Vor kurzer Zeit wurden seitens der Staatenchefs von Brasilien und Argentinien lose Gedanken bezüglich einer Währungsunion geäußert. In einem Nachrichtenartikel in der Perfil, einer argentinischen Zeitung, berichtete man davon, dass sich die Präsidenten Alberto Fernández (Argentinien) und Luiz Inácio da Silva (Brasilien) zum ersten Austausch bezüglich einer gemeinsamen Währung zusammengesetzt hätten. Vielmehr noch stand sogar eine gemeinsame lateinamerikanische Währungsunion im Raum. Hier wurden zwar noch keine ernsthaften Vorschläge und Strukturen herausgearbeitet, aber beide geben zu verstehen, dass sie sich der Idee gedanklich nicht nur nicht verschließen, sondern gar mit dieser sympathisieren. Warum das in der angedachten Form nicht geschehen wird, erkläre ich in diesem Artikel.
Klar, gerade Argentinien dürfte mit seinen periodischen Wirtschaftskrisen alle 20 Jahre die Nase voll haben und mit einem stabileren Währungsblock ausländische Spekulationen verwässern wollen. Aber auch Brasilien musste mit einer Überfinanzierung kämpfen. In den letzten Jahrzehnten wurde das Land mit Geldern aus dem Ausland überschwemmt, da im Zuge der finanziellen Liberalisierung der Zugang zum Geldsystem erleichtert wurde. Eigentlich ist das ja eine erstrebenswerte Situation, aber durch das ausländische Kapital im Land wurde die Währung so teuer, dass die Exporte fielen. Zudem kam es zu volatilen Preis- und Währungsschwankungen. Damit gab es auch in Brasilien wenig finanzielle Stabilität, wenn auch mehr als in Argentinien, wo die Inflation gerade bei über 94% steht. Im Allgemeinen sind beide Währungen sehr anfällig für externe Schocks und eine monetäre Stabilität konnte hier nicht erzielt werden.
Nun, es ist prinzipiell eine gute Sache, Währungen zusammenzuschließen, solange dies auch politisch Sinn ergibt. In einigen Artikeln, wie auch in diesem hier, erklärte ich ja schon, dass Fiat-Währungen gewissermaßen die politische und wirtschaftliche Stabilität und das Wachstumspotenzial abbilden. Natürlich wird dies durch eine größere regionale Integration verbessert. Nehmen wir den Euro als bestes Beispiel. Die politische Stabilität von beispielsweise Österreich ist wegen seiner Größe und Kapazität limitiert. In der Europäischen Union und der Eurozone gehen kleinere Länder aber im Schutz des Kollektivs eben auf – fast wie ein Schwarm Fische. Somit ist es gerade in gebeutelten Regionen wie Lateinamerika eine feine Sache, wenn man sich mit gemeinsamer Stärke besser positionieren möchte.
Das hatte ein gewisser Muammar al-Gaddafi auch mal versucht und dabei mit seinem guten Freund Nelson Mandela sehr fortgeschrittene Pläne für den afrikanischen Kontinent ausgearbeitet. Die Afrikanische Union, die nach dem Vorbild der Europäischen Union eine Integration der afrikanischen Staaten vorsieht, wurde von Gaddafi maßgeblich vorangetrieben. Irgendwann kam dann auch das Thema der gemeinsamen Währung ins Spiel, dem „Afro“. Dieser sollte in echten Goldmünzen geprägt werden und auch daran gebunden sein, sodass neben der politischen Dimension auch ein physischer Gegenwert entsteht. Vielleicht war es nicht sonderlich schlau, diese Pläne als Befreiung vom Dollar und dem Imperialismus der USA darzustellen, denn das hat natürlich den Westen auf den Plan gerufen. Dieser hat sich dann von Gaddafis und seinem Öl abgewandt und umfangreiche Kampagnen gegen ihn gerichtet. Wegen zahlreichen Gewalttaten gab Gaddafi zwar genügend Gründe dafür, das ist aber eine andere Geschichte.
Was dieses Beispiel zeigen soll, ist, dass starke Währungsregionen nicht gerne gesehen werden. Der US-Dollar ist als Leitwährung ein starkes Werkzeug, um günstige Kredite zu bekommen und eine hohe Währungsstabilität zu erzielen. Mehrere Milliarden Dollar spart die nordamerikanische Wirtschaft dadurch, dass die eigene Währung international als Transaktionsmedium genutzt wird. Zudem gilt diese Währung als zentrale Währungsreserve, auch wenn dieser Prozentsatz in den letzten Jahren zurückging. Gerade aber im lateinamerikanischen Raum, wo man mit der Monroe Doctrine und dem Roosevelt Corollary eine Kultur der Intervention in Lateinamerika aufgebaut hat, wird man nicht zulassen, dass sich die Geldpolitik dem Dollarschirm entzieht. Diese beiden politischen Agenden bestehen seit 200 respektive 100 Jahren und beinhalten, dass Lateinamerika nur unter nordamerikanischem Einfluss stehen darf (woher auch immer diese Anmaßung herrührt). Noch heute sind 11 lateinamerikanische Währungen an den Dollar gebunden und 6 Länder in Lateinamerika benutzen den US-Dollar als offizielles Zahlungsmittel.
Um auf Brasilien und Argentinien zurückzukommen: Die USA werden dort eine Währungsunion der beiden stärksten Wirtschaften nicht zulassen. Zu groß ist der aktuelle Einfluss der nordamerikanischen Gelder auf die Geldpolitik und die Finanzflüsse in den beiden Staaten. Über eine übergreifende Währungsunion braucht man erst gar nicht nachdenken – all das wird ohne Konflikte nicht möglich sein. Noch immer ziehen die USA zu große Vorteile aus der Schwäche der Finanzsysteme im Süden des Kontinents. Denkbar wären entsprechende Regelungen, die den Dollar in dieser Konstellation wieder prominenter machen, beispielsweise dadurch, dass er zur Leitwährung der Währungsunion wird und in einem festen Wechselkursverhältnis mit ihr steht. Wie gesagt: Es wäre wünschenswert, wenn so etwas passiert. Wahrscheinlich ist es aber eher nicht.
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