Ob in Frankreich der vermeintliche Teufel, die nationalkonservative Partei Rassemblement National von Marine Le Pen, durch den Beelzebub, die Neue Volksfront des Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon, ausgetrieben wurde, wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen. Die europäischen Aktienmärkte starteten dennoch mit Aufschlägen in die neue Woche, da ein politisches Patt erwartet wurde und nun eine Koalition der Mitte nicht ausgeschlossen werden kann.
Da keine der Parteien eine ausreichende Mehrheit erreichen wird, um alleine regieren zu können, steht der französische Präsident Macron nun vor der Herausforderung, eine Regierung aus Parteien zu bilden, die außer der gemeinsamen Front gegen die nationalkonservative RN wenig gemeinsam haben. So hatte sich die linke Neue Volksfront im Wahlkampf für die Rücknahme vieler Wirtschaftsreformen Macrons eingesetzt. Die Linkskoalition hatte unter anderem angekündigt, das Renteneintrittsalter von 64 auf 60 Jahre zu senken, eine Vermögenssteuer einzuführen und die Gehälter im öffentlichen Dienst zu erhöhen. Eine Schätzung der Linkskoalition geht davon aus, dass ihre Maßnahmen im Jahr 2025 rund 100 Milliarden Euro und im Jahr 2027 150 Milliarden Euro kosten werden.
Betrachtet man die Details, so entfallen bisher nur rund 70 Sitze auf den linksradikalen Teil der Neuen Volksfront unter der Führung von Mélenchon. Die anderen Partner der Neuen Volksfront, die sich politisch bisher immer links der Mitte positioniert haben, könnten durchaus eine Zusammenarbeit mit Macrons Parteienbündnis Ensemble anstreben. Unter Einbeziehung der Grünen mit 35 Sitzen könnte so durchaus eine Regierung gebildet werden, die linksradikale Positionen ausschließt.
Mit Blick auf die wichtigsten Ereignisse dieser Woche werden sich die Anleger auf den Vorsitzenden der US-Notenbank, Jerome Powell, konzentrieren, wenn er vor dem Kongress aussagt, bevor am Donnerstag die Daten zum US-Verbraucherpreisindex für Juni veröffentlicht werden. Powell wird den Gesetzgebern wahrscheinlich sagen, dass die Fed-Beamten mehr Beweise für eine Verlangsamung der Inflation brauchen, bevor sie die Zinsen senken können, obwohl sich die Anzeichen für eine Abschwächung des Wachstums und der Beschäftigung mehren.
Die Börsen in Ostasien und Australien starteten uneinheitlich in die Handelswoche. China tendierte leichter. Die seit Freitag geltenden EU-Zölle auf chinesische Elektroautos dürften den Markt nicht überrascht haben. Australien als wichtigster Rohstofflieferant Chinas geriet ebenfalls unter Druck. In Tokio erreichte der Nikkei-225-Index ein neues Rekordhoch, nachdem die japanische Leistungsbilanz für Mai besser als erwartet ausgefallen war. Die taiwanesische Börse profitierte von starken Zahlen des Apple-Zulieferers Foxconn (TW:2354). In Südkorea wirkten sich die guten Zahlen von Samsung (F:SAMEq) Electronics aus, die der Konzern am Freitag vorgelegt hatte.
In den USA hatten die Arbeitsmarktdaten vom Freitag die Hoffnungen auf eine Lockerung der US-Geldpolitik erneut genährt. Zwar lag die Zahl der neugeschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft mit 206.000 über den Erwartungen, allerdings wurde sie für die beiden Vormonate drastisch um 111.000 nach unten revidiert. Hinzu kam ein Anstieg der Arbeitslosenquote auf 4,1 Prozent bei gleichzeitig nachlassender Dynamik der Lohnentwicklung. Auch die sektorale Zusammensetzung war schwach, denn drei Viertel des Beschäftigungszuwachses im Juni entfielen auf den öffentlichen Sektor und das Gesundheitswesen. Mehrere zyklische Branchen bauten dagegen Arbeitsplätze ab. Zudem deutet ein Anstieg der Partizipationsrate darauf hin, dass in den USA wieder mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zurückkehren wollen. An den Terminmärkten werden derzeit zwei Zinssenkungen (September und Dezember) in den USA eingepreist.