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Der Krieg in der Ukraine wirkt sich zunehmend auch auf die Märkte für Agrargüter aus. Die Ukraine hat bereits Exportbeschränkungen erlassen und könnte diese bald weiter verschärfen.
Auch Russland hat reagiert und Exporte bestimmter Agrargüter in die Eurasische Wirtschaftsunion bis Ende August ausgesetzt. Experten fürchten eine aufziehende Nahrungsmittelkrise, die besonders den MENA Raum hart treffen könnte.
Die Ukraine hat vor einigen Tagen Exportlizenzen für verschiedene Agrargüter eingeführt. Wer Weizen, Mais und Sonnenblumenöl exportieren möchte, benötigt fortan eine spezielle Ausfuhrgenehmigung. Das gilt auch für den Export von Geflügel und Eiern.
Die Ukraine ist einer der wichtigsten Produzenten von Getreide und Pflanzenölen. Rund 80 % des Sonnenblumenöls weltweit stammt aus der Ukraine – in vielen deutschen Supermärkten ist das Öl mittlerweile nicht mehr verfügbar.
Exportlizenzen als Einstieg in die Exportbeschränkungen
Wie es mit dem ukrainischen Export nun weitergeht, ist noch unsicher. Die Lizenzregelung folgt auf die Aussetzung des Exports von Roggen, Hafer, Hirse, Buchweizen, Salz, Zuckerfleisch und Vieh. Dieser Export war jedoch vor allem aufgrund der Schließung der Häfen am schwarzen Meer ausgesetzt worden – der Löwenanteil Exporte wird hierüber verschifft.
Die staatliche ukrainische Eisenbahn prüft nun offenbar die Möglichkeit, Agrarexporte über die Schiene zu transportieren. Ein Transport könnte etwa an die Grenze zu Rumänien, Ungarn, Polen und zur Slowakei erfolgen – von wo aus ein Weitertransport zu Häfen und Logistikzentren in weiteren europäischen Ländern möglich wäre.
Russland hat unterdessen angekündigt, den Export von Weizen, Mengkorn, Roggengerste und Mais in die Eurasische Wirtschaftsunion bis zum 31. August 2022 auszusetzen. Mitglieder der Union sind Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und Russland. Grund für die Beschränkung ist nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters das Ziel, die ausreichende Versorgung des Heimatmarktes mit Nahrungsmitteln zu sichern.
Russland und Ukraine sind zentral für Ernährungssicherheit
Russland und die Ukraine stehen für fast 30 % der weltweiten Weizenexporte. Auch bei anderen Getreidesorten wie Gerste und Mais spielen beide Länder eine wesentliche Rolle. Sollte es infolge des Krieges zu einem erheblichen Rückgang der Exporte kommen, fürchten Analysten eine globale Nahrungsmittelkrise.
Diese würde verschiedenen Experten wie zum Beispiel dem Agrarökonom Matin Qaim von der Universität Bonn zufolge vor allem Länder im Mittleren Osten und Nordafrika (MENA Raum) treffen. Diese seien in besonders großen Umfang auf Lebensmittelimporte aus Russland und der Ukraine angewiesen. Kurzfristig könnte die Zahl der hungernden Menschen um über 100 Millionen ansteigen.
Die nächste Ernte war schon vor dem Ausbruch des Krieges bedroht. Grund dafür sind die exorbitanten Preissteigerungen bei Düngemitteln. Zu deren Herstellung wird Energie benötigt, die sich drastisch verteuert hat. Bereits n im vergangenen Herbst hatten viele Händler und Landwirte deshalb sehr viel weniger Dünger gekauft.
Düngemittel wird knapp und teuer
Russland ist einer der wichtigsten Exporteure von Düngemitteln und dafür benötigten Vorprodukten wie Ammoniak und Harnstoff. 20 % des weltweiten Ammoniaks und 14 % des Harnstoffes werden in Russland hergestellt. Außerdem entfallen auf Russland 21 % der weltweiten Kalisalzförderung. Nicht zuletzt ist Russland ein wichtiger Exporteur von Erdgas, das zur Düngerherstellung mit dem Haber Bosch Verfahren ebenfalls benötigt wird.
In der vergangenen Woche hatte eine Empfehlung des russischen Handelsministeriums für Aufsehen gesorgt. Dieses hatte heimischen Düngemittelherstellern empfohlen, Exporte auszusetzen. Grund dafür waren allerdings keine Sanktionsbestrebungen gegen den Westen, sondern logistische Probleme - auch infolge der westlichen Sanktionen. Es gibt kein Exportverbot, sondern lediglich eine Empfehlung.
Preise für Nahrungsmittel steigen bereits
Die Ukraine und Russland spielen für die Nahrungsmittelversorgung unzweifelhaft eine wichtige Rolle. Kommt es hier zu verstärken Ausfällen von Exporten, könnten die Nahrungsmittelpreise noch stärker steigen als bislang schon.
Die Welternährungsorganisation hatte Anfang März mitgeteilt, dass die weltweiten Nahrungsmittelpreise im Februar um 20,7 % höher lagen als ein Jahr zuvor. Als Ursache nannte die Behörde vor allem Preissteigerungen bei Pflanzenölen und Milchprodukten.
Wie kraftvoll die Dynamik ist, zeigt ein Blick auf den Weizenpreis. Dieser ist allein seit dem russischen Einmarsch um mehr als ein Drittel auf über 400 EUR/Tonne gestiegen.