Die Ökonomin Claudia Sahm hat die "Sahm Rule" entwickelt, nach der sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet, wenn der Dreimonatsdurchschnitt der Arbeitslosenquote einen halben Prozentpunkt über dem Zwölfmonatstief liegt. Wie man sieht, hat der jüngste Jobbericht diesen Indikator nun aktiviert.
Bedeutet das nun, dass eine Rezession bevorsteht? Möglicherweise. Aber dieser Indikator reiht sich ein in die lange Liste anderer Rezessionsindikatoren, die ebenfalls Warnsignale aussenden.
Wie wir bereits in unserem Artikel "Conference Board hebt Rezessionswarnung auf" diskutiert haben, blickt der Leading Economic Index (LEI) auf eine lange Geschichte präziser Rezessionsvorhersagen zurück.
Wie wir gezeigt haben, ging jeder Rückgang der 6-Monats-Änderungsrate des Conference Board LEI in der Vergangenheit mit einer Rezession einher. Wir befinden uns derzeit in einer der längsten Phasen, in denen der LEI unter Null liegt, ohne dass eine Rezession erklärt wurde.
Wir haben auch die inverse Renditekurve diskutiert, die darauf hindeutet, dass das Rezessionsrisiko weiterhin besteht. So heißt es in unserem Artikel:
"Während das Conference Board seine Rezessionsprognose revidierte, tat der Rentenmarkt dies nicht. Die Renditedifferenz zwischen 10-jährigen und 2-jährigen Staatsanleihen ist nach wie vor stark invers. Die Inversion der Renditekurve ist selbst NICHT das Signal für den Beginn einer Rezession. Der Zeitpunkt, an dem sich die Inversion der Renditekurve auflöst, signalisiert den Beginn einer Rezession. Derartige Entwicklungen sind in der Vergangenheit als Reaktion auf Zinssenkungen durch die Fed aufgetreten, die damit versuchte, einer sich rasch abschwächenden Wirtschaft entgegenzuwirken".
Bevorstehende Zinssenkungen
Bereitet sich die Fed auf die erste Zinssenkung seit 2020 vor? Wird die Rückkhr der Renditekurve in den Normalzustand erneut den Beginn einer Rezession signalisieren?
Bisher hat die Wirtschaft den Rezessionserwartungen getrotzt. Dazu beigetragen haben eine Flut geldpolitischer Anreize durch das Inflationsbekämpfungsgesetz und das CHIPS-Gesetz sowie ein Anstieg der Defizitausgaben, die das Wirtschaftswachstum stützten. Dieser Ausgabenanstieg hat nun jedoch seinen Höhepunkt überschritten und ist rückläufig, was sich negativ auf das künftige Wirtschaftswachstum auswirken wird.
Die gleiche Unterstützung für die Wirtschaftstätigkeit kommt von der Geldmenge (M2) in Prozent der Wirtschaft.
Während diese monetären und fiskalischen Hilfen das Wirtschaftswachstum nach der "pandemiebedingten" Ausgabenexplosion in die Höhe trieben, kehren sich beide nun um.
Wenn die monetären Anreize abnehmen, steigt das Rezessionsrisiko, da der Konsum zurückgeht.
Aus diesem Grund gehören die "Sahm Rule" und die Beschäftigung im Allgemeinen zu den wichtigsten Rezessionsindikatoren.
Warum ist Beschäftigung so wichtig?
Die USA sind eine konsumorientierte Wirtschaft. Die Verbraucher können jedoch nicht konsumieren, ohne vorher etwas zu produzieren. Die Produktion muss an erster Stelle stehen, damit das für den Konsum notwendige Einkommen erwirtschaftet werden kann. Dieser Kreislauf ist in der folgenden Abbildung dargestellt.
Wenn man die Produktionsphase des Zyklus umgeht, indem man Schecks direkt an die Haushalte verschickt, ist das erste Ergebnis natürlich ein starker Wachstumsschub. Wie die Grafik MZ vs. BIP unten zeigt, ist der massive Anstieg des Wirtschaftswachstums im zweiten Quartal 2021 direkt auf diese staatliche Geldverteilungspolitik zurückzuführen.
Sobald aber die Menschen das Geld ausgegeben haben, flacht die Konjunktur ab, weil die Produktionsseite der Gleichung immer noch hinterherhinkt. Genau das ist der entscheidende Punkt beim Faktor Beschäftigung und warum die "Sahm Rule" so wichtig ist.
Damit ein Haushalt wirtschaftlich nachhaltig konsumieren kann, braucht er eine Vollzeitbeschäftigung. Solche Arbeitsplätze bieten höhere Löhne, Sozialleistungen und eine Krankenversicherung, mit der man eine Familie ernähren kann. Teilzeitarbeitsplätze bieten das nicht.
Während die Medien über "starke Beschäftigungszahlen" jubeln, sprechen sie in Wirklichkeit vor allem über die Wiederherstellung von Arbeitsplätzen, die während der Lockdowns verloren gegangen sind.
Die Realität sieht jedoch so aus, dass der Anteil der Vollbeschäftigten stark rückläufig ist. Historisch gesehen ist die Wirtschaft in eine Rezession eingetreten, wenn die Veränderungsrate der Vollzeitbeschäftigung unter Null gefallen ist.
Aufgrund der verstärkten Zuwanderung in die USA in den letzten Jahren ist der wichtige Anteil der Vollzeitbeschäftigten an der Bevölkerung stark zurückgegangen.
Da die Vollzeitbeschäftigung die Mittel für den Mehrkonsum bereitstellt, sollte diese Quote steigen, damit die Wirtschaft weiterhin stark wächst. Die Vollzeitbeschäftigung ist jedoch seit der Jahrhundertwende zurückgegangen, da Automatisierung, Technologie und Offshoring zugenommen haben.
Obwohl Präsident Biden in seiner Rede zur Lage der Nation kürzlich ein starkes Beschäftigungswachstum verkündete, hat sich die Vollzeitbeschäftigung als Prozentsatz der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter noch nicht wieder auf das Niveau vor der Pandemie erholt.
Besonders auffällig ist, dass der starke Rückgang der Vollzeitbeschäftigung mit dem Beginn der Rezession zusammenfällt. Diese Entwicklung ist nicht überraschend, denn angesichts des Rückgangs der Konsumnachfrage sparen die Unternehmen an den Arbeitskosten, ihrem größten Kostenblock.
Keine Arbeit = kein Einkommen
Das Problem des Rückgangs der Vollzeitbeschäftigung besteht darin, dass er sich, wie bereits erwähnt, negativ auf den privaten Verbrauch auswirkt. Zwar konnte die derzeitige Regierung diesen Rückgang durch eine massive Ausweitung der Defizitausgaben ausgleichen, doch ist dies keineswegs nachhaltig. Kombiniert man diese Entwicklung mit der Verlangsamung des Lohnwachstums, wird die potenzielle Belastung für die Konjunktur noch deutlicher.
Wie man sieht, sinken die Löhne weiter, während die Preisinflation hoch bleibt, was die Möglichkeiten der Verbraucher, ihren Lebensstandard zu halten, einschränkt.
Diese Abbildung ist allerdings etwas irreführend, weil sie alle Vergütungen und Löhne widerspiegelt. Für zwanzig Prozent (20 %) der Einkommensbezieher sind die Löhne gestiegen, insbesondere für Führungskräfte der "C-Suite".
Für die unteren achtzig Prozent (80 %) der Beschäftigten ist der Rückgang des Lohnwachstums jedoch ziemlich dramatisch und entspricht dem Niveau früherer Rezessionen.
Wie bereits erwähnt, versuchen die Arbeitgeber angesichts des wirtschaftlichen Abschwungs, den kostenintensivsten Aspekt jedes Unternehmens - die Beschäftigung - zu reduzieren. Der Abbau von Vollzeitarbeitsplätzen ist die wirksamste Methode, um Gewinne und Rentabilität zu schützen.
Zwar wollen die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter so lange wie möglich halten, aber letztlich werden die Mitarbeiter zugunsten der Portabilität geopfert. So setzt sich ein einigermaßen vorhersehbarer Kreislauf fort, bis die Erschöpfungsgrenze erreicht ist.
Fazit
Im Zuge der Konjunkturabschwächung geht aber nicht nur die Vollzeitbeschäftigung zurück, sondern nimmt natürlich auch die Zahl der Zeitarbeitskräfte ab.
Mit anderen Worten: Die Unternehmen bauen auf allen Ebenen Arbeitsplätze ab, was nicht zu einer "starken Wirtschaft" passt.
Der Rückgang von Löhnen und Arbeitsplätzen sollte niemanden wirklich überraschen. Kleine Unternehmen stellen 50 % der Arbeitsplätze, haben aber nicht den Umsatzanstieg verzeichnet, der in den Mainstream-Medien gepriesen wird.
Während sie anfangs die Löhne erhöhten, um Talente anzulocken, kehrt sich dieser Trend nun um, da die Umsätze ausbleiben.
Auch wenn es nach Ansicht der Ökonomen keine Anzeichen für eine Rezession in den nächsten 12 Monaten gibt, lohnt es sich, die Beschäftigungsentwicklung aufmerksam zu verfolgen, immerhin sind fast 70 % des Wirtschaftswachstums auf den Konsum zurückzuführen.
Die “Sahm Rule" ist ein weiterer wichtiger Indikator, der darauf hinweist, dass die zugrundeliegende wirtschaftliche Schwäche gravierender ist, als die Schlagzeilen vermuten lassen.
Sicher. „Dieses Mal könnte alles anders sein“. Aber es lässt sich nicht leugnen, dass es in der Vergangenheit nie wirklich anders war. Es mag also sein, dass die Analysten mit ihren optimistischeren Prognosen einer sanften Landung richtig liegen - aber die Wahrscheinlichkeiten sprechen immer noch für das, was uns die Indikatoren zeigen.
Während der LEI und die inversen Renditekurven darauf hindeuten, dass die "Bedingungen" für eine Rezession gegeben sind, sind die "Sahm Rule" und die Messung der Vollzeitbeschäftigung eher "Beweise" für eine Rezession.
Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass die Fed die Zinsen jetzt so eilig senkt, obwohl die Inflation immer noch deutlich über der Zielmarke liegt.
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