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Leichter Korrekturmodus – US-Staatsverschuldung dynamisch – Globale Steuerreform?

Veröffentlicht am 19.06.2023, 08:04
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Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0934 (05:29 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0919 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 141,73. In der Folge notiert EUR-JPY bei 155,02. EUR-CHF oszilliert bei 0,9780.

Aktienmärkte: Eine Portion Korrekturmodus nach Wochengewinnen

Die Finanzmärkte zeigten sich zum Wochenschluss in einem leichten Korrekturmodus. An den Aktienmärkten kam es auf Wochensicht zu Gewinnen. Der DAX konnte die Höchststände bei mehr als 16.400 Punkten am Freitag nicht halten, schloss jedoch mit leichtem Plus. US-Märkte wiesen am Freitag leichte Verluste aus. Asiens Aktienmärkte starten überwiegend mit Gewinnmitnahmen in die neue Woche. Zum Zeitpunkt des Verfassens des Reports verlieren die Märkte in China, Honkong, Vietnam und Japan, während der indische Sensex geringfügig zulegt.

An den Rentenmärkten zeigt sich Stabilität. 10 jährige Bundesanleihen rentieren heute früh mit 2,46% (Wochenbandbreite 2,33% - 2,53%). US-Staatstitel mit 10 jähriger Laufzeit werfen aktuell 3,76% ab (Wochenbandbreite 3,70% - 3,84%).

Der EUR konnte bisher die Niveaus über der Marke von 1,09 wegen Zinsspekulationen unter Ausblendung der zunehmenden Konjunkturschwäche verteidigen (Bandbreite 1,0730 – 1,0968).

US-Staatsverschuldung: Markante Dynamik

Laut der US-Treasury stellte sich die US-Staatsverschuldung per 15. Juni auf 32,04 Billionen USD. Damit wurde die Marke von 32 Billionen USD erstmalig überschritten. Seit Erhöhung der Schuldengrenze kam es zu einem Anstieg um circa 572 Mrd. USD. Dabei handelt es sich weitgehend um die Umwidmung der vorherigen kreativen Haushaltsmaßnahmen in die offizielle Statistik. Seit Jahresbeginn (Kalenderjahr) beläuft sich die Neuverschuldung auf rund 620 Mrd. USD. Im laufenden US-Fiskaljahr (1.10.2022 – 30.09.2023) stellt sich die Neuverschuldung auf circa 1.100 Mrd. USD.

Kommentar: Der IWF prognostiziert für die USA ein Defizit per 2023 in Höhe von 6,3% des BIP (Durchschnitt der Industrienationen 2023 -4,4%). Für die Jahre 2024 bis 2028 werden US- Haushaltsdefizite in Größenordnungen zwischen 6,6% - 7,1% des BIP im Fiscal Monitor des IWF per 04/2023 unterstellt (Durchschnitte der Industrienationen 2024 – 2028 zwischen 3,8% - 4,2%). Die Quantitätsunterschiede sind bemerkenswert. Helfen diese Unterschiede dem US-Leitwährungsstatus?

Wichtige Säule von globaler Steuerreform bricht weg?

Hintergrund: Die Jahrhundert-Reform wankt. Im Jahr 2021 hatten sich circa 140 Länder verständigt, die internationalen Steuerregeln für große Konzerne neu aufzusetzen und an das Digitalzeitalter anzupassen, auch um eine Fragmentierung der internationalen Steuergesetzgebung zu vermeiden (Effizienz, Transparenz). Nur 2 Jahre später steht die erste von zwei Säulen der Reform kurz vor dem Scheitern, damit auch das gesamte Projekt? Plan war es, dass die Vereinbarungen im kommenden Jahr umgesetzt würden.
Inhalt der Reform:

• In der 1. Säule sollen Besteuerungsrechte für Firmengewinne im Umfang von rund 200 Mrd. USD zugunsten von Ländern, in denen große Konzerne ihre Umsätze machen (häufig Schwellenländern mit hoher Bevölkerung), neu verteilt werden.

• Mit der 2. Säule für eine globale Mindeststeuer in Höhe von 15% soll der jahrzehntelange Trend zur Nutzung von Steueroasen beendet werden. Angewendet werden soll dies für Unternehmen mit einem Jahresumsatz ab 750 Mio. EUR.

Problem: Vor allem die USA, die Heimat der mächtigsten Digitalfirmen, werden die Vereinbarungen auf absehbare Zeit nicht umsetzen. Grund sei eine Blockade zwischen Republikanern und Demokraten im Kongress. Auch sind im US-Kongress Republikaner und auch einige Demokraten gegen Änderungen, die US-Firmen belasten würden Konsequenz: Digitalsteuern in einzelnen Staaten werden wieder wahrscheinlicher - und zwar in jedem Land unterschiedlich. Es gebe mehr als 30 Länder, die bereits eigene Digitalsteuern haben oder solche planen. Sie würden ernst machen, wenn Washington sich den Reformen verweigere.

Kommentar: Diese globale Steuerreform ist bitter notwendig, um internationaler Steuergerechtigkeit auf die Sprünge zu helfen. Wie kann es sein, dass die USA offiziell Steuerschlupflöcher bekämpfen (z.B. Schweiz), aber in diesem Fall Räume für Steuerarbitrage offen halten wollen. Dabei wollen wir hier das Thema US-Steuerschlupfloch Delaware aus politischer Korrektheit außen vor lassen. Man sollte sich in den USA fragen, ob diese Vorgehensweise den geopolitischen Interessen der USA vor dem Hintergrund der Emanzipation des Globalen Südens vom Westen förderlich ist.

China/USA: Potenzielle Annäherung?

Hintergrund: Die Beziehungen zwischen den USA und China sind seit Jahren massiv gestört. Die USA hatten China außenpolitisch als Gegner definiert und im Umgang mit China losgelöst vom internationalen Gesetzes- und Regelwerk (u.a. WTO, UN-Charta Artikel 2) agiert. Aktuell: Blinken ist als erster US-Außenminister seit 2018 zu Gesprächen in China eingetroffen. Sein Besuch ist bis heute angesetzt. Im Vorfeld hatte Blinken die Notwendigkeit der Kommunikation zur Konfliktvermeidung betont. Die USA hoffen, dass der Besuch den Weg für bilaterale Spitzenbegegnungen ebnet (Treffen der Präsidenten).

Kommentar: Die durch die westliche Politik in Gang gesetzte dynamische Veränderung der geopolitischen Machtachse zu Lasten der USA und des westlichen Blocks wurde markant unterschätzt. Die Emanzipation des „Globalen Südens“ durch Aufbau politischer Strukturen (u.a. BRICS+), flankiert von wirtschaftlicher Outperformance im Verhältnis 3 zu 1 (BIP, IWF WEO 04/2023) und bei Strukturdaten, unterminiert den US- und damit den westlichen Machtstatus.

Es ist zu früh, in dem aktuellen US-Diplomatie-Ansatz eine belastbare Neuausrichtung erkennen zu wollen. Zudem ist zu hinterfragen ob eine Neuausrichtung taktische oder nachhaltige Ansätze verfolgen würde. Davon losgelöst erlaubt diese von den USA initiierte Diplomatie-Offensive Hoffnungswerte. Bezüglich des Status ist es eine zarte Annäherung.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Zarte Entspannung bei Preisen und Lohnkosten auf hohem Niveau

Gemäß finaler Berechnung lag der Verbraucherpreisanstieg per Mai im Monatsvergleich bei 0,0% und im Jahresvergleich bei 6,1%. Die Kernrate legte im Monatsvergleich um 0,2% und im Jahresvergleich um 5,3% zu. Alle Werte entsprachen den vorläufigen Ergebnissen als auch den Prognosen.

Die Arbeitskosten (Labour Costs) stiegen im 1. Quartal 2023 im Jahresvergleich um 5,0% nach 5,6% im Vorquartal (historischer Höchstwert). Die Gehälter verzeichneten im Jahresvergleich im 1. Quartal 2023 eine Zunahme um 4,6% nach zuvor 5,0% (historischer Höchstwert).


USA: Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan höher

Der Index des Verbrauchervertrauens nach Lesart der Universität Michigan stieg per vorläufiger Berechnung per Juni von zuvor 59,2 auf 63,9 Zähler (Prognose 60,0).

Indien: Devisenreserven etwas geringer

Die Devisenreserven Indiens stellten sich per 9. Juni auf 593,75 Mrd. USD nach zuvor 595,07 Mrd. USD.

Russland: Devisenreserven marginal höher

Die Devisenreserven Russlands lagen per Stichtag 5. Juni bei 585,7 Mrd. USD nach zuvor 585,0 Mrd. USD.

Derzeit ergibt sich für das Währungspaar EUR/USD eine neutrale Haltung. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1,0650 – 1,1100 eröffnet neue Trendsignale.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe

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