Der jüngste Halbjahresbericht des weltweit agierenden Baukonzerns aus Österreich konnte überzeugen. Umsatzerlöse und EBIT haben sich positiv entwickelt und die Ergebnisprognose für das Gesamtjahr wurde damit einhergehend angepasst. Auch für die nächsten beiden Jahre prognostiziert die Konzernführung weiteres Wachstum. Doch bevor die Aktie weitere Höhen erklimmt, könnte es nochmal zu einem deutlichen Rücksetzer kommen.
Die Ertragsentwicklung von Strabag (VIE:STRV) (ISIN: AT000000STR1) war in den letzten 10 Jahren insgesamt von Wachstum geprägt. Seit 2020 unterliegt die Entwicklung jedoch deutlichen Schwankungen, bedingt durch die makroökonomischen Rahmenbedingungen. Strabag scheint die Lage jedoch im Griff zu haben, wie die Zahlen für das jüngste Quartal zeigen. Der Auftragsbestand überstieg im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres erstmals das Niveau von 24 Mrd. EUR und das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) konnte um satte 37% zulegen, bei einem Anstieg der Konzernumsätze von 6%. In Folge wurde die Umsatzprognose für das Gesamtjahr von 17,9 Mrd. EUR auf 18,6 Mrd. EUR angehoben. Bei der EBIT-Marge - dem Verhältnis von EBIT zu Umsatz – werden weiterhin mindestens 4% erwartet.
Ein Ereignis dem Anleger im Zusammenhang mit Bewertung und Kursentwicklung unbedingt Aufmerksamkeit schenken sollten, ist die Kapitalerhöhung im Verhältnis 4 zu 1, welche Mitte Juni 2023 im Rahmen der Hauptversammlung beschlossen wurde. Zweck der Maßnahme ist die Verwässerung der Anteile der russischen Großaktionärin Rasperia Trading Limited, mit dem Ziel potentiellen Schaden von Strabag abzuwenden. Der Inhaber des Unternehmens, Oleg Deripaska, wurde von der EU auf eine Sanktionsliste gesetzt. Insgesamt werden durch die Maßnahme bis zu 17,8 Mio. neuer Aktien geschaffen. Am Markt wurde die Maßnahme bereits kurz nach der Hauptversammlung mit einem entsprechenden Abschlag eingepreist.
Bewertung auf Basis des EBIT
Auf Basis der zu Grunde gelegten Umsatzprognose des Konzerns von 18,6 Mrd. EUR ergibt sich bei einer erwarteten EBIT-Marge von 4% ein EBIT von 744 Mio. EUR. Wir legen diesen Wert auf 120,43 Mio. Aktien um. Dies entspricht der Anzahl alter Aktien plus der maximal möglichen Anzahl neuer Aktien aus der Kapitalerhöhung. Daraus ergibt sich ein EBIT je Aktie von 6,18 EUR.
Die EBIT-Multiples von Strabag wiesen bis 2018 eine starke Kontinuität auf, anschließend begann ein sukzessiver Rückgang. Der Tiefpunkt fand sich in 2020 beim 2,7-fachen des EBIT. Aktuell scheint das EBIT wieder zu den alten Niveaus zurück zu finden. Bei einem prognostizierten EBIT von 6,18 EUR je Aktie für 2023 läge der bisher realisierte EBIT-Multiple für 2023 bei 6,59 auf der Oberseite und 4,96 auf der Unterseite. Bei dieser Betrachtung wurden die Kurse vor Ankündigung der Kapitalmaßnahme mit einem Faktor von 1,17 bereinigt. Der Quotient entspricht der maximalen neuen Anzahl der Aktien in Relation zur bisherigen Anzahl der Aktien.
Für unsere konservative Bewertung legen wir die EBIT-Multiples der letzten 10 Jahre – auf bereinigter Basis - zu Grunde. Damit kommen wir auf der Oberseite zu einem durchschnittlichen maximalen EBIT-Multiple von 7,3 und auf der Unterseite zu einem durchschnittlichen minimalen EBIT-Multiple von rund 5. Daraus ergibt sich ein Einstiegskurs von 32 EUR und ein Kursziel von 45 EUR.
Charttechnik
Wir sind der Auffassung, dass der Kursverlauf vor dem 16.6. aufgrund der Kapitalmaßnahme bereinigt werden muss, da die Maßnahme bereits kurz nach der Hauptversammlung mit einem entsprechenden Abschlag eingepreist wurde. Die im abgebildeten Chartbild dargestellte Widerstandzone im Bereich von ehemals 41 EUR würde sich demnach für Kurse vor dem 16.6. (Beschlussfassung) bei einem Bereinigungsfaktor von 1,17 in den Bereich von ca. 36 EUR verschieben. Dort befände sich dann aktuell auch die Kante des intakten Aufwärtstrends, der seit März 2020 besteht. Ein Unterschreiten dieses Niveaus wäre ein Indiz für einen erneuten Rückgang in den Bereich von 30 bis 32 EUR, wo sich das nächste markante Unterstützungsniveau und unser Einstiegskurs befindet.
Fazit
Ungeachtet der Wachstumsprognosen des Konzerns für die nächsten Jahre, notiert die Aktie auf dem aktuell prognostizierten Ertragsniveau sehr nah an ihrem fairen Wert. Da die Aktie im Laufe des Jahres bereits recht weit gelaufen war und sich aktuell in einer Konsolidierung befindet, erachten wir einen erneuten Rückgang in den Bereich von 30 bis 32 EUR als nicht unwahrscheinlich, bevor der Aktienkurs wieder anzieht. Für einen sicheren Einstieg ist es daher empfehlenswert, die charttechnische Entwicklung weiterhin zu beobachten und tiefere Preisniveaus für den Einstieg zu nutzen. Wir stufen die Aktie von Strabag ein als Halteposition.
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