FRANKFURT (dpa-AFX) - Die zur Wochenmitte schwer unter Druck geratene technologielastige US-Börse Nasdaq hat am Donnerstag der Stimmung am deutschen Aktienmarkt kräftig zugesetzt. Hinzu kamen schlechte heimische Konjunkturnachrichten. Nachdem tags zuvor bereits die Daten zur Unternehmensstimmung sehr schwach ausgefallen waren, versetzten nun die Ifo-Daten den Konjunkturaussichten einen weiteren Dämpfer.
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft verschlechterte sich im Juli überraschend weiter. "Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest", kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Jetzt müssen wohl die Rotstifte an die Konjunkturprognosen angelegt werden", erwartet Chef-Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank in Liechtenstein.
Der Dax büßte zur Mittagszeit 1,32 Prozent auf 18.145,47 Punkte ein, womit die jüngsten Gewinne bereits wieder Geschichte sind und der Leitindex zurück ist auf dem tiefsten Stand seit Anfang des Monats. Nachdem er tags zuvor bereits unter der 50-Tage-Linie geschlossen hatte, gab auch die 100-Tage-Linie, die bei etwas über 18.280 Punkten verläuft, keinen Halt. Beide Linien sind technische Trendindikatoren, die Hinweise darauf geben, in welche Richtung es mittelfristig gehen dürfte. Der MDax der mittelgroßen Werte verlor 1,06 Prozent auf 24.792,75 Punkte.
"Das war eine regelrechte Flucht aus Aktien", kommentierte Portfoliomanager Thomas Altmann von QC-Partners das Minus von fast vier Prozent im Nasdaq 100 und damit dessen schwächsten Handelstag seit Oktober 2022. Am Markt mache sich nach einigen enttäuschenden Quartalsberichten wie etwa von Tesla (NASDAQ:TSLA) und Alphabet (NASDAQ:GOOGL) Angst breit, dass die Aktienkurse doch zu schnell und zu hoch gestiegen sein könnten. Und diese Angst treffe die KI-Aktien in ganz besonderem Maße. Jetzt müsse sich zeigen, ob die letzten Handelstage ein reinigendes Gewitter waren oder der Auftakt zu einer längeren Schwächeperiode.
Hinzu kommt die jüngste Stärke des japanischen Yen infolge von Spekulationen, dass der Zinsunterschied zwischen den USA und Japan geringer werden könnte. So hatten nicht wenige Investoren die Yen-Schwäch der vergangenen Monate genutzt, um sich Geld in Yen günstig zu besorgen und das in vermeintlich ertragsreichere Anlagen, auch am Aktienmarkt zu stecken. Durch den aktuellen Anstieg des Yen-Kurses dreht sich dieses Rad nun ein Stück weit rückwärts.
"Eine Beruhigung und nachhaltige Erholung scheint nur möglich, wenn die Bilanzen in der kommenden Woche überzeugen", glauben die Experten von Index-Radar mit Blick auf die Quartalsberichtssaison. Am Dienstag berichtet Microsoft (NASDAQ:MSFT), am Mittwoch Meta (NASDAQ:META) und am Donnerstag Apple (NASDAQ:AAPL) und Amazon (NASDAQ:AMZN).
Unternehmensseitig ging die Berichtssaison weiter, wobei auch Quartalszahlen internationaler Großkonzerne wie etwa die von STMicro (EPA:STMPA) und BE Semiconductor Industries ihre Spuren hinterließen. So senkte der Chiphersteller STMicro seine Jahresziele und auch der niederländische Branchenausrüster BE entsetzte die Anleger mit seinen Prognosen.
Infineon (ETR:IFXGn) büßten daraufhin im Dax als Schlusslicht 5,9 Prozent ein und Elmos verloren im SDax 4,3 Prozent. Aixtron (ETR:AIXGn) sackten im MDax um 3,1 Prozent ab. Der Anlagenbauer für die Chipindustrie (ETR:VVSM) hatte am Morgen aber auch selbst endgültige Quartalszahlen vorgelegt.
An der MDax-Spitze entzog sich unterdessen der Waferhersteller Siltronic (ETR:WAFGn) mit plus 6,8 Prozent dem allgemeinen Abgabedruck. Er überraschte den Markt trotz weiter schwieriger Geschäfte mit etwas zuversichtlicheren Aussagen für das Gesamtjahr. "Das ist nicht unbedingt erwartbar gewesen", sagte ein Händler.
Für die Papiere von Nordex (ETR:NDXG) ging es mit plus 1,4 Prozent aufwärts, nachdem der Windkraftanlagenbauer ebenfalls etwas optimistischer für das Gesamtjahr wurde.
Im SDax setzte sich die stark gebeutelte Baywa (ETR:BYWGnx) -Aktie mit plus 17,5 Prozent an die Spitze, obwohl der in Milliardenhöhe verschuldete Agrarhandels- und Energiekonzern am Vorabend seine operative Ergebnisprognose für 2024 kassiert hatte. Begründet wurde das zurückgezogene Jahresziel mit dem laufenden Sanierungsgutachten. Der bisherige Jahresverlust der Aktie beläuft sich allerdings nun auf rund 55 Prozent.
"BayWa muss nun ihre Hausaufgaben machen, um das Ruder herumzureißen", kommentierte Baader-Bank-Analyst Rene Rückert. Jetzt seien die richtigen Managemententscheidungen gefragt. "Solange es diesbezüglich und auch über die Refinanzierung keine Klarheit gibt, werden sich Investoren weder die Investmentstory noch die Bewertung der Aktie anschauen.