FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 17. April 2014. Nach dem Kursfeuerwerk 2013, tritt die japanische Börse seit dem Jahreswechsel gehörig auf die Bremse. Sony gehört derzeit zu den Ausnahmen in Tokio.
Wie für die meisten internationalen Aktienindizes bedeutete das Jahr 2013 auch für den Nikkei 225 vor allem eins: satte Kursgewinne. Innerhalb eines Jahres schoss der japanische Leitindex von rund 9.000 auf über 16.000 Punkte nach oben, nachdem es seit 2004 eigentlich nur bergab gegangen war. Mit dem Jahreswechsel hat sich das Blatt jedoch gewendet: Seit Anfang Januar hat der Nikkei fast 15 Prozent verloren, vergangene Woche schloss das Barometer erstmals seit Oktober 2013 wieder unter der 14.000er Marke und verzeichnete außerdem die schlechteste Börsenwoche seit dem Erdbeben und Tsunami vor gut drei Jahren.
Mittlerweile hat sich die Tokioter Börse wieder etwas gefangen - der Nikkei schloss am heutigen Donnerstag bei rund 14.400 Punkten. Nach Einschätzung von Analysten könnte es aber noch zu größeren Rückschlägen kommen. So betont etwa das Tokai Tokyo Research Center in einem Marktkommentar, dass die zurückgekommenen Renditen in den USA gegen eine weitere Abwertung des Yen sprechen. Die sei jedoch die Hauptzutat für Gewinne am Aktienmarkt.
Chartbild trübe
Und auch das Chartbild des Nikkei hat einiges vom Glanz des vergangenen Jahres eingebüßt. Wie Wieland Staud von Staud Research anmerkt, seien zuletzt die kurz- und mittelfristigen Aufwärtstrends gebrochen worden, was per Definition einem Ausstiegssignal gleichzusetzen sei. "Als solches sind auch die praktisch ausnahmslos auf verkaufen stehenden Indikatoren einzuordnen - ohne schon in überverkauftes Terrain eingedrungen zu sein", warnt der technische Analyst und spricht von einer kritischen Lage. Nachhaltige Kurse unter der 14.000er Marke würden aus Sicht von Staud unweigerlich die nächsten markanten Unterstützungen bei rund 12.500 Zählern auf den Plan rücken lassen.
Mehrwertsteuererhöhung belastet Konsum
Daneben drückt die Erhöhung der Mehrwertsteuer immer stärker auf die Stimmung der japanischen Verbraucher: Im März ist die Kauflaune auf den tiefsten Stand seit zweieinhalb Jahren gefallen. Der Index für das Konsumklima sei von revidiert 38,5 Punkten im Vormonat auf 37,5 Zähler abgerutscht, teilte die Regierung am Donnerstag in Tokio mit. Bereits seit der Ankündigung der Mehrwertsteuererhöhung - der ersten seit 17 Jahren - im vergangenen November, befindet sich die Kauflaune in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt auf Talfahrt. In einem ersten Schritt hatte die Regierung die Mehrwertsteuer Anfang April von 5 auf 8 Prozent erhöht. Bis Oktober 2015 soll der Satz auf 10 Prozent angehoben werden.
Geldpolitik wird Entwicklung stützen
Nach Einschätzung von Walter Vorhauser, Spezialist von Close Brothers Seydler, könnte am japanischen Aktienmarkt zwar eine Konsolidierung bis in den Bereich von rund 12.000 Punkten anstehen. "Danach dürfte es aber weiter aufwärtsgehen, denn die japanische Notenbank wird die wirtschaftliche Entwicklung geldpolitisch weiter stützen", zeigt sich der Händler zuversichtlich. Positive Impulse für die Wirtschaft gingen auch von der jüngsten Abkehr der Regierung von einem Ausstieg aus der Atomkraft aus. "Wenn an dem ursprünglich geplanten Ausstieg festgehalten worden wäre, hätte das die Wirtschaft womöglich abgewürgt", kommentiert Vorhauser.
Nach der Atom-Katastrophe in Fukushima im März 2011 waren alle Atomkraftwerke des Landes abgeschaltet worden. Dafür zahlt Japan jedoch einen hohen Preis: Die Einfuhr fossiler Brennstoffe verschlingt Milliarden und hat für ein großes Defizit in der Handelsbilanz gesorgt. Die Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe hat nun einen mehrjährigen Plan verabschiedet, der Atomstrom wieder als wichtige Energiequelle für die Grundversorgung vorsieht.
Sony mit relativer Stärke zum Markt
Einige Aktien halten sich trotz des schlechteren Marktumfelds aber dennoch sehr gut. So sticht aktuell etwa die Aktie des Elektronikriesen Sony (WKN 853687) mit relativer Stärke gegenüber dem Gesamtmarkt hervor. Während der Nikkei in den vergangenen drei Monaten um rund 8,5 Prozent gefallen ist, hat die Sony-Aktie über 7 Prozent gewonnen. Aus Sicht von Vorhauser liegt das nicht zuletzt an der strategischen Neuausrichtung sowie neuen Entwicklungen des Unternehmens. "Mit dem neuen Smartphone Xperia Z2 und dem dazugehörigen Tablet macht Sony der erfolgreichen Galaxy-Serie des koreanischen Wettbewerbers Samsung Konkurrenz", weiß Vorhauser. Die Spielekonsole PlayStation 4 läuft so gut, dass Sony mit Lieferschwierigkeiten kämpft.
Besser als der Markt läuft auch die Aktie des Elektrotechnikunternehmens Minebea (WKN 851838), wie Roland Stadler von der Baader Bank beobachtet. Die Aktie hat zwar zuletzt etwas nachgegeben, für die vergangenen drei Monate steht aber noch ein Plus von 8,5 Prozent zu Buche. Auf Sicht eines Jahres liegt der Titel bereits über 160 Prozent im Plus.
Softbank im Abwärtssog der US-Technologiewerte
An den Kragen geht es hingegen zunehmend dem Schwergewicht Softbank (WKN 891624). "Hier stützten zuletzt zwar gute Ergebnisse bei der chinesischen Alibaba, an der der japanische Internetkonzern mit 37 Prozent beteiligt ist. Der steile Aufwärtstrend des vergangenen Jahres scheint seit Anfang 2014 aber beendet", beobachtet Stadler. Da die Tochter Alibaba jedoch in den USA an die Börse strebt, reagiert der Softbank-Kurs zunehmend sensibel auf die Entwicklung von US-Technologie-Aktien. Und die sind seit Jahresbeginn deutlich unter Druck: Yahoo hat in den vergangenen drei Monaten mehr als 11 Prozent verloren, Amazon über 20, Google immerhin 8.
von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG
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© 17. April 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)