EUR/USD eröffnet bei 1,0313 (05:26 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0214 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 155,27. In der Folge notiert EUR-JPY bei 160,13. EUR-CHF oszilliert bei 0,9405.
Märkte: "US-Zoll-Limbo" sorgt für Volatilität
An den Finanzmärkten dominiert der "US-Zoll-Limbo". Trump wird seinem Ruf der überschaubaren Berechenbarkeit gerecht. Harschen Zollverfügungen folgen spontan die Aussetzungen der Zölle gegen Mexiko und Kanada um mindestens 30 Tage.
Die Marktbewegungen folgten dem Nachrichtenfluss. Erst ging es an den Aktienmärkten deutlich runter. Im weiteren Verlauf wurden große oder sogar die größten Teile der Verluste egalisiert. Der USD verlor nach anfänglichen Zugewinnen wieder an Boden. Am stärksten verlor der USD gegenüber den Währungen ohne Fehl und Tadel, Gold und Silber. Gold markierte gestern bei 2.830 einen neuen Rekordstand. Auch Bitcoin gewann als nicht korrelierte Anlageklasse nach dem vorherigen Einbruch deutlich an Boden.
Das Datenpotpourri (siehe unten) bleibt für Europa, allen voran für Deutschland im globalen Vergleich prekär. Die Erstschätzungen der Einkaufsmanagerindices des Verarbeitenden Gewerbes definieren die Schwergewichte der Eurozone Deutschland und Frankreichs als die größten Verlierer. Dagegen reüssieren die USA, Kanada, Brasilien und vor allen Dingen Russland mit Werten über dem von JP Morgan ermittelten Weltindex (aktuell 50,1).
Aktienmärkte: Late Dax -1,09%, EuroStoxx 50 -1,04%, S&P 500 -0,70%, Dow Jones -0,24%, US Tech 100 -0,79%. Aktienmärkte in Fernost Stand 05:55 Uhr: Nikkei (Japan) +1,22%, CSI 300 (China) Feiertag, Hangseng (Hongkong) +2,00%, Sensex (Indien) +0,70% und Kospi (Südkorea) +1,41%. Rentenmärkte: Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,39% (Vortag 2,46%), während die 10-jährige US-Staatsanleihe eine Rendite in Höhe von 4,57% (Vortag 4,51%) abwirft.
Devisenmärkte: Der EUR (+0,0088) machte nach der Verschiebung der Zollerhebungen gegen Mexiko und Kanada um 30 Tage gegenüber dem USD im Vortagesvergleich Boden gut. Gold (+39,20 USD) und Silber (+0,60 USD) stiegen gegenüber dem USD signifikant. Nicht korrelierte Anlageklassen profitieren von der von den USA ausgehenden Unberechenbarkeit. Bitcoin notiert aktuell gegenüber dem USD bei 100.150 (06:00 Uhr). Gegenüber dem Vortag ergibt sich ein Anstieg im Tagesvergleich 7.050 USD
Trump setzt Zölle gegen Kanada und Mexiko für 30 Tage aus
Nur wenige Stunden nach Einführung der Zölle gegen Kanada und Mexiko wurden die Zölle für mindestens 30 Tage ausgesetzt, um Raum für Verhandlungen zu eröffnen. Die verfügten Zölle gegen China (10%) haben weiter Bestand.
Kommentar: Trump ist für jede Wendung gut. Im "FTD Hellmeyer der Woche" unterstellte ich ein Fehlen einer Exit-Strategie. Die gibt es offenbar sehr wohl. Auch ich lerne dazu! Bezüglich Kanada und Mexiko stehen die Themen Fentanyl und Migration kausal im Mittelpunkt. Offenbar gab es Angebote seitens Mexikos und Kanadas ob dieser Themen. Anders lässt sich die Haltung Trumps nicht erklären.
An Zöllen gegen China wird seitens der USA festgehalten. China verfügte als Antwort Zölle auf mehrere US-Produkte. Hier steht Deeskalation zunächst nicht auf der Agenda. Interessant wird das Zollthema bezüglich der EU. Hier geht es weder um Migration noch um Fentanyl. Hier geht es um das industrielle Herz, das wesentlich unser Geschäftsmodell darstellt. An diesem Herz haben die USA Interesse, deswegen gab es das nicht WTO-konforme IRA-Programm.
Die USA wollen sich auf Kosten der EU und Taiwans reindustrialisieren und uns deindustrialisieren. In den 90er Jahren haben die USA und das UK auf Kontinentaleuropa arrogant herabgeschaut („old versus new economy“), als wir nicht den Weg der Deindustrialisierung gingen. Jetzt soll dieser Fehler, der sowohl in den USA als auch dem UK zu chronischen Handelsdefiziten führte, zu Lasten der EU ausgebügelt werden.
Hier geht es um Wirtschaftsstrukturfragen (Aristoteles), hier wird mit anderen Bandagen gekämpft werden als es bezüglich Mexiko und Kanada der Fall ist. Sind wir dazu in der Lage? Frau von der Leyen sagte, es gebe neue Herausforderungen und neue Unsicherheiten und wenn die EU unfair oder willkürlich angegriffen werde, würde die EU entschlossen reagieren.
Mit einer Portion Süffisanz merke ich an, so wie in der Causa Snowden oder so wie in der Causa North Stream? Beide Fälle implizieren keine interessenorientierte Politik der EU!
Deutschland: Auf einem Auge blind - US-Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft
Die Bedeutung der USA für unsere Exportwirtschaft ist so groß wie nie zuvor in den letzten 20Jahren, so das Statistische Bundesamt.
Von Januar bis November 2024 wurden Güter im Wert von rund 150 Mrd. EUR in die USA exportiert (10% der Exporte). Dies ist der höchste Anteil innerhalb der vergangenen 20 Jahre. Die USA sind damit das 10. Jahr in Folge der wichtigste Abnehmer deutscher Exporte. (Anteil Pharma 2023 23%, Maschinenbau 13%, Kfz und Teile 12,6%, sonstige Fahrzeuge rund 13%). Zum Vergleich: 2016 (Trumps 1. Wahlsieg) summierten sich die deutschen US-Exporte auf weniger als 107 Mrd. EUR. Das entsprach einem Anteil von 8,9% der deutschen Ausfuhren.
Deutschland importiert mehr aus den USA als vor Beginn von Trumps 1. Amtszeit. Summierten sich die Einfuhren 2016 auf 58 Mrd. EUR, waren es von Januar-November 2024 84,5 Mrd. EUR. Der Anteil an den Importen erhöhte sich auf rund 7%. Das ist der höchste Wert seit 2004. Der Bestand an US-Direktinvestitionen der deutschen Unternehmen lag 2016 bei 398 Mrd. USD.
Laut BDI sind es derzeit 658 Mrd. USD. Damit ist Deutschland drittgrößter ausländischerInvestor in den USA. Gestiegen ist die Zahl der deutschen Unternehmen, die in den USA aktiv sind. Waren es 2016 noch 5.363 Betriebe, so hat sich diese Zahl der Deutschen Industrie- und Handelskammer zufolge auf rund 6.000 erhöht.
Kommentar: Die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von den USA war nie größer, das gilt zudem auch für den Sektor Energie. Welches Land droht, erpresst, spioniert (Snowden) und steht im Verdacht an dem größten zivilen Staatsterrorakt gegen Deutschland beteiligt zu sein? Leidet man in Berlin/Brüssel am Stockholm Syndrom, ist man auf einem Auge blind?
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Einkaufsmanagerindices des Verarbeitenden Gewerbes
Eurozone: Verbraucherpreise höher als erwartet
Die Verbraucherpreise der Eurozone lieferten laut Erstschätzung im Jahresvergleich einen Anstieg um 2,5% (Prognose 2,4%) nach zuvor 2,4%. Die Kernrate legte im Jahresvergleich um 2,7% (Prognose 2,6%) nach zuvor 2,7%.
Italien: Die Verbraucherpreise legten per Januar laut vorläufiger Berechnung im Monatsvergleich um 0,6% zu (Vormonat 0,1%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 1,5% nach zuvor 1,3%.
USA: Starke Bauausgaben
Die Bauausgaben verzeichneten per Berichtsmonat Dezember einen Anstieg im Monatsvergleich um 0,5% (Prognose 0,2%) nach zuvor 0,2% (revidiert von 0,0%).
Türkei: Inflation mit geringstem Anstieg seit Juni 2022
Die Verbraucherpreise nahmen per Berichtsmonat Januar im Jahresvergleich um 42,12% nach zuvor 44,38% zu. Es ist der geringste Anstieg seit Juni 2022.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine negative Tendenz. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.0500 – 1.0530 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe