Die eingetrübte Stimmung in der Luxusgüterbranche sorgte auch im dritten Quartal wieder für enttäuschte Gesichter bei den Aktionären von LVMH (EPA:LVMH), nachdem bereits die Zahlen für die ersten beiden Quartale auf die Gemüter geschlagen hatten. Der Aktienkurs hat seit März rund 35 % seines ursprünglichen Wertes wieder abgegeben. Rückläufige Umsätze und schwache Margen belasten. Analysten haben ihre Ertragserwartungen für 2024 bereits deutlich revidiert, empfehlen die Aktie aber mehrheitlich noch immer zum Kauf.
Bereits im Januar hatten wir die Aktie von LVMH (ISIN: FR0000121014) unter die Lupe genommen und uns aufgrund der Unsicherheiten dazu entschieden, zunächst an der Seitenlinie zu bleiben, um eine günstigere Einstiegsgelegenheit abzuwarten. Zwar waren die Ertragserwartungen für 2024 zum damaligen Zeitpunkt noch auf Wachstum eingestellt, aber Analysten hatten bereits vereinzelt auf Margenrisiken und nachlassendes Wachstum hingewiesen. Trotzdem konnte die Aktie zunächst nochmal zulegen. Der rasante Anstieg fand jedoch schon im März, nur knapp oberhalb des von uns berechneten Kursziels von 864 EUR, sein Ende und ging in eine Konsolidierungsphase über.
Unsere zurückhaltende Einschätzung hinsichtlich der Bewertung wurde damit bestätigt, denn auch einen generellen Rückgang des Bewertungsniveaus – Dividendenrendite und KGV – hatten diverse Analysten im Zusammenhang mit dem nachlassenden Umsatzwachstum zuvor bereits angedeutet. Wir hatten diesem Umstand Rechnung getragen und uns für unsere Bewertung an den KGV´s der letzten 10 Jahre orientiert, deren Durschnitt deutlich unter dem Niveau der Jahre 2019 bis 2023 liegt.
2024 nur eine Verschnaufpause?
Die uns vorliegende Konsensschätzung für das bereinigte Nettoergebnis für LVMH zum Zeitpunkt unserer ersten Analyse lag bei 34,14 EUR je Aktie und wurde zwischenzeitlich auf gerade noch 27,72 EUR je Aktie revidiert. Das unbereinigte Nettoergebnis für das erste Halbjahr 2024 lag mit 14,55 EUR je Aktie bereits 14 % unter dem des Vorjahresquartals und der Umsatz lag in Q3/24 mit einem Rückgang von 1 % und einem Wert von 19,76 Mrd. EUR (Vj: 19,96 Mrd.) erneut unter dem Vorjahresquartal, nachdem bereits für das erste Halbjahr 2024 ein Umsatzrückgang von 1,3 % zu Buche stand.
Nachdem LVMH zwischen 2021 und 2023 teils enorme Umsatz- und Ergebniszuwächse verzeichnen konnte, scheint damit zumindest kurzfristig erstmal die Luft raus zu sein. Analysten geben sich jedoch zuversichtlich, dass Umsatz und Nettoergebnis ab 2025 wieder zunehmen werden. Den uns vorliegenden Konsensschätzungen zufolge soll der Umsatz spätestens 2026 um 9 % über dem Rekordwert von 2023 liegen und das bereinigte Nettoergebnis mit 32,11 EUR je Aktie ca. 6 % über dem Wert von 2023 von 30,33 EUR je Aktie. Es wird davon ausgegangen, dass die Margen sich wieder verbessern, um diese Ziele zu erreichen.
Als Ursachen für die derzeitige Schwäche des Luxusgütermarktes gilt insbesondere die nachlassende Nachfrage aus China, auf das ein Großteil des Wachstums der letzten 10 Jahre zurückzuführen ist. Eine weitere Ursache ist die ungünstige Entwicklung der Wechselkurse, die erheblichen Einfluss hat auf Umsatz und Ergebnis von LVMH. Eine Stabilisierung dieser Faktoren gilt als Voraussetzung für weiteres Wachstum. Analysten bleiben trotz Reduzierung der Kursziele zuversichtlich. 10 der 16 von TipRanks befragten Analysten empfehlen die Aktie weiterhin zum Kauf und 6 raten zum Halten, mit Kurszielen zwischen 560 und 795 EUR. Zum Verkauf rät kein Analyst.
Bewertung auf Basis des Gewinns
Beim bisherigen Höchstkurs für 2024 von 883 EUR lag das KGV auf Basis der ursprünglichen Ertragserwartung von 34,14 EUR je Aktie bei einem Wert von 25,9. Aus unserer Sicht behält das von uns zugrunde gelegte Bewertungsniveau unserer letzten Analyse damit seine Gültigkeit. Wir waren für die obere und untere Kursspanne von KGV´s von 25 und 17,5 ausgegangen. Auf Basis des nun erwarteten geringeren bereinigten Nettoergebnisses von 27,72 EUR je Aktie für 2024 berechnen wir auf dieser Basis eine neue Kursspanne mit einem Einstiegskurs von 485 EUR und einem Kursziel von 693 EUR.
Charttechnik
Für unsere technische Analyse haben wir – ausgehend von der Bodenbildung bei 140 EUR aus 2015/2016 – einen Fibonacci-Fächer angelegt. Die Retracements zeigen sehr deutlich die markanten langfristigen Trendlinien auf. Das 62er-Retracement, welches seit 2022 die starke Aufwärtsbewegung mehrfach gestützt hatte, wurde im Juli dieses Jahres unterschritten. Das darunter liegende 50er-Retracement bei ca. 580 EUR wurde im Anschluss ebenfalls getestet, hat bislang aber gehalten.
Mehrere Dinge fallen im Chartbild von LVMH auf: Im Bereich von 880 bis 900 EUR hat sich eine Doppelspitze ausgebildet, deren Nackenlinie im Bereich von 655 EUR bereits deutlich unterschritten wurde. Ausgehend von dieser ergibt sich daraus aus technischer Sicht ein Verkaufssignal mit einem maximalen Abwärtspotential bis in den Bereich von 430 EUR.
Auffällig ist auch der Verlauf der relativen Stärke (RSI) auf Basis von 14 Wochen, die am Jahreshoch im März bereits bei einem Wert von 65 gedreht hat und damit deutlich früher als in der Vergangenheit, was auf eine generelle Schwäche hindeutet. Aktuell notiert der RSI bei einem Wert von knapp 40. Mit den letzten Kurstiefs bei 578 EUR lag er bereits im überverkauften Bereich und hat dabei leicht zum Kursverlauf divergiert. Dies könnte auf Sicht der nächsten Wochen auf eine Erholung hindeuten.
Fazit
Zwar liegt das Ertragsniveau von LVMH noch immer auf Rekordniveau, aber es ist offensichtlich, dass die Wachstumsstory deutliche Risse zeigt. Für eine Fortsetzung des Wachstums müssten sich zunächst die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Luxussegment wieder verbessern. Aktuell sehen wir überwiegend negative Impulse, die zu weiteren Verkäufen führen könnten. Auch wenn die Mehrzahl der Analysten die Aktie noch immer zum Kauf empfiehlt, besteht weiterhin negatives Überraschungspotential, sollte sich das Wachstum weiter abschwächen und die Ertragserwartungen weiter zurückgehen.
Die charttechnische Lage bestätigt uns in dieser Ansicht und deutet ebenfalls auf weiteres Abwärtspotenzial hin. Wir warten daher ab, bis wieder positive Impulse zu erkennen sind. Auf Basis der von uns zugrunde gelegten Gewinnprognose von 27,72 EUR je Aktie für 2024 erachten wir die Aktie derzeit als fair bewertet und sehen bis zu unserem Einstiegskurs bei 485 EUR noch Abwärtspotenzial von 21 %. Wir beobachten die Aktie.
Investmentidee(n) auf LVMH
Risikofreudige Anleger, die bereit sind, kurzfristiges Rückschlagpotenzial in Kauf zu nehmen, können einen defensiven Discount-Call erwerben und attraktive Renditen erzielen. Das Papier mit der ISIN DE000VC13UC4 hat einen Cap (Höchstauszahlungsbetrag) bei 550 EUR, rund 10 % unter dem aktuellen Aktienkurs. Das heißt, notiert der LVMH-Kurs bei Fälligkeit im März 2025 mindestens bei 550 EUR, erzielen Käufer des Papiers eine Rendite von 17,4 % (45,3 % p.a.). Unterhalb von 550 EUR verringert sich die Rendite, der Break-Even liegt bei 542 EUR. Unterhalb des Basispreises von 500 EUR entsteht ein Totalverlust.