieren.
Martin Goersch: Zinswende in 2017 – Ein Blick auf den Bund Future
Beim Euro Bund Future handelt es sich um einen Terminkontrakt, dem 10-jährige Bundesanleihen mit einem Kupon von 6% zu Grunde liegen. Der Nominalwert eines Kontrakts beträgt 100.000 Euro. Prinzipiell ist es so, dass die Kurse des Bund Future steigen, wenn die Leitzinsen sinken und weitere Leitzins-Senkungen erwartet werden. Umgekehrt fällt der Bund Future, wenn die Leitzinsen steigen, bzw. weitere Leitzins-Anhebungen erwartet werden.
Mitte 2016 im Vorfeld des Brexit Referendums haben wir erstmals negative Renditen in den 10-jährigen Bundesanleihen gesehen.
Was können wir nun 2017 vom Bund Future erwarten? Wichtig für die zukünftige Kurs-Entwicklung sind vor allem die erwarteten Änderungen im Leitzins der Zentralbanken. Heute hat die FED wie erwartet den Basiszinssatz um 0,25% angehoben. In der anschließenden Pressekonferenz wurden weiter steigende Zinsen für 2017 in Aussicht gestellt. Zum Ende des Jahres sollen die Zinsen laut US-Notenbank wieder im Bereich um 1,5% liegen.
Das würde für die Anleihen in 2017 klar fallende Notierungen bedeuten. Der Vorteil für kurz- bis mittelfristige Händler liegt damit wohl eher auf der Short Seite. Die große Frage ist nun: wie weit kann der Bund fallen?
In Abb.2. sehen Sie den Bund Future in der Back Adjusted Darstellung, bei der die Roll-Gaps durch ein „Verschieden“ der historischen Kurse „eingepreist“ werden. Als erstes fällt auf, dass nun die Kursspanne in der der Bund Future sich 2016 bewegt hat, deutlich verändert ist. Während wir in Abb.1 eine Kursspanne von knapp 11 Punkten erkennen (ca. 158 bis 169 Punkte), so hat sich diese Spanne in der Back Adjusted Chartdarstellung auf fast 15 Punkte ausgeweitet (153 bis 168 Punkte).
Die markante charttechnische Unterstützung liegt bei einem Kurslevel von ca. 147 Punkten und damit deutlich unter dem Jahrestief von 2016. Das ist mein aktuelles Ziel für eine Abwärtsbewegung im Bund Future.
Ob dieser Bereich im Jahr 2017 erreicht wird hängt sicher auch stark davon ab, wie sehr das bis Ende 2017 verlängerte Quantitative Easing Programm der EZB die Anleihen-Kurse stützen kann.
Außerdem muss bei diesen Kurszielen auch immer berücksichtigt werden, dass sich mit jedem Wechsel des near contract (also alle drei Monate) die Kurslevels der markanten Punkte im Chart leicht verändern.
Mit der Aussicht auf steigende Zinsen werden die deutschen Staatsanleihen auch ohne Quantitative Easing weiterhin sehr gefragt sein. Ich rechne also auch bei einem Steigen der Zinsen nicht mit einem „Crash“ in den Bunds. Vielmehr mit einem moderaten Abwärtstrend, wie wir ihn auch in der letzten längeren Phase der Zinsanhebungen von Dezember 2005 bis Juli 2008 gesehen haben.
Lesen Sie hier den ersten Teil unserer Autorenrunde zum Jahresausblick.
Investing.com wünscht Ihnen ein gesundes und erfolgreiches 2017!