SINDELFINGEN (dpa-AFX) - Bei genauer Betrachtung steht noch nicht mal eine Vier vor dem Komma und auch bei den Themen Leiharbeit und Azubis hat sich die IG Metall ein blaues Auge geholt. Die Bilanz ihres Abschlusses im traditionellen Pilotbezirk Baden-Württemberg ist durchwachsen. Selbst in der offiziellen Pressemitteilung nach dem Durchbruch vom Samstag räumen die Metaller ein, dass vor allem beim Zankapfel Leiharbeit deutlich mehr drin gewesen wäre. Es scheint ganz so, als habe sich die mitgliederstärkste deutsche Arbeitnehmerorganisation mit ihrem Kampf an den drei Fronten zu viel vorgenommen und es am Ende keinem so richtig Recht gemacht.
Entsprechend verhalten fielen die ersten Reaktionen im Internet aus. 'Faule Kompromisse' wetterten die einen beispielsweise auf der IG-Metall-Seite im Netzwerk Facebook, 'Klingt nicht schlecht', lobten andere zurückhaltend. Von Euphorie war in der Summe fast keine Spur.
Das ließ sich auch an den Mienen der Gewerkschaftsbosse Berthold Huber und Bezirksleiter Jörg Hofmann ablesen, als sie am Morgen nach dem 18-stündigen Verhandlungsmarathon vor die Presse traten. Sie wirkten zwar gelöst - wahre Freude war in ihren Gesichtern aber nicht abzulesen. Für gewöhnlich wissen beide Seiten den Abschluss für sich als Erfolg auf ganzer Linie darzustellen. Doch in Hubers Stellungnahme mischten sich auch andere Töne, zum Beispiel beim Thema Leiharbeit.
'Die Fortschritte hier hätten dennoch deutlicher ausfallen können', merkte er kritisch an. 'Tarifverhandlungen sind kein Wunschkonzert.' Zwar bleibe eine Menge Halbgelöstes und Unerreichtes auf der Agenda. Aber feste stehe: 'Wir haben einen tragfähigen Kompromiss erreicht.'
Wäre es nach der Gewerkschaft gegangen, hätten den Arbeitgebern bei der Leiharbeit künftig echte Daumenschrauben angelegt werden sollen. So müssten laut ursprünglichem Plan der IG Metall die Betriebsräte bei Umfang, Konditionen und Einsatzart mitbestimmen. Doch nun ändert sich nicht viel. Die Betriebsräte sollen individuelle Regeln ausarbeiten - verbindliche Vorgaben für alle fehlen weitgehend.
Daher steht und fällt das Thema nun je nach Unternehmen und der dortigen Stärke der Arbeitnehmervertretung. Selbst eine der wenigen fixen Regeln erweist sich als zahnloser Tiger: Arbeitet ein Leiharbeiter zwei Jahre im selben Betrieb, muss er dort ein Angebot für eine feste Stelle erhalten. Das Problem: Die Mehrheit der Leiharbeiter komme im bundesweiten Schnitt nicht einmal auf ein Jahr Beschäftigungszeit am Stück, rechnete ein Arbeitgebersprecher vor.
Auch wenn die Kann- statt Muss-Regelungen in dem Kompromiss klar überwiegen, wertet die Gewerkschaft den Abschluss an diesem Punkt als einen eindeutigen Schritt in die richtig Richtung. Erstmals hätten die Arbeitgeber ihre 'Blockadehaltung' bei der Leiharbeit aufgegeben und sich auf Rahmenbedingungen einlassen müssen.
Auch beim Streitthema unbefristete Azubi-Übernahme haben sich die Arbeitgeber große Freiräume gewahrt. So spricht die Gewerkschaft zwar vom Regelfall des unbefristeten Übernahmevertrages - doch die Liste möglicher Einschränkungen und Hintertürchen ist lang. So müssen die Betriebe künftig durchaus den Lehrlingen Angebote zur Übernahme ohne Befristung machen, doch nur zum dann aktuellen Bedarf. Das System atmet also und die Garantie für die Ausgebildeten ist damit relativ.
Huber bilanzierte: 'Das Ergebnis ist ein fairer Kompromiss zwischen beiden Seiten. Wobei ich hinzufüge, so wie das bei guten Kompromissen üblich ist: Es ist beiden Seiten nicht leichtgefallen.' Die Leiharbeiter hätten nun 'ein Stück mehr Sicherheit' und die Auszubildenden 'ein Stück Optimismus zur Bewältigung der Zukunft'.
Ein Gewerkschaftssprecher wies am Wochenende darauf hin, dass die Gegenseite ihre anfängliche 'Verweigerungshaltung' habe aufgeben müssen. 'Man muss das doch vom Ausgangspunkt her betrachten und dann ist es ein großer Erfolg und kein Federnlassen. Da würde sich der Spieß eher umdrehen lassen.' Zudem sei die Lohnzahl die höchste seit 1992.
Doch auch beim Thema Entgelt sieht es auf den zweiten Blick nicht mehr ganz so rosig aus. Angetreten mit einer Forderung von 6,5 Prozent mehr Einkommen für 12 Monate, landete die Einigung bei 4,3 Prozent auf 13 Monate. Streng genommen bedeutet das auf ein Jahr gerechnet, dass das im Vorfeld oftmals geforderte Minimal-Ziel einer Vier vorm Komma sogar haarscharf verfehlt wurde und nur mit Aufrunden zustande kommt. Einer der ernüchterten Kommentare auf der Facebook-Seite der Metaller: 'Wenn Inflation abgezogen wird, bleibt nicht viel übrig.'/loh/ols/DP/ck
Entsprechend verhalten fielen die ersten Reaktionen im Internet aus. 'Faule Kompromisse' wetterten die einen beispielsweise auf der IG-Metall-Seite im Netzwerk Facebook, 'Klingt nicht schlecht', lobten andere zurückhaltend. Von Euphorie war in der Summe fast keine Spur.
Das ließ sich auch an den Mienen der Gewerkschaftsbosse Berthold Huber und Bezirksleiter Jörg Hofmann ablesen, als sie am Morgen nach dem 18-stündigen Verhandlungsmarathon vor die Presse traten. Sie wirkten zwar gelöst - wahre Freude war in ihren Gesichtern aber nicht abzulesen. Für gewöhnlich wissen beide Seiten den Abschluss für sich als Erfolg auf ganzer Linie darzustellen. Doch in Hubers Stellungnahme mischten sich auch andere Töne, zum Beispiel beim Thema Leiharbeit.
'Die Fortschritte hier hätten dennoch deutlicher ausfallen können', merkte er kritisch an. 'Tarifverhandlungen sind kein Wunschkonzert.' Zwar bleibe eine Menge Halbgelöstes und Unerreichtes auf der Agenda. Aber feste stehe: 'Wir haben einen tragfähigen Kompromiss erreicht.'
Wäre es nach der Gewerkschaft gegangen, hätten den Arbeitgebern bei der Leiharbeit künftig echte Daumenschrauben angelegt werden sollen. So müssten laut ursprünglichem Plan der IG Metall die Betriebsräte bei Umfang, Konditionen und Einsatzart mitbestimmen. Doch nun ändert sich nicht viel. Die Betriebsräte sollen individuelle Regeln ausarbeiten - verbindliche Vorgaben für alle fehlen weitgehend.
Daher steht und fällt das Thema nun je nach Unternehmen und der dortigen Stärke der Arbeitnehmervertretung. Selbst eine der wenigen fixen Regeln erweist sich als zahnloser Tiger: Arbeitet ein Leiharbeiter zwei Jahre im selben Betrieb, muss er dort ein Angebot für eine feste Stelle erhalten. Das Problem: Die Mehrheit der Leiharbeiter komme im bundesweiten Schnitt nicht einmal auf ein Jahr Beschäftigungszeit am Stück, rechnete ein Arbeitgebersprecher vor.
Auch wenn die Kann- statt Muss-Regelungen in dem Kompromiss klar überwiegen, wertet die Gewerkschaft den Abschluss an diesem Punkt als einen eindeutigen Schritt in die richtig Richtung. Erstmals hätten die Arbeitgeber ihre 'Blockadehaltung' bei der Leiharbeit aufgegeben und sich auf Rahmenbedingungen einlassen müssen.
Auch beim Streitthema unbefristete Azubi-Übernahme haben sich die Arbeitgeber große Freiräume gewahrt. So spricht die Gewerkschaft zwar vom Regelfall des unbefristeten Übernahmevertrages - doch die Liste möglicher Einschränkungen und Hintertürchen ist lang. So müssen die Betriebe künftig durchaus den Lehrlingen Angebote zur Übernahme ohne Befristung machen, doch nur zum dann aktuellen Bedarf. Das System atmet also und die Garantie für die Ausgebildeten ist damit relativ.
Huber bilanzierte: 'Das Ergebnis ist ein fairer Kompromiss zwischen beiden Seiten. Wobei ich hinzufüge, so wie das bei guten Kompromissen üblich ist: Es ist beiden Seiten nicht leichtgefallen.' Die Leiharbeiter hätten nun 'ein Stück mehr Sicherheit' und die Auszubildenden 'ein Stück Optimismus zur Bewältigung der Zukunft'.
Ein Gewerkschaftssprecher wies am Wochenende darauf hin, dass die Gegenseite ihre anfängliche 'Verweigerungshaltung' habe aufgeben müssen. 'Man muss das doch vom Ausgangspunkt her betrachten und dann ist es ein großer Erfolg und kein Federnlassen. Da würde sich der Spieß eher umdrehen lassen.' Zudem sei die Lohnzahl die höchste seit 1992.
Doch auch beim Thema Entgelt sieht es auf den zweiten Blick nicht mehr ganz so rosig aus. Angetreten mit einer Forderung von 6,5 Prozent mehr Einkommen für 12 Monate, landete die Einigung bei 4,3 Prozent auf 13 Monate. Streng genommen bedeutet das auf ein Jahr gerechnet, dass das im Vorfeld oftmals geforderte Minimal-Ziel einer Vier vorm Komma sogar haarscharf verfehlt wurde und nur mit Aufrunden zustande kommt. Einer der ernüchterten Kommentare auf der Facebook-Seite der Metaller: 'Wenn Inflation abgezogen wird, bleibt nicht viel übrig.'/loh/ols/DP/ck