WASHINGTON/BEIRUT (dpa-AFX) - Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat sich mit dem von einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise erschütterten Libanon im Grundsatz auf ein Hilfsprogramm geeinigt. Dem Land solle ein Kredit in Höhe von etwa drei Milliarden US-Dollar (2,75 Milliarden Euro) gewährt werden, teilte der IWF am Donnerstag mit. Dieser solle es der Regierung ermöglichen, nötige Reformen umzusetzen und die Wirtschaft wieder anzukurbeln.
"Der Libanon sieht sich einer beispiellosen Krise ausgesetzt, die zu einem dramatischen Wirtschaftseinbruch und einer großen Zunahme der Armut, Arbeitslosigkeit und Auswanderung geführt hat", erklärte der IWF weiter. Der libanesische Regierungschef Nadschib Mikati sagte zu, mit dem Währungsfonds zu kooperieren, um die Maßnahmen schnell umzusetzen und das Land wieder auf einen "Genesungskurs" zu bringen.
Der Libanon leidet seit mehr als zwei Jahren unter der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seiner Geschichte. Drei Viertel der Bevölkerung leben mittlerweile in Armut. Die libanesische Lira hat mehr als 90 Prozent ihres Wertes verloren. Die Inflation liegt bei mehr als 200 Prozent. Im jetzigen Fastenmonat Ramadan können sich viele Menschen kaum noch das Essen zum Fastenbrechen leisten. Strom gibt es für die meisten Haushalte nur noch wenige Stunden am Tag.
Die auf knapp vier Jahre angelegte IWF-Finanzierung soll allerdings erst final bewilligt werden, nachdem die Regierung in Beirut bestimmte Reformen umgesetzt hat. Dazu zählen eine vom Parlament mitgetragene Restrukturierung der Banken, eine unabhängiger Stresstest für die 14 größten Geldinstitute, der Beschluss des Haushalts der Regierung und Reformen bei der Zentralbank.
Beobachter bezweifeln jedoch, dass die Regierung willens und in der Lage ist, die geforderten Reformen umzusetzen. Seit Beginn der Krise sind entsprechende Schritte bislang praktisch ausgeblieben. Verantwortlich dafür machen viele Libanesen die erhebliche Korruption einer politischen Elite, die sich vor allem selbst bereichere.
Im März 2020 hatte das Land den ersten Zahlungsausfall seiner Geschichte erlebt, als eine fällige Anleihe in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar nicht bedient werden konnte. Seitdem wuchs die Sorge vor einem Staatsbankrott. Verschärft wurde die Lage durch die verheerende Explosion im Hafen von Beirut im August 2020. Damals kamen mehr als 190 Menschen ums Leben, rund 6000 wurden verletzt.