Seit fast drei Jahren nun komme ich immer und immer wieder auf das Thema „chinesische Börse“ zurück. Klar, das Potenzial Chinas ist natürlich längst kein Geheimtipp und der volatile Hang Seng, welchen wir auch auf täglicher Basis analysieren, bieten umfangreiche Handelschancen. Auch das Argument, welches von Charlie Munger und Warren Buffet schon öfters mal zu hören war, dass die Aktienpreise im Vergleich zum Gegenwert der Unternehmen zu niedrig sind, ist bestimmt keine Neuheit. Es gibt noch eine weitere Entwicklung, die sich anbahnt – und es wurden letzte Woche weitere immens wichtige Schritte in diese Richtung genommen.
Mehr als 1000 Aktien chinesischer und einiger weniger ausländischer Unternehmen wurden dem sogenannten Stock Connect Scheme zugefügt. Unter diesem System können in Hongkong gelistete Unternehmensanteile auch unter bestimmten Bedingungen an den voll-integrierten Börsen Shenzhen und Shanghai von chinesischen Staatsbürgern erworben werden. Da Hongkongs Finanzsystem nicht voll in die chinesische Wirtschaft integriert ist, dürfen hier nur Ausländer Aktien von gelisteten Unternehmen erwerben – sogenannte H-Shares. Chinesen müssen sich die Wertpapiere entweder in Shanghai oder Shenzhen zulegen, sogenannte A-Shares. Komplett im Ausland gelistete Unternehmensanteile sind dann B-Shares. Die Unterteilung findet statt, damit man die Kapitalflüsse in China kontrollieren kann, um den Wechselkur stabil zu halten. Mehr können Sie zu diesem Thema hier oder hier lesen.
Jedenfalls bekommen chinesische Bürger nun die Chance, in insgesamt 2516 Unternehmen zu investieren, die vorher exklusiv am Hong Kong Stock Exchange gelistet waren. Die Voraussetzungen sind eine Marktkapitalisierung von mehr als 5 Milliarden Yuan (ca. $717 Millionen) und gewisse Liquiditätsnachweise – auch L´Occitane und Prada könnten somit auch im chinesischen Inland für Anleger zu haben sein. Dieses Jahr haben die beiden Finanzakteure BNP Paribas (ETR:BNPP) und BlackRock (NYSE:BLK), welche seit Kurzem im Rahmen von Joint Ventures und teilweise sogar komplett autonom Finanzdienstleistungen und -Produkte vertreiben, große Erfolge in China gefeiert. Was hat das aber mit meiner Prognose zu tun?
Ich bin der Meinung, dass China seine Kapitalgrenzen in den nächsten Jahren komplett öffnen wird – es politisch sogar muss. Der Binnenmarkt stößt an sein Entwicklungslimit und mit dem erhöhten Anspruch an die Wirtschaft reicht die interne Finanzierung des Wachstums nicht mehr aus. Anstatt nur zu produzieren, entwickelt China nun viel mehr, was kostenintensiver ist. Auch die Vermarktung ist deutlich komplexer und eine Öffnung mit Pionierfunktion ist auf dem globalen Markt ohne Öffnung der Kapitalgrenzen nicht möglich. Seit Jahren machen die Chinesen ihre Unternehmen fit für diese Challenge und die radikale Ausweitung des Stock Connect Theme untermalt noch einmal mehr, dass es immer weiter in Richtung freie Geldflüsse geht. Nicht umsonst wird der Regierung in Hongkong immer mehr Macht entzogen – als Landebecken für ausländisches Kapital wird man den halben Stadtstaat irgendwann nicht mehr brauchen. Bleibt zu hoffen, dass spätestens, wenn mehr fremdes Kapital in China ankommt, der wirtschaftliche Druck auch zu einer Besserung der politischen Lage der zweitgrößten Wirtschaft der Welt führt – besonders im Hinblick auf den Völkermord an den Uyguren.
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