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APA ots news: 'Die Presse' Leitartikel: Europas hilfloser Versuch, seine...

Veröffentlicht am 28.11.2012, 18:04
APA ots news: 'Die Presse' Leitartikel: Europas hilfloser Versuch, seine Probleme wegzuregulieren, von Jakob Zirm

Ausgabe vom 29.11.2012

Wien (APA-ots) - Mehr Verantwortung der Ratingagenturen für

falsche Bewertungen ist in Ordnung.

Die wahre Intention der EU-Politiker wird sich damit glücklicherweise

nicht erfüllen.

Nun haben sie es endlich geschafft. In der Nacht auf Mittwoch

einigten sich die EU-Staaten mit dem europäischen Parlament auf eine

strengere Regulierung für die verhassten Ratingagenturen. Damit

sollen diesen unkontrollierten Kassandras endlich jene Fesseln

angelegt werden, die notwendig sind, damit die Finanzmärkte nicht

mehr 'verrücktspielen', wie Europas Politiker gern sagen, wenn

Investoren für ihr verliehenes Geld wieder einmal höhere Zinsen

verlangen, weil ihr Vertrauen in die Rückzahlungsfähigkeit der

staatlichen Schuldner erodiert.

Noch sind die neuen Regelungen, die im Frühjahr in Kraft treten

sollen, sehr vage. Neben fraglichen Punkten, wie Einschränkungen bei

den Zeitpunkten, zu denen unbestellte Ratings erstellt werden dürfen,

finden sich darunter zwar auch sinnvolle Maßnahmen. Etwa die

Vorschrift, dass Ratings außerhalb der Börsenöffnungszeiten

veröffentlicht werden sollen. Eine Regel, die bei wichtigen

Informationen zu börsenotierten Firmen bereits Usus ist. Die wahre

Intention der EU-Regulierer geht aber in eine andere Richtung - und

dürfte sich glücklicherweise nicht erfüllen.

Im Mittelpunkt der Regulierung steht nämlich die größere

Verantwortung der Agenturen für ihre Bewertungen. Ein Thema, mit dem

sich zuletzt auch australische und amerikanische Gerichte

auseinandersetzen. So ist es wirklich ein Skandal, dass noch in den

Tagen vor dem Ausbruch der Finanzkrise Ramschpapiere mit Topratings

versehen wurden und Investoren dabei viel Geld verloren. Bei

'Fehlverhalten' sollen Ratingagenturen daher künftig leichter klagbar

sein.

Den EU-Politikern dürfte es bei ihren jetzigen Überlegungen aber

weniger um geschädigte Anleger als vielmehr um die Bewertung ihrer

eigenen Schuldenpolitik gehen. Denn zwischen Lissabon und Helsinki

standen zuletzt vor allem die Länderratings im Mittelpunkt der

Diskussion. Und auch wenn die Aufregung sich über den Sommer etwas

gelegt hat, ist die jetzige Regulierung noch eine Nachwehe des

Aufschreis vom Jahresanfang, als sich Standard & Poor's erdreistet

hat, neun europäische Länder herabzustufen. Auch Österreich verlor an

diesem Freitag, dem 13. Jänner, sein AAA.

Die damalige Reaktion war zuerst allgemeines Unverständnis. Doch

schon bald folgten 'kreative' Ideen, wie man solche aus Sicht der

Politik 'falschen' Ratings vermeiden könnte. Etwa der Vorschlag, dass

Länder unter dem Rettungsschirm gar nicht mehr bewertet werden

dürften, oder dass die Beweislast umgekehrt werden solle -

Ratingagenturen hätten dann nachweisen müssen, dass sie keine Fehler

gemacht haben. In Italien ging man überhaupt so weit, dass die

Staatsanwaltschaft gegen Analysten der Agenturen Strafverfahren

eröffnete.

Bei Europas Bevölkerung kam dieses harte Auftreten gegenüber den

US-dominierten Agenturen gut an. Die Mär vom 'Wirtschaftskrieg' gegen

den Euro, bei dem die Ratingagenturen sozusagen die Frontsoldaten der

USA seien, fiel vielerorts auf fruchtbaren Boden. Dass die Ratings in

den europäischen Büros von europäischen Mitarbeitern erstellt wurden,

wurde da geflissentlich ignoriert (auch die österreichische Abwertung

wurde maßgeblich von einem Oberösterreicher verantwortet).

In Wirklichkeit gibt es zwei ganz rationale Gründe für die

Herabstufungen. Erstens ist die Entwicklung der langfristigen

Verschuldungssituation der betroffenen Staaten negativ. Das sagen

nicht nur Moody's & Co. Auch der heimische Rechnungshof kritisiert

regelmäßig die explodierenden Kosten im Gesundheits- oder

Pensionsbereich und schlägt konkrete Maßnahmen vor. Umgesetzt wird

davon aber nichts.

Das führt bereits zum zweiten Kritikpunkt der Ratingagenturen: der

fehlenden politischen Perspektive. Seit Ausbruch der Schuldenkrise

werden die Probleme mittels Milliardenspritzen ständig um Wochen oder

Monate weitergeschoben. Oft geht es nur darum, einen wichtigen

Wahltermin in einem Mitgliedsland - zurzeit ist es Deutschland - zu

überstehen. Eine langfristige Lösung ist damit nicht in Sicht. Und

daran wird auch die verstärkte Regulierung der Ratingagenturen nichts

ändern.

Rückfragehinweis:

Die Presse

Chef v. Dienst

Tel.: (01) 514 14-445

mailto:chefvomdienst@diepresse.com

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Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/447/aom

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OTS0279 2012-11-28/17:59

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