FRANKFURT (dpa-AFX) - Die eigentlich übliche Sommerflaute an den Aktienmärkten ist bisher ausgeblieben. Statt der saisonal typischen Seitwärtsbewegung gab es heftige Kursausschläge. Damit verspricht die neue Woche für den Dax alles andere als langweilig zu werden. Denn die Themen, die in den vergangenen Tagen die Gemüter erhitzt haben, dürften auch weiterhin die Kurse bewegen.
Mit Bangen blicken Marktteilnehmer derzeit auf die noch anstehenden Zahlen der großen US-Technologiewerte. Das Problem sind dabei weniger rückläufige Geschäfte als die in die Höhe geschossenen Bewertungen, die nur noch durch ausgesprochen optimistische Gewinnerwartungen zu rechtfertigen sind. Nach Ansicht der Experten der Hessischen Landesbank (Helaba) könnten sich jedoch die "unterstellten Konsens-Gewinnschätzungen als überzogen erweisen und damit weiteren Korrekturbedarf nach sich ziehen." Dass die Schockwellen aus Übersee den deutschen Leitindex nicht kaltlassen, hat sich erst in den jüngsten Kursverlusten gezeigt.
Der geringe Anteil an Technologiewerten und die moderate Bewertung der deutschen Standardwerte helfen dabei nur bedingt, denn bedenkliche Signale von der Konjunktur bremsen. So lasse "nach der jüngsten Stimmungseintrübung wichtiger konjunktureller Frühindikatoren eine Wachstumsbeschleunigung weiter auf sich warten", heißt es von der Hessischen Landesbank.
Dies hinterlässt auch Spuren in den Quartalsberichten der Unternehmen, wie Portfolio-Managerin Hannah Thielke von der Weberbank betont. "Insbesondere das Luxus- und das konjunktursensible Auto-Segment gerieten mit enttäuschenden Gewinn- und Umsatzzahlen unter Druck", so Thielke mit Blick auf den europäischen Aktienmarkt. Die kommende Woche mit einem weiteren Schwung an Quartalszahlen könnte daher einmal mehr stärkere Kursbewegungen bei einzelnen Werten und Sektoren mit sich bringen.
Impulse können jederzeit auch vom US-Wahlkampf ausgehen, der schon jetzt als einer der spannendsten seit langer Zeit gelten darf. "Mit dem Rückzug von Joe Biden als Präsidentschaftskandidat ist das Rennen um das Weiße Haus wieder völlig offen", stellt Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater fest." Während mit Biden ein Sieg Trumps an den Kapitalmärkten bereits als nahezu sicher gegolten habe, bringe Harris neue Perspektiven in den Wahlkampf und dadurch erhöhte Schwankungsanfälligkeit an die Finanzmärkte.
Vor diesem Hintergrund könnte die Sitzung der US-Notenbank Fed zur Wochenmitte etwas in den Hintergrund treten. Das gilt um so mehr, als sie keine allzu großen Impulse bringen dürfte. "Auf der anstehenden Sitzung am 30./31. Juli dürfte die Fed den Leitzins noch nicht senken", erwarten die Volkswirte der Helaba. "Angesichts der Erfahrung der letzten Monate wird man sich voraussichtlich auch hüten, wieder zu klare Signale über die mittelfristigen Absichten zu senden."
Mehr Aufschluss könnten somit die US-Arbeitsmarktdaten am Freitag geben. "Während die Beschäftigungsentwicklung in den vergangenen Monaten weiterhin solide war, sorgte der Anstieg der Arbeitslosenquote für erste Warnsignale", merkt Kater dazu an. "Beim Arbeitsmarktbericht für den Juli steht daher die Frage im Mittelpunkt, ob beziehungsweise in welchem Ausmaß sich die Beschäftigungsdynamik abschwächt." Für die Fed würden sich bei einer merklichen Abkühlung die Hindernisse für eine erste Zinssenkung verringern.
Angesichts der zahlreichen Einflüsse ist es nicht verwunderlich, dass der Dax charttechnisch bedenklich dasteht. Nach dem Rücksetzer am Donnerstag misst der technische Analyst Jörg Scherer von der Bank HSBC (LON:HSBA) dem kurzfristigen Aufwärtstrend bei aktuell 18.143 Punkten größere Bedeutung zu. "Bei einem Bruch des Aufwärtstrends rückt umgehend das Juni-Tief bei 17.951 Punkten in den Fokus, dessen Unterschreiten für den Abschluss einer Topformation sorgen würde", so Scherer.
Die Sorge des technischen Analysten entzündet sich dabei auch an einer ähnlichen Konstellation im vergangenen Jahr, die für die kommenden Monate nichts Gutes verheißt. So habe der Dax im August 2023 zunächst seitwärts bis leicht abwärts tendiert. "Von Mitte September bis Ende Oktober brachen die Kurse dann ein", warnt Scherer. "Ein ähnliches Szenario ist auch in diesem Herbst denkbar.