Mit dem Shutdown in den USA fallen bis auf Weiteres auch (fast) alle Veröffentlichungen von Konjunkturdaten durch staatliche Stellen aus. Das betraf in der Vorwoche bereits den wichtigen Arbeitsmarktbericht, der eigentlich am Freitag erscheinen sollte.
Die Quartalsberichtssaison – Ihre wichtigste Informationsquelle
Umso genauer werden die Anleger nun die beginnende Quartalssaison verfolgen. Diese beginnt für die S&P 500-Unternehmen am morgigen Dienstag nach Börsenschluss „offiziell“ mit der Vorlage der Zahlen des Rohstoffkonzerns Alcoa.
Im Grunde ist die Konstellation sehr einfach: Die Daten müssen deutlich besser werden, insbesondere hinsichtlich der Prognosen. In den vergangenen Monaten wurden die Erwartungen für das zu Ende gegangene Quartal schrittweise weiter nach unten geschraubt (siehe folgende Grafik).
Quelle: Zacks Investment Research, Inc.
Das war auch für die vorangegangenen Quartale schon so. Damit sanken logischerweise auch die Schätzungen für das Gesamtjahr 2013. Parallel dazu wurden auch bereits die Erwartungen für 2014 nach unten korrigiert.
Positive Überraschungen sind inzwischen wieder möglich
Inzwischen sind die Analystenschätzungen für das dritte Quartal auf einem so niedrigen Niveau, dass man nun fast schon wieder mit positiven Überraschungen rechnen könnte. Zumindest suggeriert das der wichtige ISM-Index, der durch Umfragen unter den US-Unternehmen ermittelt wird. Dieser stieg seit Juni kräftig und stetig an.
Nach Angaben des Institute for Supply Management (ISM), das den Index ermittelt, entspricht der im September erreichte Stand von 56,2 Punkten einem auf das Gesamtjahr hochgerechneten Wirtschaftswachstum von 4,4 %. Berücksichtigt man alle Jahreswerte ab Januar, entspräche dies laut ISM für die ersten drei Quartale immerhin noch einem Wachstum von 3,3 %.
Beides dürfte etwas zu hoch gegriffen sein, aber wenn die optimistischen Töne in den Unternehmensberichten nicht deutlich überwiegen, werden die Aktienmärkte endgültig unter Druck kommen. Denn die Wachstumserwartungen für die Unternehmensgewinne in den kommenden Quartalen und insbesondere für 2014 sind trotz der Abwärtskorrekturen der vergangenen Monate weiterhin ambitioniert (siehe folgende Grafik).
Quelle: Zacks Investment Research, Inc. (ab Q3-2013 Schätzwerte)
Die hohen Erwartungen bestehen immer noch
Das hat zwei Gründe: Zum einen ist insbesondere für das vierte Quartal 2013 die Vergleichsbasis sehr niedrig. (Das vierte Quartal 2012 war das schwächste der vergangenen sechs Quartale.) Durch diesen sogenannten Basiseffekt erscheint der Anstieg von fast 9 % außergewöhnlich groß.
Zum anderen gehen Ökonomen und Analysten bislang davon aus, dass die Konjunktureintrübung durch die „Fiskalklippe“ in den USA zum Jahresanfang nur vorübergehend ist. Seit dem zweiten Quartal wird die Hoffnung gehegt, dass der Aufschwung weitergeht. Diese Hoffnung wurde bisher zwar nicht erfüllt, aber auch noch nicht begraben.
Und so schieben die Investoren den erwarteten Aufschwung Quartal um Quartal hinaus. Nun soll er also im vierten Quartal starten, denn dann – so die Schätzungen der Analysten – sollen die S&P 500-Unternehmen (in absoluten Zahlen) einen neuen Rekordgewinn einfahren. Drei Voraussetzungen, damit die Erwartungen erfüllt werden können
Damit diese Hoffnung nicht erneut enttäuscht wird, sind drei Voraussetzungen nötig: Erstens sollten die Firmen bereits für das dritte Quartal erste Erfolge nachweisen können. Zweitens muss die negative Revisionsspirale durch positive Ausblicke der Unternehmen gestoppt werden. Und drittens müssen diese Ausblicke geradezu vor Optimismus sprühen.
Denn noch wichtiger als „nur“ optimistische Prognosen ist - vor allem für die Aktienmärkte - die Wachstumsrate, die dabei erreicht werden könnte. Die Gesamtprognose für 2014 ist mit aktuell 11,3 % (noch) im zweistelligen Bereich. Werden die Hoffnungen auf einen Anstieg in dieser Größenordnung in der bevorstehenden Quartalssaison diesmal endlich genährt, dann besteht für Aktien bald wieder ein gewisses Aufwärtspotenzial.
Ohne eine solche Verbesserung der Gewinnperspektive wird die Luft für die Märkte wohl dünner. Denn mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von ca.15 sind die US-Aktien inzwischen auf einem Niveau, bei dem ein Gutteil dieses erhofften Gewinnzuwachses bereits eingepreist ist. Das zeigt die folgende Grafik: ein Vergleich der jährlichen Gewinnzuwächse der S&P 500-Unternehmen mit der Kursperformance des S&P 500 des Vorjahres.
Quellen: MarketMaker, Zacks Investment Research, Inc. (Gewinne: ab 2013 Schätzwerte)
Wann ein Rückschlag möglich ist
Es ist gut zu erkennen, dass die Aktienmärkte die Gewinnentwicklung des kommenden Jahres ziemlich gut im Vorjahr vorwegnehmen. Die 2012er Performance des S&P 500 war aufgrund der laufenden Abwärtskorrekturen voraussichtlich zu hoch. Und auch für 2014 ergibt sich nach derzeitigem Stand des S&P 500 bereits eine gewisse Übertreibung.
Diese mag unbedeutend sein, wenn die Erwartungen durch die aktuellen Zahlen bestätigt werden und sich die Konjunkturerholung auch in den kommenden Monaten spürbar fortsetzt. Anderenfalls droht den Märkten ein entsprechend großer Rückschlag. Wobei wir alle wissen, dass auch nach unten Übertreibungen möglich sind (siehe 2008/2009).
Achten Sie also in den nächsten Wochen vor allem auf die Ausblicke der Unternehmen, vor allem von denen, in deren Aktien Sie investiert sind. Dort werden Sie die entscheidenden Hinweise finden, wo sich Investments weiterhin lohnen.
Torsten Ewert
Stockstreet GmbH