Es ist eine Wertanlage, die das Anlegerdasein versüßt und davon gab es am Rohstoffmarkt zuletzt nur wenige. Doch für Anleger, die an Rohzucker glaubten, hat sich ihre Investition mehr gelohnt, als fast jeder andere Rohstoff in den vergangenen sechs Monaten.
In New York gehandelter Rohzucker hat sich so gut geschlagen, dass er nur von Palladium abgehängt wurde - der Rohstoff, der in Benzinkatalysatoren verwendet wird und den eine atemberaubende Rallye zum teuersten Metall der Welt gemacht hat.
Zu Handelsende am Dienstag stand der Frontmonats-Kontrakt auf Rohzucker an der Terminbörse ICE Futures US auf 15,35 Cent pro Pfund und ist damit in einem Jahr um 14,4% gestiegen, während Palladiums Frontmonat um 18,4% zulegte und damit trotz seines glänzenden Starts ins Jahr 2020 nur um 4% mehr.
Kopf an Kopf mit Palladium
Im Februar liegt Rohzucker mit Palladium gleichauf, als beide einen Anstieg von etwa 8,5% verzeichnen. Und der Süßstoff ist auch in anderer Hinsicht fast mit dem Edelmetall-Autokatalysator gleichgezogen: monatliche Zuwächse.
Seit August hat Rohzucker jeden Monat eine Rendite für die Anleger erzielt. Wenn das im Februar so bleibt, wäre dies der sechste Gewinnmonat in Folge - die längste Serie seit fast 15 Jahren.
Das letzte Mal, dass Rohzucker derart gut lief war zwischen Mai 2005 und Januar 2006, als er neun Monate in Folge stieg.
Also, was steckt diesmal hinter der Zuckerrallye? Sie hat vor allem mit befürchteten Produktionsrückgängen zu tun, besonders in den Hauptanbauländern Indien und Thailand, sagen Analysten.
Globales Zuckerdefizit
"Zucker-Futures verzeichnen solide Zuwächse, da es danach aussieht, als werde sich das weltweite Produktionsdefizit weiter vertiefen", schrieb Eric Scoles, Rohstoffstratege bei RJO Futures in Chicago, in einem Kommentar am Dienstag. Scoles weiter:
"Dann gibt es noch die neue Stärke beim Rohöl, die auch Zucker hilft, aufgrund seiner Verwendung zur Erzeugung von Ethanol".
Schlechtes Wetter für Zuckerrohr in Indien und Thailand - wo im letzten Jahr die größte bzw. viertgrößte Ernte eingefahren wurde - haben die Preise für den Süßstoff seit dem letzten Jahr ansteigen lassen.
Was die Gewinne in dieser Woche hochtrieb, waren der Aufschwung bei den Ölpreisen, die zuvor von dem Coronavirus gebeutelt worden waren, das den weltweiten Rohölbedarf um geschätzt ein Fünftel sinken ließ.
Ethanol eilt zu Hilfe
Höhere Ölpreise helfen dem Zucker, weil eines der wichtigsten kommerziellen Nebenprodukte der Ernte Ethanol ist - der Biokraftstoff, der mit Benzin oder Erdöl gemischt ist. Ethanol ist sowohl in Brasilien als auch in den Vereinigten Staaten als Zusatzstoff für Kraftstoffe vorgeschrieben.
"Die brasilianischen Verarbeiter bevorzugen weiterhin Ethanol im Produktionsmix, obwohl es derzeit höhere Zuckerpreise wirtschaftlich machen, mehr Zucker anstelle von Ethanol zu erzeugen", sagte Jack Scoville, Analyst bei der Price Futures Group in Chicago.
Er sagte, dass die Angebotsseite von Zucker die Rallye seit August immer unterstützt hat. „Berichte aus Indien zeigen, dass das Land relativ gute Wachstumsbedingungen und immer noch große Lagerbestände aus dem letzten Jahr hat. Allerdings, trotz relativ hoher Weltmarktpreise werden diese Vorräte anscheinend nicht freigegeben“, sagte Scoville. Und weiter:
"Berichte über eine Verbesserung des Wetters in Brasilien deuten gute Ernten an. Die Landwirte haben an die Verarbeiter verkauft, aber die Ernte ist jetzt fast vorbei, so dass das Angebot zurückgehen wird. Thailand wird dieses Jahr auch weniger Zucker haben, da die Anbaufläche reduziert wurde und es während der Monsunzeit auf Niederschläge kein Verlass war."
Wie lange könnte der Höhenflug noch andauern? Der tägliche technische Ausblick von Investing.com empfiehlt Rohzucker als "starken Kauf" und sieht die obere Widerstandslinie bei 15,40 Cent.
Da der Frontmonats-Kontrakt am Markt jedoch bereits am Dienstag gegen 15:30 Uhr eine wichtige Widerstandslinie durchbrach, sei ein "großes Aufwärtspotenzial" von 16 Cent oder sogar 17 Cent wahrscheinlich, so Scoles von RJO Futures.
Kaum Anzeichen auf eine Verlangsamung
"Aus technischer Sicht sehen wir auf dem Monats-Chart ein großes Doppel-Boden-Muster, was ein sehr bullischer Indikator ist", schrieb er.
Während sich die Rallye voraussichtlich fortsetzen wird, könnte es aber durch Gewinnmitnahmen zu einer Verschnaufpause kommen, sagte Scoles:
"Es ist möglich, dass wir an der Unterstützungslinie eine Ablehnung sehen und dass es zu einem starken Rückfall kommt, was ein Risiko für diejenigen darstellt, die möglicherweise schon long in Zucker investiert haben."
"Meiner Analyse nach ist dieser Markt jedoch immer noch sehr bullisch und ein Rückzug könnte eine gute Gelegenheit für diejenigen sein, die in diesem Markt mitspielen möchten. Die Wahl des Zeitpunkts wird entscheidend sein."