Nach stabilen US-Futures setzte gestern unmittelbar nach Eröffnung des US-Kassahandels Abgabedruck im Nasdaq 100 ein, der den Technologieindex fast aus dem Stand mehr als 1% kostete. An der Spitze der Abwärtsbewegung standen die Halbleiterwerte: der Semiconductor ETF von Vaneck verlor vom Tageshoch 2%. Broadcom (NASDAQ:AVGO), Advanced Micro Devices und Applied Materials (NASDAQ:AMAT) gaben je mehr als 3% nach. Die Tech-Investoren schauen mit Unbehagen auf den Mittwochabend, wo nach US-Börsenschluss Nvidia (NASDAQ:NVDA) fantastische Zahlen vorlegen wird. Aber was wird der Markt daraus machen? Werden die Erwartungen übererfüllt und die KI-Fantasie aufrecht erhalten? Eine unmittelbare Kursreaktion von 10% ist absolut realistisch. Nur weiß niemand, in welche Richtung. Deshalb bauen etliche Anleger ein paar Positionen ab. Teilweise wird wohl auch umgeschichtet: bereits am Freitag hat eine Rotationsbewegung in andere Marktsegmente stattgefunden, das hat sich gestern fortgesetzt. Low Vola – Titel, Real Estate, Financials und Energiewerte (NYSE:XLE) waren gefragt, so dass sich trotz der überwiegend schwachen Techwerte der S&P 500 einigermaßen stabil verhielt. Dazu ein statistischer Wert: Mehr als die Hälfte der S&P-500 Titel legten im Handelsverlauf zu. Dem mehr Konjunktur zyklischen Dow Jones gelang gestern sogar die Eroberung eines neuen Allzeithochs. Heute früh tänzeln die Nasdaq- und S&P- Futures um die Nulllinie. Ein wenig abgebremst wurden die US-Börsen (ETR:SXR4) durch den leichten Wiederanstieg der Renditen. Mit dem Report von Nvidia wird die erwirtschaftete Leistung der „Glorreichen 7“ in Q2 abgerundet. Analysten schätzen laut Bloomberg, dass deren Gewinnanstieg ggü. Q2 2023 bei +34% lag. Für die anderen 493 Firmen des S&P wird +6% veranschlagt. Jedoch erwarten viele Beobachter, dass sich dies u.a. wegen der Basiseffekte nun tendenziell verschiebt. In den zurückliegenden vier Quartalen lag der Zuwachs der M7 im Schnitt bei über +40%, während der Rest des Marktes Gewinnstagnation aufwies. Q2 deutet also bereits eine Trendwende an. Das ist nicht unwichtig, denn in Anbetracht der hohen Bewertungen kann weiteres Aufwärtspotenzial nur durch Gewinnsteigerungen entfacht werden. Viel Hoffnung steckt nun darin, dass Value-Aktien und Small Caps von Basiseffekten und fallenden Zinsen begünstigt werden und ohne größere Reibungsverluste den Stab von den langsam ermüdenden Tech-Titans übernehmen können, um die Indizes auf neue Höhen zu tragen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Zinsfantasie bestehen bleibt und die Konjunktur nicht zu stark abkühlt. Ganz akut werden deshalb diese Woche neben Nvidia auch neue Konjunkturdaten relevant: am Freitag der Juli Core PCE-Index – erwartet werden +0,2% - und die Verbraucherausgaben. Am Donnerstag werden neue Jobdaten Beachtung finden.
In Fernost konnte Japan seine gestrigen Verluste wieder aufholen. Auch Hongkong notierte freundlich. In Festlandchina hingegen gaben die Indizes weiter nach, der CSI 300 verlor 0,6%. Chinas Industriegewinne sind von Jan-Jul um 3,6% ggü. dem gleichen Zeitraum in 2023 gestiegen. Per Ende Juni lag dieser Wert bei +3,5%.
Libyens Ost-Regierung will vorerst sein Ölexporte aussetzen, was dem Ölpreis gestern Nachmittag weiteren Aufschwung verlieh. Europas Börsen starten freundlich in den Tag. Auffallend jedoch das geringe Handelsvolumen, was am Markt ebenfalls mit dem Warten auf die Nvidia-Zahlen begründet wird. Stärkste Branche ist Basic Resources. Der CEO des australischen Rohstoffriesen BHP (ASX:BHP) hat sich optimistisch zu den Perspektiven des Bausektors in China geäußert. Er glaube, dass die getroffenen politischen Maßnahmen im nächsten Jahr zu einer Trendwende führen würden. Dies stimuliert heute früh u.a. das in London gelistete Bergbau-Schwergewicht Rio Tinto (LON:RIO), das mit +1,8% auf Platz 2 im STXE 50 liegt. Die dort nicht vertretene Anglo American (JO:AGLJ) legt 2,3% zu. An der Spitze des STXE 50 liegt Santander (BME:SAN), die Großbank profitiert von der Ankündigung eines 1,5 Mrd Euro schweren Aktien-Rückkaufprogramms.