Die europäischen Börsen sind am Mittwoch verhalten in den Handel gestartet. Der Markt wartet auf die neuen Inflationsdaten aus den USA. Gleichzeitig richtet sich der Blick auf die anstehende Zinsentscheidung der EZB am Donnerstag. Die erste TV-Debatte zwischen den US-Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump ging laut jüngsten Umfragen zugunsten von Harris aus, dürfte für sie aber nur ein Etappensieg sein. Erst kürzlich hatte Trump in einer einzelne Wahlumfrage Harris in der Wählergunst überholt.
Betrachtet man die gestrigen Bewegungen in Europa, so scheint sich die Börse auf eine Rezession vorzubereiten. Die Bewegungen auf Indexebene waren nicht panikartig, aber auf Sektorebene wurde dies deutlich: Energiewerte (NYSE:XLE) entwickelten sich schwach, da der Ölpreis um vier Prozent fiel. Automobilhersteller verzeichneten starke Verluste, nachdem BMW (ETR:BMWG) seine Margenschätzungen gesenkt hatte. Banken gerieten unter Druck, nachdem einige US-Banken ihre Prognosen nach unten revidiert hatten. Defensive Sektoren, die gerne als Ersatz für Anleihen gesehen werden, wie Telefongesellschaften und Versorger (NYSE:XLU), gaben nur geringfügig nach, verloren aber im Vergleich zu Staatsanleihen, die im Tagesverlauf fester tendierten, an Schwung. Insbesondere bei defensiven Werten scheint die Messlatte für eine weitere Rallye recht hoch zu liegen. Bei einem Ausverkauf würden sie unter der Entwicklung des Gesamtmarktes leiden - auch wenn sie relativ gesehen immer noch besser abschneiden würden. Andererseits bekämen sie sofort Gegenwind, wenn sich das Narrativ wieder in Richtung Inflation verschieben würde.
Der europäische Rentenmarkt folgt eindeutig dem globalen disinflationären Trend. Die Inflationserwartungen, die in den Zinsdifferenzen zwischen zehnjährigen normalen und inflationsindexierten Bundesanleihen impliziert sind, sind auf das Niveau vor der Corona-Krise gefallen. Gleiches gilt für Swaps, mit denen die Inflation in fünf Jahren abgesichert wird. Letztere werden unter anderem von der EZB als Indikator für die Inflationserwartungen beobachtet. Liegen sie bei zwei Prozent, ist die Zentralbank zuversichtlicher, dass die Inflation stabil niedrig bleibt.
In den USA setzte sich am Dienstag die Erholung fort. Mit Blick auf die heute anstehenden Verbraucherpreise herrscht Zuversicht, dass diese keine negativen Überraschungen bringen werden. Eine Zinssenkung der Fed am 18. September gilt ohnehin als ausgemacht, nur das Ausmaß ist noch unklar. Dass auch Technologiewerte den Markt beflügeln können, zeigte Oracle (NYSE:ORCL). Der Anbieter von Cloud-Software hatte mit seinen Quartalszahlen die Markterwartungen übertroffen. Vor allem die Auftragslage sei sehr gut und man habe eine Partnerschaft mit Amazon (NASDAQ:AMZN) Web Services geschlossen. Die Aktie legte gestern mehr als elf Prozent zu. Nach den KI-Lieblingen scheinen nun die „Dienstleister“ auf dem Vormarsch zu sein, mit denen Unternehmen KI „auf die Straße“ bringen sollen.
Dass Apple (NASDAQ:AAPL) in Irland nun doch 13 Milliarden Euro Steuern nachzahlen muss, belastete den Kurs kaum. Schwach zeigten sich dagegen die Finanzwerte. Goldman-Chef und Hobby-DJ David Solomon warnte vor einem Rückgang der Handelserträge im dritten Quartal. Der COO von JP Morgan bezeichnete die Erwartungen der Branche für den Zinsüberschuss als überzogen.
Negative Vorzeichen prägen den Börsenhandel im asiatisch-pazifischen Raum. Das TV-Duell zwischen den US-Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump sorgte für Verunsicherung. Trump wiederholte in der Debatte seine Pläne, im Falle seiner Wahl die Zölle auf chinesische Produkte zu erhöhen. Das US-Repräsentantenhaus hatte zudem am Montag einen Gesetzentwurf verabschiedet, der chinesischen Biotech-Unternehmen den Zugang zum US-Markt und zu Daten erschweren soll. Die Zustimmung des US-Senats steht noch aus.