Bereits im gestrigen Nachmittagshandel fiel auf, dass die positive Reaktion auf die höher als prognostiziert ausgefallenen US-Arbeitslosenzahlen sehr selektiv ausfiel. Während die „Titans“ insbesondere aus der Techbranche gesucht waren – was optisch dem MSCI World (ETR:X010) und dem S&P 500 half – driftete die Mehrzahl der Aktien ab. Wir entschieden, Small Cap ETFs zu Gunsten Kasse zu veräußern. Zudem bezogen wir eine Startposition in Gold-Produzenten. Diese hatten wir Anfang Februar verkauft, mittlerweile erscheinen deren Kurse in Relation zu Kassagold attraktiv. Während der zweiten Handelshälfte kam ungeheurer Verkaufsdruck auf den Sektor der kleinen und mittelgroßen US-Banken auf, der sich lawinenartig auf den Gesamtmarkt ausbreitete. Auslöser war, dass die US-Bank SVB ankündigte, eine Kapitalerhöhung durchzuführen. Sie benötigt die Eigenmittel, um 1,8 Mrd USD Verlust aus den Verkäufen ihres 21 Mrd USD großen Bondportfolios auszugleichen. Diese Verkäufe waren notwendig geworden, weil es zu massiven Cash-Verbrennungen bei ihren Kunden gekommen ist: die Silicon Valley Bank gilt als Finanzierer von Start-Up Unternehmen der Tech-Welt. Anscheinend befürchtet sie nun ansteigende Kreditausfälle. Zudem trocknet das Geschäft der Bank aus: Venture Capital Deals und IPOs sind massiv eingebrochen. Wenngleich das bewusst Risiko behaftete Geschäftsmodell dieser Bank nicht auf die Bankenlandschaft übertragbar ist, so gab es gestern doch heftige Verwerfungen bis hin zu den Giganten der US-Banken. Ein Marktbeobachter führt das darauf zurück, wie eng alles miteinander verknüpft ist und dass sich hier zeige, dass tiefe Risse und Abgründe lauerten. Eine Folge dieser Entwicklung wird sein, dass sich die Finanzierung für neue Unternehmen und schwächere Schuldner jetzt noch weiter verteuern dürfte – das könnte Small Caps weiter belasten. Im Gleichlauf mit den Geschehnissen verstärkte sich der Abgabedruck rund um die Kryptowährungen und damit verflochtene Unternehmen.
Heute früh weisen die US-Futures weiter nach unten. Zum Handelsstart war der S&P 500 aber auf unser antizyklisches Kaufziel gesunken, so dass wir taktisch unsere 7,25% Short-Position verkauft haben. Damit beträgt der Netto-Investitionsgrad aktuell 78%. Uns ist bewusst, dass ein schockierend guter Arbeitsmarktbericht heute Nachmittag – erwartet werden 225T neue Stellen – den US-Markt in eine Krise stürzen kann. Aber erstens fielen die „Vorboten“ gestern und vorgestern tendenziell moderat aus und zweitens dürfte das gestrige Geschehen der FED nicht gleichgültig sein – ein Bankencrash führt zum Systemcrash. Niemand zwingt die US-Notenbank, mit Vollgas weiter zu fahren. Zudem dürften überraschend niedrige Stellenzuwächse eine Gegenrallye auslösen. Das Chance-Risiko Verhältnis ist daher auf dem aktuellen Niveau verlockend.
Profiteure der Entwicklung waren die sicheren Häfen Gold und Staatsanleihen. Die Rendite der 10y-US Treasuries rutschte von 3,99% auf aktuell 3,82%. Festland-China und Japan gaben ca. 1,5% ab, der Hang Seng büßte 3%, der Tech Subindex 4% ein. Der STXE 600 startete mit knapp -2%, aktuell -1,4%. Der STXE 50 ist dank seiner defensiven Sektoren „nur“ -1%. Unter besonderem Druck Bankwerte, momentan -4%. Ungefähr 1,25% unter dem aktuellen Stand des STXE 600 haben wir ein antizyklisches Kaufsignal liegen. Es ist also möglich, dass wir heute Nachmittag hier taktisch aufstocken – jedoch behutsam, denn der systematisch ermittelte APX steht an der Schwelle zur Vollbremsung.
Der APX gewinnt 2 Punkte wegen der Beruhigung der Renditen am US-Anleihemarkt und verliert 2 wegen des Kursanstiegs des Risk off – Indikators Gold. Der Sprung der US-Vola kostet einen Punkt. Logisch und bemerkenswert, aber nicht Punkte relevant: der Anstieg der Creditspreads. EM-Aktien kosten einen Punkt, der S&P 500 Absacker sechs Punkte. Der DAX steuert -2 zum Ergebnis bei, der STXE 600 -4. Der aktuelle Punktestand (-5) empfiehlt uns gerade noch die Aufrechterhaltung einer 75% Netto-Quote.