Kurseinbruch am Ölmarkt - das sind die Gründe

Veröffentlicht am 11.03.2017, 08:43
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Im Spannungsfeld zwischen Förderkürzungen durch die OPEC- und einigen Nicht-OPEC-Staaten einerseits und Hinweisen auf eine steigende Produktion in den USA andererseits hatten sich die Ölpreise nach einer kräftigen Erholung zuletzt in einer engen Seitwärtsbewegung eingependelt (gelbes Rechteck im Chart).
Rohöl der Sorte WTI - Chartanalyse

Doch am Mittwoch rutschten die Notierungen kräftig ab und es kam charttechnisch zu mehreren bearishen Signalen. So wurde nicht nur die Seitwärtsrange (gelb) eindeutig nach unten aufgelöst, sondern auch der übergeordnete Aufwärtstrend (grün) gebrochen. Was war geschehen?

US-Rohöl erreicht bei der Produktion und den Lagerbeständen Rekordwerte
Das US-Energieministerium hatte an diesem Tag einen deutlichen Anstieg der US-Rohöllagerbestände um 8,2 Millionen Barrel auf ein neues Rekordniveau gemeldet. Der Zuwachs lag erheblich über den Schätzungen der Analysten. Zudem sind damit die US-Rohöllagerbestände nun schon seit mittlerweile neun Wochen in Folge gestiegen (siehe dazu auch Börse-Intern vom 3. März).
Entwicklung der Rohöllagerbestände in den USA

Der Grund dafür ist, dass auch die US-Rohölproduktion stetig ansteigt. In der Vorwoche legte sie laut den Daten des US-Energieministeriums auf knapp 9,1 Millionen Barrel pro Tag und damit auf das höchste Niveau seit über einem Jahr zu. Und dieser Trend dürfte anhalten. Laut aktueller Schätzung der US-Energiebehörde wird die Produktion Ende 2018 die Marke von 10 Millionen Barrel pro Tag erreichen. Das entspricht immerhin einem Anstieg um rund 5,3 Prozent pro Jahr!

Der Chef des US-Schieferölunternehmens Continental Resources sah sich vor dem Hintergrund dieser Zahlen sogar veranlasst, davor zu warnen, dass die US-Schieferölindustrie den Ölmarkt „töten“ könne, wenn die Produktion zu stark ausgeweitet würde.

US-Daten lassen Ölpreise einbrechen
Und so ging es am Ölmarkt mit den Preisen seit Mittwoch kräftig nach unten. Zumal durch die aktuellen US-Daten natürlich erhebliche Zweifel am Erfolg der OPEC-Förderkürzungen aufkommen. Der Preis für ein Barrel der Sorte WTI fiel alleine am Mittwoch um 5,4 Prozent auf zeitweise 50,06 Dollar und verzeichnete damit den prozentual höchsten Tagesverlust seit gut einem Jahr. Anschließend rutschte WTI auch noch klar unter die Marke von 50 Dollar und damit auf den tiefsten seit über einem Vierteljahr. Meine Prognose vom 3. März, wonach der Ölpreis auch wieder den Zielkurs von 50 USD erreichen wird, hat sich damit bereits erfüllt.

Ölpreiseinbruch bestätigt Geldpolitik der EZB
Vorvorgestern hatte ich geschrieben, dass es im Zusammenhang mit der EZB-Zinsentscheidung eine passende Kursbewegung gab. So passt der Ölpreiseinbruch natürlich hervorragend zu der EZB-Erwartung, dass die jüngsten Inflationsanstiege nur temporärer Natur seien. Denn inzwischen ist die Ölpreiserholung nicht nur längst ausgelaufen, der Ölpreis hat sich auch von seinem Trendhoch vom 12. Dezember 2016 bei 56,79 USD mittlerweile wieder spürbar entfernt und notiert mit aktuell nur noch 49,60 USD fast 13 Prozent tiefer. Damit wird wohl die Inflation in nächster Zeit wie bereits beschrieben wieder deutlich geringer ausfallen.

Ohne steigende Ölpreise UND steigende Löhne keine steigende Inflation
Und damit passt derzeit wieder alles zusammen. Insbesondere die vorgestrige Zurückhaltung der EZB im Hinblick auf eine Straffung der Geldpolitik macht nun umso mehr Sinn. Dabei darf man auch nicht vergessen, dass die Arbeitslosigkeit in der Eurozone im Schnitt noch immer bei knapp zehn Prozent und in einigen Ländern deutlich höher liegt. Und damit ist der Lohndruck noch gering. Ohne steigende Löhne wird es nicht zu einer nachhaltig stärker anziehenden Inflation kommen.

US-Arbeitsmarktbericht - Zinsanstieg scheint damit sicher
Der Zusammenhang zwischen Inflation, Ölpreis und Lohnentwicklung gilt natürlich auch für die USA. Auch hier kam es zu steigenden Inflationsraten, die nun durch den schwächeren Ölpreis in der näheren Zukunft wieder geringer ausfallen dürften. Allerdings haben wir es in den USA mit einer anderen Situation auf dem Arbeitsmarkt zu tun als im Euroraum, weshalb sich die Blicke der Anleger gestern auch besonders auf den monatlichen US-Arbeitsmarktbericht richteten. Denn der ist für die Geldpolitik der US-Notenbank Fed von großer Bedeutung. Sie dürfte den Leitzins nach den gestrigen Zahlen nun in der kommenden Woche mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit anheben.

US-Arbeitsmarktdaten deutlich über den Erwartungen
Denn die Zahl der neugeschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft lag im Februar bei 235.000. Erwartet wurden rund 200.000.
neu geschaffene Stellen USA

Zudem wurde der Wert für Januar von 227.000 auf 238.000 um +11.000 nach oben revidiert und zugleich der Dezember-Wert lediglich um 2.000 von 157.000 auf 155.000 nach unten angepasst. Der Arbeitsmarktbericht fiel damit sehr positiv und deutlich über den Erwartungen aus.

Zumal es im Durchschnitt des letzten Jahres lediglich zu einem monatlichen Aufbau neuer Arbeitsstellen von rund 190.000 kam. Und seit Ende 2010 wurden jeden Monat im Schnitt 200.000 neue Jobs geschaffen. Die Zahlen der vergangenen drei Monate liegen damit sogar über dem jeweiligen Durchschnitt.

Zinsanstieg in der kommenden Woche scheint damit sicher
Die Arbeitslosenquote fiel zudem im Februar wie allgemein erwartet auf 4,7 Prozent, nach 4,8 Prozent zuvor.
Arbeitslosenquote der USA

Mit diesen Daten dürfte die US-Notenbank in der kommenden Woche am 15. März den Leitzins definitiv um 25 Basispunkte auf dann 0,75 bis 1,00 Prozent anheben.

Keine neuen Impulse für die Märkte
Der US-Arbeitsmarktbericht war damit genau so ein Non-Event, wie die EZB-Sitzung vorgestern. Denn die Zinsanhebung war schon vor Veröffentlichung der Daten mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent an den Märkten eingepreist. Und da kurstreibende News aktuell Mangelware sind, könnte sich die aktuelle Konsolidierung fortsetzen und der DAX damit bis zum Verfallstag am Freitag tatsächlich unter 12.000 Punkte bleiben (siehe Börse-Intern vom vergangenen Mittwoch). Dadurch würde sich auch der überkaufte Zustand endlich etwas stärker abbauen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus

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