Mario “whatever it takes” Draghi scheint offenbar nicht ohne Big Bang in den Ruhestand gehen zu wollen.
Während er die Anleger enttäuschte, die von der Europäischen Zentralbank erwarteten, dass sie auf ihrer Sitzung in dieser Woche Maßnahmen zur Lockerung der Geldpolitik ergreifen, machte der scheidende Präsident Draghi deutlich, dass die EZB ein Maßnahmenpaket vorbereitet, das im September angekündigt werden soll.
Die Konjunkturaussichten verschlechtern sich, die Inflation unter dem Ziel der EZB ist inakzeptabel, und die Zentralbank ist bereit, ihr gesamtes Instrumentarium zu nutzen. Mario Draghi scheint zu allem bereit, um die Eurozone zu unterstützen.
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Zu den Maßnahmen, die auf dem Tisch liegen, gehören eine weitere Senkung des Einlagensatzes von derzeit -0,4%, ein gestaffelter Zinssatz und ein Neubeginn des Asset Purchase Programs der Bank.
Die Enttäuschung darüber, dass keine Maßnahmen ergriffen wurden, und das Versprechen, dass die EZB sehr bald handeln wird, sorgten dafür, dass der Euro zunächst nach oben ging und die europäischen Aktien nach unten, aber am Ende schloss die Gemeinschaftswährung kaum verändert und die Aktien mit gemischten Vorzeichen.
Die einzige konkrete Maßnahme am Donnerstag war die Änderung der Forward Guidance. Die Zinsen sollen noch "bis mindestens Mitte 2020 auf dem derzeitigen Niveau oder einem niedrigeren Niveau" bleiben. In die Pressemitteilung aufgenommen wurde außerdem der Passus, dass die Geldpolitik "für einen längeren Zeitraum" akkommodierend sein muss.
Draghis Schwanengesang
Der 71-jährige Draghi bestätigte jedoch, dass er zumindest in den Teilruhestand geht und nicht zur Verfügung steht, den stressigen Posten als Chef des Internationalen Währungsfonds von Christine Lagarde, die im November die EZB leiten wird, zu übernehmen.
Deutsche Medien hatten berichtet, dass Frankreich massiv für Draghi als den nächsten IWF-Chef wirbt, was jedoch eine Erhöhung der Altersgrenze für IWF-Direktoren von 65 Jahren erfordern würde. Kristalina Georgieva aus Bulgarien steht vor einem ähnlichen Hindernis, aber beide Kandidaten werden von den Südeuropäern gegenüber Jeroen Dijsselbloem, dem ehemaligen niederländischen Finanzminister, der derzeit die besten Aussichten auf den Posten hat, bevorzugt.
Draghi hat noch zwei weitere geldpolitische Sitzungen - am 12. September und 10. Oktober - vor sich, bevor er zurücktritt, und die Marktteilnehmer erwarten nun, dass er im nächsten Monat ein großes Lockerungspaket ankündigt.
Noch immer Widerstand gegen Lockerung
Draghi deutete an, dass es im EZB-Rat noch immer Widerstand gegen eine Lockerung der Geldpolitik gebe. Es wird erwartet, dass die Ausschüsse des Eurosystems die Modalitäten der Lockerung bis zur nächsten Sitzung festlegen, während die eingehenden Wirtschaftsdaten auch die Argumente für eine lockere Geldpolitik stärken sollten.
Der scheidende Präsident betonte, dass eine Inflation, die konstant unter dem 2%-Ziel der EZB liegt, inakzeptabel ist, und die Zentralbank muss möglicherweise ihr Targeting so ändern, dass 2% keine Obergrenze für die Inflation, sondern einen längerfristigen Durchschnitt darstellt, so dass auch ein Überschießen keine unmittelbare Straffung der Geldpolitik erfordert.
Auswirkungen auf die Fed
Die Analysten waren sich über die Auswirkungen der Untätigkeit der EZB gegenüber der Sitzung der Fed nächste Woche unsicher. Im Allgemeinen schienen sie zu denken, dass das Fehlen von Maßnahmen nun in Frage stellte, ob die Fed aggressiv handeln würde, während die Zusage, bald zu handeln, den Druck auf die Fed tatsächlich auch verringern könnte.
Die sicherste Wette ist natürlich, dass das, was die EZB tut, für die Entscheidungsträger der Fed, die sich auf die Dynamik der Binnenwirtschaft konzentrieren, keinen Einfluss haben wird.
Auf jeden Fall dürfte der Markt nun damit beginnen, eine breit angelegte Lockerung der Geldpolitik einzupreisen und nicht erst, wenn diese im September bekanntgegeben werden, da die EZB die Zusage gegeben hat, zu handeln. Sollten die Währungshüter nun einen Rückzieher machen, dann würde das sicherlich eine schwerwiegende negative Marktreaktion hervorrufen.
Der Rat hat auch angekündigt, dass er keine Einwände dagegen hat, dass Lagarde die nächste EZB-Präsidentin wird, da sie die gesetzliche Anforderung erfüllt, eine Person mit anerkanntem Ansehen und Berufserfahrung in Währungs- oder Bankfragen zu sein.