Die Kursrallye der letzten beiden Handelstage brachte die Börsenkräfte in ein stabileres Gleichgewicht. Wie vor einigen Tagen hier erläutert, entstand die Spitze der globalen Kursverwerfungen durch heftigste Anpassung der Risikobudgets von Fondsmanagern und Vermögensverwaltern. Das war die Phase, in der alles fiel. Risk on und Risk off: Aktien, Gold und US-Staatsanleihen (NASDAQ:TLT). Alles wurde zu Geld gemacht, gesucht war nur die sicherste aller Anlagen: King Cash! Als aber die Notenbanken ein robustes Korsett einzogen, hörten diese Stressverkäufe auf. Diese wichtige Anlegergruppe hat ihr Risiko inzwischen massiv reduziert, ist technisch damit „sauber“. In den letzten beiden Tagen kamen nun die Gegenspieler unter Druck: eine Statistik von Goldman Sachs (NYSE:GS) zeigt, dass die Unternehmen, auf denen die meisten Short-Positionen lagen (also Aktien, bei denen besonders ausgeprägt weiter fallende Kurse erwartet wurden), in dieser Woche die mit weitem Abstand beste Wertentwicklung aufwiesen. Dagegen enttäuschten die bislang stabilen defensiven Sektoren auf ganzer Linie. Das liegt daran, dass die Long-Short Manager ihre Positionen abbauten: sie verkauften ihre Long-Positionen (z.B. Telekommunikation (NYSE:XTL)) und deckten ihre Short-Positionen (z.B. Touristikunternehmen) durch Käufe ein. Damit hat diese Gruppe ihr Bruttoengagement (Summe der Long- und Short-Positionen) nun deutlich zurück gefahren, sich also ebenfalls entstresst. Durch den Kursanstieg der letzten Tage haben sich zudem die Risikobudgets der allermeisten Anlegergruppen (z.B. Private) wieder etwas gefüllt, was diese Gruppe von weiteren Verkäufen abhalten sollte, solange keine neue Tiefs angesteuert werden. In der Summe bedeutet dies, dass ganz aggressive neue Verkaufswellen im Moment unwahrscheinlich sind. Die Ist-Zahlen aus der Wirtschaft sind viel schlechter als von den Ökonomen geschätzt – wobei ich mich ohnehin wundere, wie diese weiterhin vergleichsweise rosaroten Prognosen überhaupt zustande kommen. Nein, Fakt ist, die Weltökonomie steht fast still. Und das wird auch noch einige Wochen so bleiben müssen. Die Volatilitäten und Creditspreads ziehen heute wieder an, auch der Nikkei gibt seine gestern gewonnenen Pluspunkte im apano-Stimmungsindex wieder ab. Die Erholung ist fürs Erste also stecken geblieben. Aber die Hoffnung dass wir uns in einer Bodenbildung der Märkte befinden – und nicht nur einen Zwischenstopp vorm nächsten Tief einlegen - ist wegen der oben beschriebenen recht entspannten Markttechnik berechtigt.