Der Rohstoffsektor weckt Begehrlichkeiten bei institutionellen Investoren. Große Investmentunternehmen stocken ihre Handelsabteilungen auf, neue Hedgefonds unter prominenter Leitung gehen an den Start. In wenigen Wochen will eine Terminbörse den Handel aufnehmen.
Der Londoner Anbieter von Handelsfinanzierungskrediten für Rohstoffe, Kimura Capital, gründet angesichts des wachsenden Interesses von Anlegern an Rohstoffen einen Hedgefonds. Der noch aufzulegende Kimura Gaspara Fund1 soll unter Leitung eines Teams von Gaspara Asset Management – angeführt von den ehemaligen Trafigura Group-Händlern John Bell und Jonny Allen – eine auf Fundamentaldaten ausgerichtete Strategie verfolgen.
Kimura Gaspara Fund1 vor dem Start
Im zweiten Quartal soll es mit einem AUM von 150 Mio. USD losgehen. Das AUM soll – so die Zielsetzung – innerhalb von zwei Jahren auf rund 2 Milliarden USD gesteigert werden. Dies teilte Kimura CEO Kristofer Tremaine in einem Interview mit.
Tremaine erwartet regelrechte Umwälzungen auf den Märkten für Öl, Metalle und landwirtschaftliche Produkte. Ihm zufolge bieten neue Infrastrukturprojekte, eine mögliche Abschwächung des Dollars und durch die Energiewende verursachte Ungleichgewichte Chancen. "Wir durchlaufen eine Reihe wirklich interessanter Paradigmenwechsel".
Tremaine verweist darauf, dass in der Vergangenheit nach dem Ende eines chinesisch geprägten Rohstoff-Superzyklus viele spezialisierte Hedgefonds geschlossen hätten. "Jetzt gibt es diese Rolle in einer Investmentbank nicht mehr, weil es im Grunde keine Kunden gibt".
Er glaube jedoch, dass der Markt in diesem Bereich vor einem "weiteren Wachstumsschub" stehe – getrieben durch die Nachfrage der Anleger. Schon bei seinem Engagement bei der Societe Generale (EPA:SOGN) 2006 sei er überzeugt gewesen, dass im Rohstoffsektor Investitionsmöglichkeiten notwendig seien.
Im Kerngeschäft konnte Kimura zuletzt von den makroökonomischen Rahmenbedingungen profitieren. Die – im Vergleich zu Bankkrediten zumeist höher verzinsten – Finanzierungen des Unternehmens sind durch das steigende Zinsniveau wettbewerbsfähiger geworden. Derzeit werden laut einer durch Bloomberg genannten Quelle monatlich 500 Millionen USD Kredite für den Handel mit physischen Rohstoffen vergeben. Im vergangenen Jahr wurde eine Rendite von 8,6 % erzielt.
Institutionelle Investoren drängen in den Rohstoffsektor
Kimura ist nur ein Beispiel von vielen für die Wiederbelebung des Rohstoffgeschäfts im institutionellen Sektor. Diese Wiederbelebung kommt nicht ohne Grund. Die Gewinne im weltweiten Rohstoffhandel überstiegen im vergangen Jahr die Marke von 100 Milliarden USD. Damit war 2023 das zweitbeste Jahr aller Zeiten nach 2022. Zudem lagen die Gewinne immer noch über den früheren Höhepunkten wie 2008 und 2009. Dies jedenfalls legen Daten des Beratungsunternehmens Oliver Wyman nahe.
Die Ursache: Wer heute Rohstoffe kauft, lagert und transportiert, profitiert von höherer Volatilität, mehr Arbitragemöglichkeiten und einer wachsenden, geopolitisch bedingten Fragmentierung des Marktes. Außerdem können sich Rohstoffunternehmen staatlicher Unterstützung sicher sein. Insbesondere westlichen Länder versuchen, eigene Lieferketten aufzubauen.
Wyman-Berater Adam Perkins konstatiert: "Wir haben insgesamt ziemlich gute Margen gesehen, und das liegt praktisch daran, dass die Situation auf der Seite von Angebot und Nachfrage weiterhin etwas angespannt ist".
Rohstoffhändler als strategische Lieferanten?
In dieser Gemengelage versuchen Rohstoffunternehmen, sich als strategische Lieferanten zu positionieren. Dazu werden Raffinerien, Lager, Kraftwerke und Handelsunternehmen gekauft. "Traditionell hätte ein unabhängiger Händler diese Position im Bereich der Energiesicherheit nicht innegehabt", so Perkins. Die Unternehmen würden jedoch "in dieser Rolle hineingezogen".
Die Aktivitäten der Branche machen deutlich, wie groß die Erwartungen sind. Viele Investmentunternehmen haben den vergangenen Jahren eigene Rohstoffabteilungen aufgebaut. – darunter etwa Millennium Management, Balyasny Asset Management , Citadel und Squarepoint Capital. Physische Rohstoffhändler wie Trafigura Group, Vitol Group und Mercuria Energy Group intensivierten gleichzeitig ihre Bemühungen um geeignetes Personal.
Erhöhte Aktivität ist nicht nur bei Investmentunternehmen, sondern auch bei Handelsplätzen zu beobachten. So konnte sich etwa Abaxx Technologies neues Eigenkapital beschaffen. Das kanadische Unternehmen wird vom ehemaligen Goldman-Strategen Josh Crumb geleitet und will eine Börse für Rohstoffterminkontrakte aufbauen.
Abbax steht nach eigenen Angaben kurz vor der Eröffnung einer neuen Börse und eines Clearinghauses mit Sitz in Singapur und will bereits in den kommenden Wochen die ersten Geschäfte abwickeln.
Zu den Finanzinvestoren gehören unter anderem BlackRock (NYSE:BLK) und CBOE Global Markets, die unter anderem an Terminkontrakten auf Flüssigerdgas und Nickelsulfat sowie Emissionsgutschriften interessiert sind. Abbax konnte 10 Millionen CAD einsammeln.