Obwohl sich die Anzeichen für eine Rezession häufen, weigert sich die Börse weiterhin, diese Perspektive zu berücksichtigen. Das bringt die Investoren in die Zwickmühle, einerseits einem weiteren Rückgang der Aktienmärkte abzuwarten und andererseits eine mögliche Erholung nicht zu verpassen.
Die Prognosen für eine Rezession, die derzeit die Schlagzeilen beherrschen, lassen sich kaum widerlegen. Simon White von Bloomberg macht eine in diesem Zusammenhang wichtige Feststellung:
"Ohne das der Zyklus dreht, werden sich die Aktienmärkte nicht auf Dauer erholen und ihren Bärenmarkt verlassen können. Wie der nachstehende Chart zeigt, werden die Aktien erst dann wieder steigen, wenn die Frühindikatoren die Ist-Daten übertreffen.
Wenn die Frühindikatoren im Vergleich zu den tatsächlichen Daten so schwach sind wie heute, kann der Zyklus ohne Rezession leider nicht drehen. Ausgehend von den historischen Daten haben Aktien ein weiteres Abwärtspotenzial von etwa 15 %, wenn es in den USA zu einer Rezession kommt."
Der Leading Economic Index ist ein wichtiger Indikator. Wir beobachten insbesondere den 6-monatigen ROC im Index, da er in hohem Maße mit den Unternehmensgewinnen korreliert und eine perfekte Erfolgsbilanz bei der Prognose von Rezessionen aufweist. Sowohl der 6-Monats-ROC im LEI als auch unser breiter Economic Composite Index (mehr als 100 einzelne Datenpunkte) deuten darauf hin, dass eine Rezession unmittelbar bevorsteht
Im jüngsten Bericht gab das Conference Board seine Rezessionsprognose angesichts des starken Rückgangs des Leitindex bekannt.
"Bei den Frühindikatoren war im Dezember eine umfassende Schwäche festzustellen, die auf eine Verschlechterung der Bedingungen an den Arbeitsmärkten, für das verarbeitende Gewerbe, den Wohnungsbau und die Finanzmärkte in den kommenden Monaten hindeutet. In der Zwischenzeit hat sich der Coincident Economic Index nicht im gleichen Maße abgeschwächt wie der LEI, da die arbeitsmarktbezogenen Indikatoren (Beschäftigung und persönliches Einkommen) weiterhin robust sind. Dennoch ist die Industrieproduktion - ebenfalls eine Komponente des CEI - im dritten Monat in Folge gesunken. Die gesamtwirtschaftliche Aktivität wird sich in den kommenden Quartalen wahrscheinlich negativ entwickeln, bevor die Konjunktur im letzten Quartal 2023 wieder anzieht."
Trotz der Daten, die die Rezessionsprognosen bestätigen, ignoriert der Markt diese Warnungen weiterhin.
Bullische Formationen
Der Markt hat trotz sinkender Gewinne und schwächerer Aussichten weiter zugelegt. Es sind mehrere bullische Formationen zu beobachten, die in der Vergangenheit kurz- bis mittelfristig auf höhere Kurse hingedeutet haben. So war beispielsweise die Kompression der Notierungen zwischen der Abwärtstrendlinie vom Höchststand im Januar 2022 und den steigenden Tiefstständen seit Oktober ein wichtiger Fixpunkt für die Anleger. Dies geht aus dem nachstehenden Schaubild hervor. Diese Kompression wirkt wie eine "Feder", und wenn die Kurse ausbrechen, ist die anschließende Bewegung in der Regel ziemlich stark.
Wie Sie feststellen werden, war seit dem Höchststand des Marktes im Januar jeder Versuch, die fallende Abwärtstrendlinie zu überwinden, ein Head Fake, der zu niedrigeren Kursen führte. Der Durchbruch über diese Abwärtstrendlinie deutet darauf hin, dass die Kurse nun einen Weg nach oben einschlagen werden. Obwohl wir KEINE Anzeichen für einen eindeutigen und nachhaltigen Ausbruch über diesen Abwärtstrend haben, bleibt das Risiko eines Head Fake erhöht.
Wie im Folgenden gezeigt wird, gibt es aber noch weitere technische Verbesserungen am breiten Markt, die den Rezessionsprognosen ebenfalls trotzen.
Seit den Tiefstständen im Oktober hat sich im Markt eine beachtliche Preisbasis aufgebaut. Das inverse SKS-Muster deutet bereits darauf hin, dass eine Bodenbildung stattgefunden hat. Ein solider Durchbruch über die Abwärtstrendlinie (mit einem erfolgreichen erneuten Test) würde die Vollendung dieses Musters bestätigen.
Darüber hinaus nähert sich der 50-DMA rasch einer Überschneidung mit dem bearishen 200-DMA. Dies wird als "Golden Cross" bezeichnet und ist historisch gesehen ein Zeichen für eine bullische Ausrichtung der Märkte für die Zukunft.
Schließlich steigt sich auch die vorherrschende optimistische Stimmung merklich, und die Zahl der Aktien mit bullischen Kaufsignalen steigt auf den höchsten Stand seit März 2022.
Sollten wir die Rezessionsprognosen ignorieren?
Die Geschichte mahnt hier immer noch zur Vorsicht
Es ist zwar möglich, dass schlechte Nachrichten oder eine zu aggressive Fed eine Umkehr dieser bullischen Formationen bewirken könnten, doch im Moment unterstützen sie weiterhin höhere Kurse. Das ist angesichts der negativen Rezessionsprognosen und der sich verschlechternden Ertragsdaten doch verblüffend. Historisch gesehen erreichen die Börsenkurse ihren Tiefpunkt jedoch in der Regel 6 bis 9 Monate vor dem Tiefpunkt der Gewinne. Dies liegt daran, dass der Markt Ergebnisse vorwegnimmt, wie es auch im Artikel "Contrarianism" beschrieben ist.
"Für einen konträren Investor werden Übertreibungen dann aufgebaut, wenn bei einem Trade alle auf der gleichen Seite sind. Alle sind so pessimistisch, dass die Märkte in einer Weise reagieren könnten, die niemand erwartet. Aus diesem Grund haben Aktien in der Vergangenheit ihren Tiefpunkt 6 bis 9 Monate vor dem Tiefpunkt der Gewinne erreicht."
Es gibt viele Gründe, in den nächsten Monaten sehr besorgt über den Markt zu sein. Da der Markt der Wirtschaft vorangeht, müssen wir das heutige Handeln des Marktes respektieren, da es uns möglicherweise etwas über die Zukunft verrät.
Wir können die sich verbessernden technischen Daten nicht außer Acht lassen - dürfen aber auch die Rezessionsprognosen keinesfalls ganz von der Hand weisen.
Die Auswirkungen höherer Zinssätze auf das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung und die persönlichen Einkommen sind historisch eindeutig nachgewiesen. Wie bereits in dem Artikel zu "Fed-Mythen" besprochen - so etwas wie eine "sanfte Landung“ hat es in Wirklichkeit nie gegeben.”
Es gab drei Zeiträume, in denen die Fed die Zinssätze anhob und ihr gleichzeitig auch eine sanfte Landung in wirtschaftlicher Hinsicht gelang. Die Realität war jedoch, dass diese Zeiträume für die Finanzmärkte keineswegs "schmerzfrei" verliefen. In der nachstehenden Abbildung sind die "Krisenereignisse" dargestellt, die im Zuge der Zinserhöhungen durch die Fed eintraten.
Entscheidend ist, das in den letzten fünf Fällen, in denen die Inflation einen Höchststand von über 5 % erreichte, dieser Entwicklung jedes Mal eine Rezession bzw. eine harte Landung folgte. Diese Beobachtung betrifft die Jahre 1948, 1951, 1970, 1974, 1980, 1990 und 2008. Die Inflation lag 2022 durchgehend deutlich über 5 %.
Wird dieses Mal alles anders sein? Man soll die Hoffnung natürlich nie aufgeben...
Die Aufwärtsbewegungen an den Märkten zeigen jedenfalls, dass die Anleger auf ein solches Ergebnis hoffen.
Es gibt aber leider auch eine Menge historischer Fakten, die das genaue Gegenteil signalisieren.