Investing.com - Ohne eindeutige Richtung wird der Goldpreis am Dienstag gehandelt. Ein etwas stärkerer US-Dollar im Vorfeld der morgigen Zinsentscheidung der Federal Reserve (Fed) halten die Gold-Bullen aktuell in Schach. Massive Verluste der Anleiherenditen, gepaart mit einer hohen Risikoaversion wegen den Auswirkungen des Coronavirus auf die Weltwirtschaft, sorgten gestern noch für ein klares Plus beim Edelmetall.
"Der ultimative Wertspeicher der Welt erfüllt seine übliche Rolle in unsicheren Zeiten", so Matthew Weller von Forex.com in einer Notiz.
Der COMEX Gold-Future zur Lieferung im Februar 2020 wird zur Stunde 0,31 Prozent oder 4,75 US-Dollar im Minus auf 1.572,65 US-Dollar gehandelt. Am Montag erreichte der Terminkontrakt mit 1.588,10 US-Dollar den höchsten Stand seit drei Wochen. Für den Gold-Kassapreis (XAU/USD) geht es um 0,51 Prozent oder 8 US-Dollar nach unten auf 1.573,91 US-Dollar.
Der SPDR® Gold Shares (NYSE:GLD), der die Wertentwicklung von Gold nachbildet, legte gestern um 0,69 Prozent zu und markierte mit 149,30 US-Dollar den höchsten Stand seit April 2013 und das, obwohl die Goldbestände des SPDR um 0,13 Prozent auf 899,41 Tonnen am Montag gesunken waren.
Coronavirus dominiert Marktgeschehen
Bestimmt wird das Handelsgeschehen einmal mehr vom neuartigen Coronavirus aus China. Die Zahl der Toten stieg auf 106, 4.535 Infektionen sind mittlerweile bestätigt. Gesundheitsexperten aus Hongkong bezweifeln jedoch die offiziellen Zahlen und schätzen, dass die Zahl allein in Wuhan bis Samstag 43.590 erreicht hatte, einschließlich derer, die sich noch in der Inkubationsphase des Virus befinden. Inzwischen wurde auch der erste Fall der tödlichen Krankheit in Deutschland bestätigt. Aus Sorge vor den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus und den damit einhergehenden Auswirkungen auf die Weltwirtschaft flüchten Anleger zunehmend in sichere Anlagen wie Gold und Staatsanleihen.
"Wir erwarten, dass die Epidemie den Dienstleistungssektor in China besonders hart treffen wird, aber auch der Einzelhandel könnte darunter leiden, was die Importe beeinträchtigen könnte", schreiben die Experten der Danske Bank (CSE:DANSKE) in einer morgendlichen Einschätzung.
Stimmung am Markt bleibt angespannt - US-Zinskurve vor Inversion
Die anhaltend säuerliche Marktstimmung spiegelt sich auch in der Performance der asiatischen Aktien. Der MSCI Asia Ex Japan verlor 0,98 Prozent und der japanische Nikkei fiel 0,55 Prozent. In Europa gestaltet sich das Bild gemischt: der Dax gibt nach einem anfänglichen Erholungsversuch seine Gewinne wieder ab, während der Euro Stoxx 50, der IBEX und der CAC 40 allesamt im Plus notieren. Auch die US-Futures in Form des S&P 500, Dow Jones und Nasdaq 100 klammern sich an ihren moderaten Kursaufschlägen.
Die gestrige Flucht in Sicherheit schickte auch die globalen Anleiherenditen nach unten. Besonders stach hier die Annäherung der zehnjährigen US-Rendite an das Pendant der letzten drei Monate ins Auge. Die beiden näherten sich um bis zu 4 Basispunkte ein. In der Regel gilt ein Abgleiten des Langläufers unter den Kurzläufer als recht zuverlässiges Rezessionssignal in den USA, sofern die Inversion über einen Zeitraum von mehr als drei Monate erfolgt.
Laut der kanadischen Investmentgesellschaft TD Securities unterschätzen die Investoren das Risiko, dass die USA in den nächsten 12 Monaten in eine Rezession gerät. Die marktbasierte Wahrscheinlichkeit dafür liege gerade einmal bei 20 Prozent.
"Unsere auf der Renditekurve basierenden Modelle taxieren die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den nächsten 12 Monaten auf 30 bis 40 Prozent. Der Markt scheint dieses Risiko signifikant zu unterschätzen", so TD Securities in einer Notiz am Montag.
In der Regel gehen die Renditen zurück, wenn die Anleger ein wachstumsfeindliches Umfeld erwarten. Das begünstigt den Goldpreis.
"Eine erneute Invertierung wäre ein Alptraum für die globalen Wachstumsaussichten und wäre ein weiterer positiver Faktor für den Goldpreis", schreibt der unabhängige Analyst Alex Douedari in seiner täglichen Kolumne auf Investing.com.
"Aus charttechnischer Sicht sehen wir gerade, wie sich der Henkel (DE:HNKG_p) einer Tassenformation ausbildet. Das ist ein Indiz für einen weiter steigenden Goldpreis", so der Alex Douedari, der den Goldpreis im Falle einer neuen Welle der Risikoaversion über die Marke von 1.600 Dollar hinaus steigen sieht.
US-Realzins rutscht ins Minus, aber...
Da der Realzins gestern wieder ins Minus gerutscht ist, ergebe sich aus der Modellberechnung von JPM ein fairer Goldpreis von 1.550,80 US-Dollar, so Robert Zach von Investing.com. Gold wäre damit aktuell 26 US-Dollar überbewertet.
"Diese leichte Überbewertung kann auf die übertriebene Risikoaversion im Zuge des Coronavirus zurückgeführt werden. Zugleich geht das Open Interest bei rückläufigem Volumen, aber steigenden Goldpreisen zurück. Das ist negativ. Auch die technischen Indikatoren wie MACD und RSI weisen weiterhin eine negative Konstellation auf. Solange der Goldpreis auf Schlusskursbasis unter 1.585 Dollar bleibt, stellt jeglicher Anstieg für mich eine Short-Gelegenheit dar", sagte er.
Konjunkturdaten und Fed-Sitzung
Konjunkturseitig konzentrieren sich die Edelmetallhändler heute auf Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter.
Morgen gehen die Blicke der Investoren dann auf die erste zinspolitische Entscheidung der Federal Reserve (Fed) in diesem Jahr. Das von Investing.com entwickelte FedWatch-Tool errechnet, dass die Zinsen mit einer Wahrscheinlichkeit von 87,8 Prozent in einer Spanne von 1,5 bis 1,75 Prozent belassen werden.
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