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APA ots news: 'Die Presse'-Leitartikel: Der Richtspruch der Märkte kann den...

Veröffentlicht am 08.12.2011, 18:38
Aktualisiert 08.12.2011, 18:40
APA ots news: 'Die Presse'-Leitartikel: Der Richtspruch der Märkte kann den Euro retten, von Karl Gaulhofer

Ausgabe vom 09. Dezember 2011

Wien (APA-ots) - Auf dem (diesmal wirklich) entscheidenden EU-Gipfel

regiert statt Solidaritätspathos die nüchterne Einsicht in die

Gefahr. Das macht Hoffnung - diesmal wirklich.

Die Sorgen der Schweizer möchten wir haben: Die Eidgenossen rüsten

sich mit bedächtiger Sorgfalt für den Fall, dass es den Euro

zerbröselt. Dann würde nämlich alle Welt in den Franken flüchten und

dieser gefährlich erstarken. Aber die Erben Tells wissen sich zu

wappnen: In diesem Fall müssen Investoren eben eine Strafsteuer in

Form von Negativzinsen zahlen, wenn sie ihr Vermögen in der Schweiz

halten wollen.

Nicht so leicht zu lösen sind die Probleme Europas. In Brüssel tagt

ein schicksalhafter Gipfel - diesmal wirklich. Eineinhalb Jahre lang

hat uns das Gremium der Granden nach jedem Treffen versichert, die

ultimative Wunderwaffe zum Schutz der Eurozone gefunden zu haben.

Rettungsschirme wurden aufgespannt, aufgebläht und mit Feuerkraft

versehen, dass einem ganz heiß und schwindlig wurde. Pathetische

Appelle an die Solidarität liefen stets darauf hinaus, alte Schulden

mit neuen Schulden, Haftungen und Risken zu überhäufen.

Und was machten die undankbaren Investoren? Sie ließen die Maßnahmen

verpuffen. Denn sie erkannten, dass damit das Problem nur verschoben,

vergrößert und auf die ganze Eurozone verbreitert wird. Die

kollektive Abstufungsdrohung von Standard & Poor's hat auf den

Märkten ein Erdbeben der Stärke null ausgelöst. Sie schafft also

keine neue Realität, sondern erklärt nur, was schon passiert ist:

dass sich die Bondanleger scharenweise zurückziehen, weil sie das

Vertrauen in die Lösungsfähigkeit von Europas Politikern verloren

haben.

Diese stehen durch den Richtspruch der Märkte mit dem Rücken zur

Wand. Sie wissen: Wenn aus ihrer Konklave nicht weißer Rauch

aufsteigt, wird es ernst. Also bemühen wir Hölderlin: Wo aber Gefahr

ist, wächst das Rettende auch. Das war nicht die wirre Vision eines

vom Wahn Befallenen, sondern die Beobachtung eines noch wachen

Geistes.

Und sie könnte sich wieder bestätigen: Was Merkel und Sarkozy vorab

ausgehandelt haben, macht Hoffnung. Es packt das Problem der

Euro-Fehlkonstruktion an der Wurzel: dem von Anfang an missachteten

Stabilitätspakt. (Fast) automatische Sanktionen gegen Defizitsünder,

Schuldenbremsen in allen Verfassungen, ihre Kontrolle durch den

Europäischen Gerichtshof: Auf diesem Fundament lässt sich neu bauen.

Und wenn die Briten sich sträuben, dann bauen eben nur die 17

Eurostaaten mit.

Dass zwei Politiker sich das beim Mittagessen ausschnapsen, ist nicht

schön. Aber wer sollte den Takt vorgeben? Van Rompuy? Der blasse

Präsident schießt quer, indem er alte und neue Tricksereien aus dem

Hut zaubert: eine Banklizenz für den EFSF, den Missbrauch des

Währungsfonds oder parallele Rettungsschirme. Man muss also Merkel

dankbar sein, dass sie das Heft in die Hand nimmt und Sarkozy, das

Sprachrohr des Südens, ins Boot holt.

Freilich: Auch wenn sich der Rat einigt, dauert es Monate, wenn nicht

Jahre, bis die Vertragsreform umgesetzt wird. Sie ist eine

notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung dafür, das missratene

Eurogebilde zu retten. Denn wir bewegen uns auf dem Anleihemarkt

rasch auf ein Krisengleichgewicht der negativen Erwartungen zu, das

hoch verschuldete Staaten nicht überleben. Es muss also auch

kurzfristig etwas geschehen. Aber nichts, was negative Anreize für

den Schuldenabbau setzt und damit das Vertrauen weiter untergräbt.

Also keine Eurobonds und auch kein schrankenloser Aufkauf von

Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank.

Was bleibt? Nur der gezielte Einsatz der EZB, Zug um Zug nach

Erfüllung von Sparvorgaben, wie Präsident Mario Draghi es plant.

Natürlich schafft jede Ausweitung der Zentralbankgeldmenge das

Potenzial für künftige Inflation. Aber da hat Europa Glück im

Unglück: Wenn niemand investiert, wächst das Kreditvolumen nicht. So

bleibt es beim Handel mit Anleihen in den stillen Gewässern der

Banken, Versicherungen und Pensionsfonds. Da dringt vorerst kein Geld

nach außen, das sich unkontrolliert vermehren könnte. Und wenn Draghi

seine Linie beibehält, macht nicht er sich von der Politik abhängig,

sondern eher umgekehrt: Letztlich war es die EZB, die Berlusconi von

Italiens Thron gestoßen hat. So geben Merkel und Draghi einen Pfad

vor, der ein Ziel haben könnte: Wo die Gefahr wächst, wächst Europa

auch.

Rückfragehinweis:

Die Presse

Chef v. Dienst

Tel.: (01) 514 14-445

mailto:chefvomdienst@diepresse.com

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OTS0082 2011-12-08/18:33

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