Anzahl und Volumen der Deals im Öl- und Gassektor dürften ihren Höhepunkt überschritten haben. Der Schwerpunkt in diesem Jahr bleibt Nordamerika, der Nahe Osten gewinnt an Bedeutung.
Das M&A Volumen im Öl- und Gasgeschäft dürfte in diesem Jahr deutlich abnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht des Osloer Energieresearch- und Business-Intelligence-Unternehmens Rystad Energy. So werden für dieses Jahr Deals im Volumen von 151 Mrd. USD prognostiziert. In den beiden Vorjahren war die Aktivität mit 205 Mrd. USD im letzten und 255 Mrd. USD im vorletzten Jahr noch deutlich größer ausgefallen. Die Anzahl der Deals dürfte in diesem Jahr auf rund 350 sinken – nach fast 500 Transaktionen im Vorjahr.
Globale Deal-Pipeline ist 150 Mrd. USD schwer
Der Wert der globalen Deal-Pipeline liegt demnach bei etwa 150 Milliarden USD, die Konsolidierung des Sektors ist weitgehend abgeschlossen und eine Rückkehr zu den jüngsten Höchstständen unwahrscheinlich. "Darüber hinaus dürften die geopolitischen Spannungen im Nahen Osten, der anhaltende Konflikt in der Ukraine und das schwierige Haushaltsumfeld in Großbritannien den Marktteilnehmern erheblichen Gegenwind bereiten", heißt es in dem Bericht.
Der Schwerpunkt der M&A Aktivität wird mit Upstream-Chancen im Wert von fast 80 Milliarden USD weiterhin in Nordamerika liegen. "Das vergangene Jahr war ein Jahr der Konsolidierung im US-Schiefergassektor mit etwa 17 konsolidierungsorientierten Transaktionen, verglichen mit nur drei Übernahmen Ende 2023. (…) Es besteht auch Potenzial für weiteres Aufwärtspotenzial, wenn die M&A-Aktivitäten im US-Schiefergassektor zunehmen, vorausgesetzt, die Henry-Hub-Preise bleiben stabil und förderlich für Geschäftsabschlüsse", fasste Atul Raina, Vizepräsident, Öl- und Gasforschung bei Rystad Energy, zusammen.
2024 hatte allein der US-Sektor noch Deals im Wert von 105 Mrd. USD gesehen, wie ein Bericht von Enverus Intelligence Research feststellte. 2024 lag nur hinter den rekordverdächtigen 192 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 und knapp unter den 108 Milliarden US-Dollar, die 2014 verbucht wurden. In der zweiten Jahreshälfte gingen die Aktivitäten jedoch zurück, und im vierten Quartal wurden Upstream-M&A-Transaktionen im Wert von 9,6 Milliarden US-Dollar verzeichnet, der vierte Rückgang des Quartalswerts in Folge. Bemerkenswert: Im vergangenen Jahr hat sich der Wert der auf Gas ausgerichteten Fusionen und Übernahmen im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023 vervierfacht und zum ersten Mal seit 2016 die Marke von 20 Mrd. USD überschritten.
Konzerne entwickeln den Nahen Osten zu wichtigem Zentrum
Darüber hinaus entwickelt sich Rystad Energy zufolge der Nahe Osten rasch zu einem bedeutenden Zentrum. Gestärkt durch die Ausbaupläne für Flüssigerdgas (LNG) verzeichnete die Region ihr zweithöchstes M&A-Jahr seit 2019. Der Transaktionswert erreichte 2024 fast 9,65 Milliarden US-Dollar, nach einem Fünfjahreshoch von 13,3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022. Verantwortlich dafür zeichnen Großprojekte von Ölkonzernen wie die Erweiterung des North Field von QatarEnergy und Ruwais LNG von ADNOC. Die Erweiterung des North Field soll die LNG-Produktion von QatarEnergy bis Anfang der 2030er Jahre auf 142 Millionen Tonnen pro Jahr steigern.
Der Wert der M&A-Deals in Europa sank im Vergleich zum Vorjahr um rund 10 % auf 14 Milliarden Dollar im Jahr 2024, wobei 75 % des Anteils auf Großbritannien entfielen. Die Ölkonzerne auf der Insel weiten ihre Präsenz in der Nordsee aus. Der größte Deal dieses Jahres betraf die Fusion der Upstream-Portfolios von Shell (ETR:R6C0) und Equinor (OL:EQNR) in der britischen Nordsee. Das fusionierte Unternehmen wird zum größten Produzenten in der britischen Nordsee und will bis 2025 eine 140.000 Barrel Öläquivalent pro Tag erreichen. Verschärfte staatliche Haushaltsbedingungen für Offshore-Öl und -Gas in Großbritannien dürften das Käuferinteresse jedoch dämpfen, soweit Deals keine steuerliche Optimierung ermöglichen.