- Die Inflation in China präsentiert sich nach wie vor schwach und schürt Konjunktursorgen
- Preisstagnation und sinkende Preise in China deuten auf Deflation hin
- Der Kupferpreis droht wegen der schwachen Nachfrage in China weiter zu fallen
Kupfer hat ein "China-Problem": Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt erholt sich nicht so schnell, wie viele nach der Beseitigung aller Corona-Maßnahmen dachten.
Und das ist ein Problem für ein Metall, bei dem fast die Hälfte der weltweiten Nachfrage allein aus China stammt.
Die Zahlen sind bezeichnend. Den am Donnerstag in Peking veröffentlichten Daten zufolge ist die chinesische Verbraucherinflation im April kaum gestiegen, während die Erzeugerinflation auf den niedrigsten Stand seit dem Höhepunkt der Pandemie im Jahr 2020 gesunken ist.
Charts bereitgestellt von SKCharting.com, Daten von Investing.com
Enttäuschend waren auch die chinesischen Handelsdaten von Anfang der Woche. Trotz der verschiedenen Konjunkturmaßnahmen, die das Riesenreich seit seiner Abkehr von den COVID-Lockdowns Anfang des Jahres ergriffen hat, kommt die Wirtschaft nur schwer in Gang.
Die untypische Kombination aus sinkenden Preisen und einer noch nie dagewesenen Geldmenge in der chinesischen Wirtschaft hat Spekulationen über eine Deflation angeheizt.
Während die Vereinigten Staaten und viele andere Länder händeringend nach Wegen suchen, die Inflation zu bremsen, die den Lebensstandard schmälert, tut China das Gegenteil und hofft, seine Wirtschaft durch höhere Preise zu beleben.
Diese scheinbar paradoxe Situation ist für jeden, der die Besonderheiten der chinesischen Wirtschaft kennt, nachvollziehbar.
Wegen der wirtschaftlichen Ungewissheit legen die chinesischen Haushalte ihr Geld lieber auf Sparkonten an, als es auszugeben, und die Unternehmen halten sich mit neuen Investitionen zurück.
Das birgt die Gefahr einer Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und Löhnen, von der sich die Wirtschaft nur schwer erholen könnte.
In einem kürzlich erschienenen Kommentar sagte Raymond Yeung, Chefökonom für Greater China bei ANZ Research:
"Unsere Kernthese ist, dass Chinas Wirtschaft deflationär ist".
Yu Yongding, ein ehemaliger Direktor des Instituts für Weltwirtschaft und Politik an der CASS, sieht das ähnlich. In einem Beitrag auf der chinesischen Nachrichtenseite NetEase sagte Yu:
"Meiner Meinung nach ist die Aussage 'Die Deflation hat begonnen' zwar nicht unbedingt richtig, aber auch kein großer Fehler. Es ist ganz richtig, auf die Deflation aufmerksam zu machen. Die unzureichende gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist ein unübersehbares Problem der Wirtschaft".
Chinas Preise stagnieren oder gehen sogar zurück, trotz der Bemühungen der People's Bank of China (PBOC), die Zinsen zu senken und Kapital in das Finanzsystem zu pumpen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Auch die Aufhebung der strengen COVID-Restriktionen Ende letzten Jahres hat keine spürbaren Auswirkungen gezeigt.
Zwar wuchs das chinesische Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 4,5 %, doch spiegelte dieses Wachstum weitgehend die Auswirkungen der aufgestauten Nachfrage unter den Käufern nach drei Jahren pandemischer Beschränkungen wider, so Yeung weiter. Ohne diesen Effekt hätte das BIP-Wachstum nur 2,6 % betragen.
In der Wirtschaft zirkuliert reichlich Geld. In den vergangenen 15 Monaten stieg die Geldmenge M2 auf ein Rekordhoch von 5,6 Billionen Dollar. Parallel dazu ermutigt die PBOC die Menschen zum Geldausgeben, indem sie die Bankenliquidität durch verschiedene politische Instrumente wie Offenmarktgeschäfte und die Senkung der Mindestreservesätze erhöht.
Doch die Nachfrage scheint darauf so gut wie gar nicht zu reagieren. Anstatt Geld auszugeben, horten die Menschen so viel Geld wie nie zuvor. Kennern zufolge ist ein Großteil der neuen Bankkredite an die Kommunen geflossen, die damit ihre hohe Verschuldung tilgen konnten.
Kupferkauf schwächelt
Das verarbeitende Gewerbe und der Bausektor Chinas haben sich rund sechs Monate nach Ausbruch der COVID-19-Krise in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zunächst kräftig erholt.
Die chinesische Produktionstätigkeit erreichte im August 2020 den höchsten Stand seit neun Jahren und löste eine kräftige Erholungsrallye bei Kupfer aus, das allein in China fast die Hälfte seiner weltweiten Nachfrage verzeichnet.
Die Kupfer-Futures, die im März 2020 während des Höhepunkts des Corona-Ausbruchs in China auf ein 11-Jahres-Tief von unter 2 Dollar pro Pfund fielen, erlebten danach die längste Gewinnserie ihrer Geschichte und erreichten im März 2021 trotz einiger zwischenzeitlicher Verluste ein Rekordhoch von 5,04 Dollar.
Doch von da an führten Rückschläge im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Pandemie in China und die Rückkehr Pekings zu erhöhter Vorsicht in Bezug auf das Virus dazu, dass sowohl die Kupfernachfrage als auch die Preise stetig sanken. In der Freitagssitzung an der New Yorker Comex fiel der Kupferpreis auf ein Fünfmonatstief von 3,68 Dollar pro Pfund.
Was die tatsächlichen Käufe betrifft, so ist Chinas Kupferkauf auf den niedrigsten Stand seit Oktober gesunken. Die Einfuhren in den ersten vier Monaten liegen 13 % unterhalb des Niveaus von 2022, einem Jahr, in dem die Kupferkäufe trotz der allgemein schwächeren Nachfrage nach anderen Rohstoffen boomten.
Trotz der düsteren Aussichten für das Metall trifft sich die asiatische Kupferindustrie nächste Woche in Hongkong zur ersten persönlichen Zusammenkunft der Londoner Metallbörse in diesem Teil der Welt seit dem Ausbruch der Pandemie vor drei Jahren.
Einem Bericht von Bloomberg zufolge werden mehr als tausend Führungskräfte, Händler, Banker und Analysten anwesend sein, um die neuesten Branchennachrichten zu besprechen und in den Bars und Restaurants der Stadt mit alten Freunden zu speisen.
Kupfer: Wie geht es jetzt weiter?
Der Kupferpreis nähert sich dem 50-Monats-EMA (Exponential Moving Average) bei 3,65 Dollar und dem 200-Wochen-SMA (Simple Moving Average) bei 3,59 Dollar, wo sich eine kleine Unterstützung ergeben könnte, die eine Erholung lostreten könnte, so Sunil Kumar Dixit, technischer Chefstratege bei SKCharting.com.
"Auf dem Weg zu einer kleinen Erholung von dieser Unterstützungszone stellt der 200-Tage-SMA bei 3,80 Dollar einen ersten Widerstand dar", erklärte Dixit. "Gelingt hier ein Tagesschluss oberhalb dieser Zone, bildet der 50-Tage-EMA bei 3,95 Dollar, gefolgt vom 100-Tage-SMA bei 4,02 Dollar, die nächste Herausforderung."
Sollte Kupfer seine Talfahrt hingegen fortsetzen und mit einem Wochenschlusskurs unter dem 200-Wochen-SMA von 3,59 Dollar verharren, droht ein weiterer Rückgang. Unterstützung böte dann die 200-Monats-SMA bei 3,18 Dollar, auf den der 100-Monats-SMA bei 3,08 Dollar folgt, so Dixit.
Der wöchentliche Relative Strength Index (RSI) liege mit 41 unter dem neutralen Bereich, während die Stochastik mit 5/12 auf überverkaufte Bedingungen hinweise.
"Wie auch immer, die technische Tendenz von Kupfer deutet darauf hin, dass es seine Talfahrt fortsetzen wird, solange die Preise unter 3,80 Dollar bleiben und nicht über 4,10 Dollar steigen."
Haftungsausschluss: Barani Krishnan präsentiert eine Reihe von unterschiedlicher Meinungen, die nicht unbedingt mit seinen eigenen übereinstimmen, um vielseitige Argumente in seine Analyse von Märkten einfließen zu lassen. Aus Gründen der Neutralität präsentiert er bisweilen konträre Ansichten und Marktvariablen. Er hält keine Positionen in den Rohstoffen und Wertpapieren, über die er schreibt.