Nachdem die Berichtssaison für das zweite Quartal 2020 hinter uns liegt, besteht für Investoren kaum noch ein Zweifel daran, dass die großen Einzelhändler und Technologiegiganten die größten Nutznießer der Pandemie waren, da die Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen durch die Krise weiter angekurbelt wurde.
Die Finanzergebnisse in dieser Woche von einigen der größten Einzelhandelsketten zeigten starke Umsatzzuwächse, da die Verbraucher ihre Ausgaben für alles, von Lebensmitteln bis hin zu Renovierungsprodukten, erhöhten.
Target (NYSE:TGT) meldete gestern das stärkste Wachstum eines Quartals in seiner Geschichte, das durch den Online-Vertrieb gefördert wurde. Die vergleichbaren Ladenumsätze von Target - die durch Geschäfte und digitale Kanäle, die seit mindestens 12 Monate in Betrieb sind - stiegen im Quartal zum 1. August um 24%, ein Unternehmensrekord und doppelt so stark wie im Mai-Quartal. Die Gewinne waren breit angelegt und kamen aus Kategorien wie Lebensmitteln, Elektronik und Haushaltswaren.
Genau wie Target zeigte auch Walmart (NYSE:WMT) ähnliche Trends: Es berichtete Verkaufszahlen in vergleichbaren Filialen, die die Schätzungen der Analysten mit einem Anstieg von 9,3% übertrafen. Der Absatz via Internet des Einzelhändlers stieg in den USA im Quartal um 97%. Dies zeigt, wie das Unternehmen seine Reichweite und seinen Marktanteil ausbaut, als mehr Menschen online einkaufen.
Diese beeindruckende Entwicklung des E-Commerce-Geschäfts dürfte bei Amazon (NASDAQ:AMZN), dem weltweit größten Online-Händler, dessen Gewinn sich von April bis Juni gegenüber dem Vorjahreszeitraum verdoppelte, einige Sorgen auslösen. Der Riese meldete eine Verbesserung bei Umsatz und Gewinn, obwohl er im Berichtszeitraum 4 Milliarden US-Dollar zusätzlich für die Stabilisierung seiner Lieferkette und die Verbesserung der Arbeitssicherheit ausgegeben hat.
Während wichtige Einzelhändler von Lockdowns und Hilfszahlungen profitierten, die die Kaufkraft der Amerikaner für alles, von Lebensmitteln bis zu Fahrrädern, steigerten, bleibt die Zukunft dieses monetären Anreizes ungewiss, da sich Demokraten und Republikaner erneut auf keinen neuen Deal einigen konnten.
Technologiegiganten werden mächtiger
Ungeachtet des düsteren wirtschaftlichen Bildes durch das Virus, haben die Technologie-Giganten Apple (NASDAQ:AAPL), Facebook (NASDAQ:FB), Alphabet (NASDAQ:GOOGL) und Microsoft (NASDAQ:MSFT) alle besser als erwartete Finanzergebnisse gemeldet, da jeder unter ihnen im Juni-Quartal Einnahmen in Milliardenhöhe erzielte.
Die von Apple, Facebook, Alphabet und Microsoft gelieferten Zahlen zeigten alle die Belastbarkeit ihrer Geschäftsmodelle auch während einer Rezession. Diese Unternehmen gewannen an Boden, da das wachsende Online-Shopping, die Interaktion mit sozialen Medien und die Arbeit zu Hause ihren Vorsprung stärkten.
Gestern wurde Apple das erste Unternehmen, dessen Marktwert 2 Billionen US-Dollar erreichte, als seine Aktien ihren Aufwärtstrend fortsetzten, der ihnen in diesem Jahr eine Wertsteigerung von 60% bescherte. Die Apple-Aktie beendete den Handel gestern zu 462,83 USD.
Im Gegensatz dazu ging es für Unternehmen der alten Wirtschaft nur darum, zu überleben und die Barreserven zu erhalten. Von Industriegiganten wie Boeing (NYSE:BA) und Caterpillar (NYSE:CAT) bis hin zu Fluggesellschaften und Ölproduzenten waren Führungskräfte davon überzeugt, dass Kunden auch nach der Pandemie möglicherweise nicht so schnell zu ihrem alten Reise- und Ausgehverhalten zurückfinden werden.
Boeing kündigte bei seiner Ergebnisvorstellung weitere Entlassungen und neue Produktionskürzungen für alle wichtigen kommerziellen Jets an, einschließlich der weiterhin stillgelegten 737 MAX, von der es nun erwartet, dass sie im vierten Quartal wieder in den Himmel zurückkehren wird, während die Menschen weiterhin Reisen vermeiden.
Bei Caterpillar gingen die Verkäufe von Baumaschinen in Länder im asiatisch-pazifischen Raum im Q2 gegenüber dem Vorjahr um 10% und in Nordamerika um 54% zurück. Das Preisumfeld für den Baugiganten ist weiterhin schwach, insbesondere auf dem umkämpften chinesischen Markt.
Energieerzeuger sparen Geld
Die Energieerzeuger, die mit katastrophal niedrigen Ölpreisen und einer der schwerwiegendsten Nachfragezerstörungen in der jüngeren Geschichte konfrontiert sind, versuchen, diese Rezession zu überwinden, indem sie ihre Budgets und in einigen Fällen ihre einstmals sakrosankten Dividenden kürzen.
Exxon (NYSE:XOM) und Chevron (NYSE:CVX) veröffentlichten ihre Finanzergebnisse für das 2. Quartal 2020, in denen das Ausmaß des Schadens sichtbar wurde, den sie durch den durch die Pandemie ausgelösten Einbruch des Energiebedarfs erlitten haben.
Im Q2 verlor Chevron 8,3 Milliarden US-Dollar, den größten Verlust seit etwa 1998. Dieser Wert stand auch in starkem Kontrast zum gleichen Zeitraum des Vorjahres, als das Unternehmen einen Gewinn von 4,3 Milliarden US-Dollar erzielte.
Exxon hatte eine ähnlich beunruhigende Geschichte zu erzählen. Der größte in den USA ansässige Öl- und Gasproduzent verzeichnete zum ersten Mal in diesem Jahrhundert einen Quartalsverlust. Der in Irving, Texas, ansässige Energiemajor meldete ein Defizit von 1,1 Mrd. USD, verglichen mit einem Gewinn von 3,1 Mrd. USD im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Exxon teilte den Investoren außerdem mit, dass es seinen ehrgeizigen Expansionsplan auf die lange Bank schieben werde, um die Barreserven zu schonen. Das Unternehmen konnte im Quartal keinen positiven operativen Cashflow erwirtschaften.
Fazit
Da der S&P 500 in einer vollständigen V-förmigen Erholung neue Rekordhochs erreicht, zeigt die Berichtssaison im zweiten Quartal, dass diese Trendwende von Einzelhandels- und Technologiegiganten angeführt wird. Beide Branchen haben dabei von dem pandemiebedingten Nachfrageschub profitiert. Für den Rest der Wirtschaft geht es nach wie vor ums Überleben.