Die Börsen sind bekannt für ihre zyklische Natur, in der Perioden der Flaute von Phasen starken Wachstums abgelöst werden. In dieser sich ständig verändernden Dynamik hat der Marktanalyst Ed Yardeni kürzlich eine bemerkenswerte Prognose gewagt. Er geht davon aus, dass der S&P 500 in 2024 einen neuen Höchststand von 5.400 Punkten erreichen könnte.
"Ed Yardeni prognostiziert, dass der S&P 500 innerhalb der nächsten 18 Monate auf ein Rekordhoch von 5.400 klettern könnte. Nach Ansicht von Yardeni, dem Leiter von Yardeni Research, wird die aktuelle Aufwärtsbewegung, die am 12. Oktober 2022 begann, mindestens bis Ende 2024 anhalten. Er ist überzeugt, dass der US-Leitindex in dieser Zeitspanne erheblich zulegen wird, und schätzt den potenziellen Anstieg auf 6,5 % bis 19,9 % im Vergleich zum aktuellen Niveau."
Das mag angesichts des wirtschaftlichen und fundamentalen Szenarios abwegig erscheinen, allerdings unterstützt die Marktzyklus-Betrachtung seine Behauptung. Der folgende Chart zeigt die jährliche Veränderungsrate für den S&P 500 Index. Die Zyklen sind, wie erwähnt, ziemlich ausgeprägt. Der Tiefpunkt des Marktzyklus im Oktober ist jedoch offensichtlich. Das bietet Raum für einen weiteren Anstieg im aktuellen Marktzyklus.
Es überrascht nicht, dass die Unternehmenszahlen, die sich letztlich im Marktpreis widerspiegeln, ebenso zyklisch sind wie die Stärke und Schwäche der Wirtschaft. Der Zusammenhang wird besonders deutlich, wenn wir die jährliche Rate der Gewinnveränderung über die obige Grafik legen. Hieraus lässt sich ablesen, dass die Marktteilnehmer bereits im ersten Quartal 2022 auf die Talsohle des Gewinnzyklus gesetzt hatten und für 2024 eine Verbesserung erwarten. Das unterstützt Yardenis Behauptung, dass die Asset-Preise in den nächsten 12 bis 18 Monaten weiter steigen werden.
Da die Erträge jedoch von der Entwicklung des Konsums abhängig sind, muss die Konjunktur anspringen, damit ein solcher Anstieg überhaupt möglich ist.
Eine Konjunkturerholung ist möglich
Genauso wie die Märkte verläuft auch die die Konjunktur in Zyklen. Egal, ob man den Leading Economic Index (LEI) oder die ISM-Daten (Institute of Supply Management) betrachtet, die aktuellen Wirtschaftsdaten sind alles andere als gut. Genau wie der Marktzyklus wird auch eine lange Phase nachlassender Wirtschaftsaktivität irgendwann ihren Tiefpunkt erreichen und wieder nach oben drehen.
Man erkennt die Wirtschaftszyklen deutlich am Economic Composite Index, der sich aus 100 harten und weichen Indikatoren zusammensetzt. Wir haben den Composite-Index mit der 6-monatigen Veränderungsrate des LEI-Index kombiniert, der sich durch eine sehr hohe Korrelation mit wirtschaftlichen Expansionen und Kontraktionen auszeichnet.
Diese wirtschaftlichen Messgrößen befinden sich auf einem Niveau, das - abgesehen von Finanzkrisen oder wirtschaftlichen Stillständen - den Tiefpunkt früherer wirtschaftlicher Abschwünge markiert. Dort kann man erkennen, dass wir in den kommenden Monaten eine gewisse Verbesserung der Wirtschaftstätigkeit erleben sollten. Wenn das so eintrifft, sollten wir auch eine Verbesserung des Ertragszyklus erwarten.
Es gibt zwar Gründe, einem Aufschwung im aktuellen Konjunktur- und Marktzyklus misstrauisch gegenüberzustehen, aber die historischen Entwicklungen lassen sich nicht ohne weiteres ignorieren. Ja, die US-Notenbank hat die Zinsen aggressiv angehoben, was die Wirtschaftstätigkeit belastet, da es den Konsum der Haushalte reduziert. Wie wir jedoch kürzlich in unserem Artikel zum Thema Steuereinnahmen als Frühindikator für eine Rezession festgestellt haben, erhöht die Regierung weiterhin die Ausgaben, um das Wirtschaftswachstum zu unterstützen.
Während ich zwar davon ausgehe, dass sich sowohl der Konjunktur- als auch der Marktzyklus weiter verbessern könnten, stehe ich der optimistischeren Einschätzung von Ed Yardeni doch etwas kritischer gegenüber. Die Erholung der Wirtschaft und der Erträge in den nächsten 12 bis 18 Monaten wird sicherlich von einigem Gegenwind begleitet.
Wie bereits erwähnt, werden die Folgen höherer Zinssätze, strengerer Kreditvergabestandards der Banken und einer sinkenden Inflation Eds Argumentation in Frage stellen. Das wird Enttäuschungen mit sich bringen, wenn sich die optimistischeren Prognosen mit den wirtschaftlichen Realitäten arrangieren müssen.
Auch wenn die aktuellen Konjunktur- und Marktzyklen auf einen Aufschwung in den kommenden Monaten hindeuten, schließt das eine Korrektur nicht aus.
Eine Korrektur ist wahrscheinlich
"Trotz seines optimistischen Ausblicks zeigt sich Yardeni besorgt über eine mögliche Marktkorrektur in naher Zukunft. Er befürchtet, dass die starke Rallye in diesem Jahr zu einem überhitzten Markt führen könnte, was wiederum einen Abschwung bewirken könnte. Yardeni betont, wie wichtig ein stabiler und kontrollierter Bullenmarkt ist, da nach übermäßigen Kursgewinnen oft ein starker Einbruch folgt."
Das ist eine Wichtige und zutreffende Aussage. In einem bullischen Marktzyklus, wie wir ihn derzeit erleben, glauben die Anleger, dass der Markt nur noch steigen kann. Wir haben jedoch in letzter Zeit wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Korrektur von 3-5 % in jedem Jahr normal ist, selbst in von starkem Optimismus angetriebenen Märkten.
Man konnte sehen, dass der Markt, wenn er übermäßig über den gleitenden 50-Tage-Durchschnitt abweicht, dazu neigt, regelmäßig unter diesen gleitenden Durchschnitt zurückzufallen. Diese Korrektur könnte bereits in der vergangenen Woche begonnen haben.
Bei derartigen Korrekturen handelt es sich lediglich um eine Bereinigung von kurzfristigen Übertreibungen, die auf spekulative Marktaktivitäten zurückzuführen sind. Deshalb geben wir als Portfoliomanager in sehr kurzfristigen Zeiträumen der technischen Analyse mehr Gewicht als der Fundamentalanalyse. Eine dieser Analysen findet sich in unserer "Technical Overbought/Sold"-Analyse, die mehrere Preisindikatoren (RSI, Williams %R usw.) umfasst und anhand wöchentlicher Schlusskurse gemessen wird.
Werte über "80" gelten als überkauft, Werte unter "20" als überverkauft. Da es sich um wöchentliche Daten handelt, bewegen sich die Werte langsam und entsprechen den kurzfristigen Höchst- und Tiefstständen der Märkte. Es überrascht nicht, dass wir nach dem Überschreiten der 90er-Marke eine Marktkorrektur erlebt haben.
Der derzeitige überkaufte Zustand des Marktes steht historisch gesehen im Einklang mit kurzfristigen Marktkorrekturen. Die Marktrisiken werden deutlicher, wenn man die technischen Daten mit den Stimmungswerten kombiniert.
Die "Fear/Greed"-Analyse misst anhand der Aktienquote, wie sich Privatanleger und professionelle Investoren auf dem Markt "positionieren". Je höher die Aktienquote ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Markt einer Korrektur entgegengeht. Der Indikator setzt sich ebenfalls aus wöchentlichen Schlusskursen zusammen.
Fazit
Sowohl die Technik als auch die Stimmung zeigen, dass die kurzfristigen Marktrisiken erhöht sind. Es ist daher ratsam, die aktuelle Spekulationswut zu nutzen, um die Portfoliorisiken entsprechend neu zu gewichten.
- Legen Sie für jede Position stringentere Stop-Loss-Niveaus entlang der aktuellen Unterstützungsniveaus an.
- Sichern Sie Ihre Portfolios gegen größere Markteinbrüche ab.
- Nehmen Sie Gewinne aus Positionen mit, die zu den großen Gewinnern gehören.
- Verkaufen Sie Verlustbringer.
- Erhöhen Sie die Cash-Bestände und passen Sie die Portfolios an Ihre Zielgewichtungen an.
Zwar dürften die aktuellen Konjunktur- und Marktzyklen wieder bullisher werden, doch hat der Markt diese Verbesserung bereits "eingepreist". Das birgt für die Anleger das Risiko einer möglichen Enttäuschung. Neugewichtungen der Portfoliorisiken ermöglichen es, von Korrekturen während sich verbessernder Marktzyklen zu profitieren.
Sollte meine Einschätzung falsch sein und die anschließende Korrektur eine Wiederaufnahme des Bärenmarktes bedeuten, werden die Portfolios durch eine vorzeitige Reduzierung der Allokation auch gegen dieses Risiko abgesichert.