In den normalerweise eher ruhigen Tagen des Sommers gibt es drei akut wichtige Themen, denen jeder Ölhändler Beachtung schenken sollte.
1. Das OPEC+-Treffen
Der Ölverbund OPEC+ hat sich am Mittwoch virtuell getroffen und, wie ich in der letzten Woche bereits prognostiziert hatte, eine sehr geringe Erhöhung der Förderquoten von nur 100.000 bpd. für den Monat September beschlossen. Damit wird die Gesamtfördermenge der OPEC+ im September auf insgesamt 43,955 Mio. bpd steigen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass der Markt diese Menge an Öl sehen wird, da viele Produzenten ihre Produktion überhaupt nicht steigern können. Dieser Anstieg ist im Vergleich zum gesamten weltweiten Ölangebot von rund 100 Millionen bpd so geringfügig, dass er im Grunde keinen Unterschied macht. Das macht deutlich, wie wenig Respekt Saudi-Arabien vor der Biden-Administration hat, vor allem, wenn man das Ganze im Zusammenhang mit dem Besuch von Präsident Biden und der anschließenden Ankündigung der Administration betrachtet, dass der Markt bald "weitere Schritte" seitens der Produzenten aus dem Nahen Osten sehen werde.
Die OPEC+ wartet im Wesentlichen ab, ob sich eine globale Rezession auf die Nachfrage niederschlägt und die Ölpreise auf eine Talfahrt schickt, oder ob die westlichen Länder selbst Sanktionen gegen russisches Öl verhängen werden. Dass die OPEC+ ein neues längerfristiges Förderabkommen anstrebt, ist unwahrscheinlich, solange sie keine genauere Vorstellung davon hat, wie sich diese Faktoren auf den Markt auswirken werden.
2. Besuch von Nancy Pelosi in Taiwan
Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat Taiwan besucht. Sie ist die drittmächtigste Person in der US-Regierung. Dieser Besuch wirft die Frage auf, wie sich verschärfte Spannungen zwischen China und Taiwan auf die Ölpreise und die Preise anderer Waren auswirken würden. Eine Eskalation der Spannungen zwischen der wichtigsten Macht der Region und dieser kleinen Nation würde die weltweiten Ölpreise in die Höhe treiben.
Zum einen würde China im Falle eines möglichen militärischen Konflikts wahrscheinlich seine Ölkäufe im Ausland steigern. Das Land ist bereits der größte Ölimporteur der Welt.
Außerdem könnte China die Wasserstraßen der Region, zu denen auch die am stärksten befahrenen Seewege gehören, wirksam kontrollieren. Das chinesische Öl (und andere Produkte) fließen größtenteils durch diese Region, aber auch das Öl anderer asiatischer Länder wie Korea und Japan. China könnte dort im Fall militärischer oder diplomatischer Konflikte mehr Einfluss ausüben. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich eine regionale Militärmacht das Recht herausnimmt, zu bestimmen, wer während eines Konflikts eine Wasserstraße passieren darf und wer nicht. Das würde den Ölpreis in die Höhe treiben.
3. Hurrikansaison
Der August hat begonnen und damit auch die verschärfte Hurrikansaison im Atlantik. Bislang haben Saharastaub und atmosphärische Bedingungen die Entwicklung bedrohlicher Wirbelstürme im Atlantik gedämpft. Starke Wirbelstürme, insbesondere im Golf von Mexiko, können die Offshore- und Onshore-Ölproduktion, Erdölimporte und -exporte, Erdölraffination und den Transport von Erdöl innerhalb der USA beeinträchtigen. Händler sollten im Hinterkopf behalten, dass die US-Regierung derzeit möglicherweise nur begrenzt auf kurz- und langfristige Ausfälle reagieren kann, da sie bereits große Mengen an Öl aus der strategischen Erdölreserve freigegeben hat, um zu versuchen, die Benzinpreise vor den Zwischenwahlen im November zu senken. Ein starker Hurrikan, der an der falschen Stelle einschlägt, könnte in den USA zu einem ernsthaften Versorgungsengpass führen.