Der Markt ist sich einig: Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte durch die US-Notenbank (Fed) wird heute als sicher angesehen. Die Fed Funds Futures signalisieren, dass die Anleger diesen Schritt als beschlossene Sache betrachten. Doch ob die Fed tatsächlich senken sollte, ist eine andere Frage – und genau das macht die heutige Entscheidung so spannend.
Die Verwendung eines einfachen Inflations- und Beschäftigungsmodells zur Bewertung der Fed-Politik deutet darauf hin, dass die gegenwärtige Haltung leicht restriktiv ist, wie die folgende Abbildung zeigt.
Im Vergleich zur jüngeren Vergangenheit ist der hawkishe Kurs jedoch relativ moderat und kommt einem Gleichgewicht nahe genug, um Raum für eine Debatte darüber zu lassen, ob die Politik vorerst unverändert bleiben sollte.
Inflation bleibt hartnäckig – spricht gegen weitere Zinssenkungen
In den letzten Monaten gab es zwar Anzeichen einer nachlassenden Inflation, doch der Trend scheint zu stocken. Der Verbraucherpreisbericht vom November zeigt, dass sich die Inflation wieder leicht beschleunigt hat. Das ist bemerkenswert, denn es ist das erste Mal seit neun Monaten, dass die jährliche Inflationsrate in zwei aufeinanderfolgenden Monaten gestiegen ist.
Ein genauer Blick auf den „US Consumer Inflation Bias Index“, der verschiedene Inflationsmessungen regionaler Fed-Banken und offizielle Daten der Regierung kombiniert, zeigt ebenfalls einen leichten Aufwärtstrend. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, dürfte das Risiko einer neuen Inflationswelle zunehmen – ein ernstes Argument gegen weitere Zinssenkungen.
Der Arbeitsmarkt schwächelt – spricht für eine Zinssenkung
Gleichzeitig gibt es klare Anzeichen dafür, dass sich der US-Arbeitsmarkt abkühlt. Zwar lag die Arbeitslosenquote im November noch bei niedrigen 4,2 %, doch unter der Oberfläche zeigen sich Risse. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist in den letzten Monaten kontinuierlich gestiegen, was darauf hindeutet, dass Unternehmen vorsichtiger werden.
Auch das Beschäftigungswachstum im Privatsektor hat sich merklich verlangsamt. Während die Gesamtzahl der Beschäftigten inklusive des öffentlichen Dienstes stabil geblieben ist, zeigt ein genauerer Blick, dass die Neueinstellungen im Privatsektor nachlassen. Wenn dieses Muster anhält, könnte sich die Lage am Arbeitsmarkt schneller verschlechtern, als viele erwarten.
Die Fed steht hier vor einem echten Dilemma: Ihre Aufgabe ist es, sowohl die Inflation unter Kontrolle zu halten als auch die Beschäftigung zu maximieren. Momentan scheint sie den Fokus auf die Stützung des Arbeitsmarktes zu legen – auch wenn das bedeutet, das Inflationsrisiko vorübergehend zu ignorieren.
Politische Risiken könnten die Inflation anheizen
Hinzu kommt eine weitere, oft unterschätzte Variable: Die politischen Pläne der künftigen US-Regierung. Geplante Importzölle könnten die Preise für viele Produkte in die Höhe treiben, während strengere Einwanderungsgesetze den Arbeitskräftemangel verschärfen und die Löhne steigen lassen könnten. Gleichzeitig könnten Steuersenkungen und Deregulierungen die Wirtschaft kurzfristig beflügeln – ebenfalls ein potenzieller Preistreiber.
Diese Faktoren sind schwer vorherzusehen, könnten aber im kommenden Jahr erheblichen Einfluss auf die Geldpolitik der Fed haben.
Wird die heutige Zinssenkung die letzte sein?
Alles deutet darauf hin, dass die Fed heute eine Zinssenkung um 25 Basispunkte verkünden wird – trotz der widersprüchlichen wirtschaftlichen Signale. Doch die Zukunft ist weniger klar: Die Fed Funds Futures preisen mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 % ein, dass die Zinsen bei der nächsten Sitzung im Januar unverändert bleiben.
Die entscheidende Frage ist, ob die heutige Zinssenkung die letzte dovishe Maßnahme für eine lange Zeit sein wird. Fed-Chef Jerome Powell wird in der Pressekonferenz nach der heutigen Entscheidung voraussichtlich mehr Klarheit darüber schaffen. Ob die Fed bereit ist, in den kommenden Monaten aggressiver einzugreifen, bleibt abzuwarten.
Es dürfte einer der spannendsten Zinsschritte des Jahres werden – und die Märkte werden genau beobachten, welche Signale die Fed in ihren Ausblick sendet.