BRÜSSEL (dpa-AFX) - Deutschland muss sich wegen mutmaßlicher Versäumnisse beim Grundwasserschutz einem Verfahren am Europäischen Gerichtshof stellen. Die Bundesrepublik habe es versäumt, strengere Maßnahmen gegen die Gewässerverunreinigung durch Nitrat zu ergreifen, teilte die klagende EU-Kommission am Donnerstag mit. Die zuletzt im Jahr 2012 übermittelten Zahlen sowie mehrere Berichte deutscher Behörden aus jüngster Zeit zeigten eine wachsende Nitratverunreinigung des Grundwassers und der Oberflächengewässer, einschließlich der Ostsee.
Im Fall einer Verurteilung muss Deutschland mit einer Geldstrafe rechnen. Die Höhe richtet sich nach der Dauer und Schwere des Verstoßes sowie der Zahlungsfähigkeit des betreffenden Staates. Gegen Deutschland sind Strafen in sechsstelliger Höhe pro Tag möglich.
Als eine Ursache für die hohen Nitratwerte in Deutschland gelten zu lasche Regeln für den Umgang mit Gülle und Kunstdünger. Nitrat ist für das Pflanzenwachstum von entscheidender Bedeutung. Allerdings können überhöhte Nitratwerte das Süßwasser und die Meeresumwelt schädigen, indem sie Algenwachstum begünstigen und dadurch anderes Leben ersticken.
Die Bundesregierung arbeite schon an einer Neuauflage der Düngeverordnung, teilte das Umweltministerium in Berlin mit. In einem Entwurf dazu seien bereits weitreichende Verbesserungen enthalten. Einige Kritikpunkte der EU-Kommission beruhten aber "möglicherweise auf Missverständnissen", sagte ein Sprecher. Man arbeite mit dem Landwirtschaftsministerium, das die Federführung habe, an Lösungsmöglichkeiten.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sprach im Zusammenhang mit der Klage der EU-Kommission von einer wenig überraschenden "Ohrfeige für die deutsche Landwirtschaftspolitik". "Die Nitratbelastung der Gewässer und Böden in Deutschland stellt seit Jahren eines der größten Probleme der Wasserwirtschaft dar", kommentierte Hauptgeschäftsführer Martin Weyand.
Ähnlich äußerten sich Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter und Niedersachsens grüner Landwirtschaftsminister Christian Meyer. "Düngegesetz und Düngeverordnung hätten längst entsprechend novelliert sein müssen", kommentierte Meyer. Hofreiter kritisierte, Bundeslandwirtschaftminister Christian Schmidt (CSU) stehe seit Monaten auf der Bremse und verhindere, dass "Güllefluten aus der Massentierhaltung" eingedämmt würden.
Der Bauernverband zeigte sich dagegen überrascht. Es habe einen konstruktiven Austausch zwischen EU und Bund gegeben, teilte er mit und warnte davor, in weiteren Verhandlungen aus den Augen zu verlieren, dass die Düngeverordnung praxistauglich und verhältnismäßig sein solle.