Die Bank of Japan (BOJ) hat bei der Kontrolle der Zinskurve erneut Änderungen vorgenommen. „Die BOJ wird die Obergrenze von 1,0 % für die Rendite 10-jähriger japanischer Staatsanleihen als Referenz betrachten“, und nicht wie bislang als starre Obergrenze, erklärte die Zentralbank heute. Die BoJ lässt also nun zu, dass die Rendite auf mehr als 1 % steigt, wobei die Währungshüter allerdings darauf achten werden, dass der Anstieg nicht zu weit geht.
Unverändert bleiben derweil das Ziel von 0 % für die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen sowie der Zinssatz von 0,1 % für die bei der Zentralbank geparkten Überschussreserven der Finanzinstitute. Und die BoJ wird auch ihre umfangreichen Anleihekäufe fortsetzen.
BoJ: Lohnverhandlungen im Frühjahr als Schlüsselereignis
Denn die Inflationsaussichten wurden zwar nach oben angepasst, für das Fiskaljahr 2025 bleiben sie aber bei unter 2 %. Konkret rechnet die BoJ aktuell für 2023 und 2024 mit einer Inflationsrate von jeweils 2,8 %, nach zuvor 2,5 % bzw. 1,9 %. Für 2025 stieg die Inflationsprognose nur geringfügig von 1,6 % auf 1,7 %.
Notenbankchef Kazuo Ueda nannte als Voraussetzung für eine Abkehr von der ultraexpansiven Geldpolitik, dass das Inflationsziel von 2 % in Sichtweite rückt. Das ist der Fall. Und daher wird eine Zinsumkehr mit den bisherigen und den aktuellen Schritten langsam vorbereitet. Laut Aussagen der BoJ sei eine Zinsanhebung aber nicht vor dem Jahreswechsel zu erwarten. Notenbank-Chef Kazuo Ueda sagte, dass die Lohnverhandlungen im nächsten Frühjahr ein Schlüsselereignis sind.
USD/JPY: Intakter Aufwärtstrend in engen Bahnen
Der Devisenmarkt war von diesen Aussichten offenbar enttäuscht. Denn der Yen zeigte gestern wieder deutliche Schwäche. Gegenüber dem US-Dollar kehrt er über die 150er Marke zurück (siehe grüner Pfeil im folgenden Chart), an der es kurz zuvor eine Bullenfalle gegeben hatte (roter Pfeil).
Wie ich den Lesern des Börsenbriefs „Target-Trend-Spezial“ bereits schrieb, wird allgemein erwartet, dass ein Überschreiten der 150er Kursmarke früher oder später Interventionen der japanischen Regierung bzw. der Notenbank auslösen wird. Und daher scheinen die Marktteilnehmer vor dieser Marke auch einen gewissen Respekt zu haben. Seit fast einem Monat scheuten sich die Anleger, diese Hürde zu nehmen.
Allerdings hatte ich den Lesern des „Target-Trend-CFD“ dazu geschrieben, dass die Interventionen wohl nicht bei einem grundsätzlich weiter schwächelnden Yen, sondern erst bei einem „zu stark“ schwächelnden Wechselkurs zu erwarten sind. In der Börse-Intern-Ausgabe vom 16. August hatte ich von einer „drastischen Abschwächung des Yens“ geschrieben (siehe „USD/JPY-Short – Wann geht der Kursverfall des Yen zu weit?“). Die Abwertung des Yen bzw. die Aufwärtsbewegung des USD/JPY verläuft aber seit Mitte August in deutlich ruhigeren und engen Bahnen (schmaler grüner Aufwärtstrendkanal). Und so wurden die Hoffnungen auf eine Devisenmarktintervention bislang enttäuscht.
Doppeltop bei 152 Yen?
Solange sich die Konjunkturdaten der USA nicht deutlich abschwächen oder die Federal Reserve heute nicht überrascht, indem sie ihre derzeit restriktive Geldpolitik aufgibt, was äußerst unwahrscheinlich ist, dürfte der US-Dollar zum Yen weiter Stärke zeigen, der USD/JPY also seinen Aufwärtstrend fortsetzen und sich dem Hoch vom Oktober 2022 bei rund 152 Yen annähern.
Wie die ING-Bank gestern dazu berichtete, verkaufte Japan im September und Oktober des vergangenen Jahres 70 Milliarden US-Dollar (siehe rote Ellipsen im folgenden Chart) – etwa die Hälfte davon, als der USD/JPY Ende Oktober auf 152 stieg.
Sollte sich dies wiederholen, wäre auf diesem Niveau ein Doppeltop möglich. Dieses charttechnische Szenario würde auch recht gut zum aktuellen Zeitplan der BoJ passen. Denn wenn die japanische Notenbank die Zinswende beschließt, wäre eine Trendwende beim USD/JPY wahrscheinlich, weil sich dann die Zinsdifferenz verkleinert.
Man könnte darauf (weiterhin) mit Short-Positionen setzen. Beim „Target-Trend-CFD“ habe ich kürzlich allerdings einen Short-Trade per Stop-Loss auf Einstiegskurs beendet und damit das Short-Engagement verringert, weil sich selbst an der psychologisch wichtigen Marke von 150 Yen kein Ende der Aufwärtsbewegung abzeichnete. Ich setze zwar weiterhin auf eine Gegenbewegung, nun aber wieder nur mit einer kleinen Short-Position.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus