Der gewiefte Hedge Funds Manager und bekannte Finanzhai hat sich bei British Petroleum eingekauft. Die Frage ist, was Paul Singer mit seiner Beteiligung bezweckt und welchen Wert er in dem angeschlagenen britischen Energiekonzern sieht.
Unter allen europäischen Energiekonzernen ist BP (LON:BP) ein besonders schwieriger Fall. Was im Wesentlichen historische Gründe hat. Der Unfall auf Deepwater Horizon im April 2010 war eine tiefgreifende Zäsur für den Energiekonzern, die bis heute nachwirkt. Nicht nur litt das Image des Konzerns erheblich unter den Umweltschäden im Golf von Mexiko, sondern die Kosten für den Unfall belasten die Bilanz bis heute. Geschätzte 780.000 Kubikmeter Öl sollen unkontrolliert aus dem Unterseebohrloch ins Meer gelangt sein, was unter anderem damit zusammenhing, dass mehrere Reparaturversuche fehlschlugen und BP erst nach fünf Monaten das Bohrloch final versiegeln konnte.
Die Kosten der Deepwater Horizon Katastrophe liegen für BP jenseits der Marke von 65 Mrd. US-Dollar. Noch heute beschäftigt der Fall die Gerichte. Per Ende 2023 teilte das Unternehmen mit, dass eine niedrige dreistellige Zahl an Gerichtsverfahren noch offen ist. Die größten Kosten entstanden aber in den ersten Jahren und resultierten neben den Aufräumarbeiten vor allem aus einer Rekordstrafe von 4,5 Mrd. US-Dollar und einem Vergleich mit der US-Regierung sowie fünf Bundesstaaten der 18,7 Mrd. US-Dollar kostete.
Deepwater Horizon war das Waterloo für BP
Bob Dudley war der Mann, der den Skandal für BP aufarbeitete. Dudley löste Tony Hayward im Oktober 2010 ab und führte BP bis Anfang 2020. Eine Zeit, in der BP sich von vielen essenziell wichtigen Assets und Beteiligungen trennen musste, um die Kosten des Unfalls zu begleichen. Sein Nachfolger Bernard Looney versuchte BP in einem toxischen Klima gegenüber fossilen Energiekonzernen in den politischen Mainstream zu integrieren, indem man sich dem Thema der erneuerbaren Energieproduktion zuwandte und insbesondere in den Bereich von Wind- und Solarparks investierte. Das Problem:
Grüne Energieproduktion ist nicht einmal halb so profitabel wie das klassische Öl- und Gasgeschäft. Alle Versuche von Looney, das Geschäft von BP in diese Richtung auszubauen, wurde von der Börse mit Ablehnung quittiert. Die Anleger ließen die Aktie schlicht und einfach links liegen, da insbesondere die großen amerikanischen Konkurrenten wie in der Vergangenheit sehr hohe Margen mit dem klassischen Geschäft verdienten. Was über die Jahre zu einer massiven Unterbewertung der BP Aktie geführt hat.
BP Aktien sind massiv unterbewertet
BP kommt heute auf einen Unternehmenswert von 90 Mrd. US-Dollar. Und das bei einem Jahresumsatz von 195 Mrd. US-Dollar. Bei einem Konkurrenten wie ExxonMobil (NYSE:XOM) ist es umgekehrt. Bei einem Jahresumsatz von 350 Mrd. US-Dollar kommen die Amerikaner auf einen Unternehmenswert von 485 Mrd. US-Dollar. Noch gravierender ist der Vergleich zu ConocoPhillips (NYSE:COP): Hier sind die Anleger bereit, ein Kurs- / Umsatz-Verhältnis von mehr als 2 zu akzeptieren. Warum? Weil ConocoPhillips mehr als BP verdient und dafür weniger als ein Drittel des Umsatzes der Briten benötigt.
Warum engagiert sich dann Elliott Investment Management bei BP? Wenn der Energiekonzern so schlecht aufgestellt ist, was lockt einen der größten Haie der Wall Street nach London? Der Hedge Funds wird von Paul Singer geführt, der sich in den vergangenen 50 Jahren darauf spezialisiert hat, Assets aufzukaufen, die sich in einer Schieflage befinden und billig zu haben sind, um sie dann im Anschluss gezielt zu einer höheren Bewertung zu treiben. Oder anders gesagt:
Paul Singer sieht in BP einen höheren Wert
Singer sieht in BP einen Wert, der wesentlich höher liegt. Elliott Investment Management ist dafür bekannt, dass man nicht nur passiv zusieht, sondern aktiv in die Unternehmensführung eingreift und harte Vorgaben gibt. Man bringt allerdings auch viel Geduld mit. Investmentzeiträume von mehreren Jahren bis hin zu Dekaden sind keine Seltenheit im Portfolio des Hedge Funds. Eine Garantie für einen schnellen Turnaround ist der Einstieg also nicht.
BP bietet aus Sicht von Elliott ein attraktives Investment mit wenig Downside und viel Upside. Denn nicht nur bietet BP sehr viele Möglichkeiten, um wieder profitabler zu werden und deutlich zu wachsen. Sondern gleichzeitig formt sich ein Fenster der Opportunität in Europa. Die politische Wende in vielen europäischen Länder hin zu konservativen Regierungen bringt mit sich, dass klassische Geschäftsmodelle wie Öl und Gas wieder eine höhere Akzeptanz in der Politik finden werden. Und den Energiekonzernen in Europa reicht es schon, um deutlich im Wert zu steigen, wenn nur die zahlreichen und umfassenden Hürden für ihr Geschäft in den kommenden Jahren abgebaut werden.
In Europa formt sich ein Fenster der Opportunität
Der Joker ist Russland. BP hat traditionell sehr gute Verbindungen nach Russland und zum Kreml, was in den letzten Jahren eine Belastung für den Konzern war. Mit der neuen amerikanischen Administration ist jedoch auch an dieser Front eine Veränderung zu erwarten. Bringt US-Präsident Trump den russischen Präsidenten Putin wieder zurück in den Kreis der regulären internationalen Politik, dann kann auch BP zurück in den russischen Markt kehren. Die Aufhebung der europäischen Sanktionen gegen Russland würden einen solchen Vorstoß erleichtern, aber zur Not ginge es auch ohne die EU.
Das ist ein mögliches Szenario für BP, das den Wert des Unternehmens erheblich steigern könnte. Dazu braucht die Börse noch nicht einmal den konkreten Cashflow sehen. Es würde schon reichen, dass BP intern seine Kosten und die Verschuldung in den Griff bekommt und dann noch eine Rückkehr in den russischen Markt angekündigt wird. Bekommt eine solche Story Traktion, dann kann sich der Unternehmenswert innerhalb weniger Jahre problemlos verdoppeln.
Ein Artikel von
Mikey Fritz
Chefredakteur Zürcher Finanzbrief