Börsen-Zeitung: Leichte Sommergerüchte, Kommentar zur
Staatsschuldenkrise von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Ein Gespenst geht um in Europa - der
EU-Diplomat. Seit Ausbruch der Schuldenkrise sind die Zeitungen voll
von ihm. Früher konnte man ziemlich sicher sein, dass das, was
EU-Diplomaten berichteten, wenig später tatsächlich so eintrat. Im
Grunde war EU-Diplomat nämlich das Codewort für Minister oder
Staatssekretäre, die nicht genannt werden wollten, - und
Regierungschefs hießen 'hochrangige EU-Diplomaten'.
Heute ist das anders. Weil Entscheidungen in der Schuldenkrise
viel schneller fallen müssen, steigt das Interesse an
Wasserstandsmeldungen. Der Kreis derer, die unter EU-Diplomaten
firmieren, ist daher gewachsen. Und sie werden längst nicht nur
zitiert, wenn sie bestätigen, was entschieden wird. Sondern auch, was
alles erwogen wird. Und erwogen wird viel.
Das ist gerade jetzt zu spüren. Börsentäglich tauchen Gerüchte
über das weitere Vorgehen in der Staatsschuldenkrise auf. Das
überrascht nicht, solange Spanien unter hohen Anleihezinsen leidet
und deshalb Spitzenpolitiker aus Madrid durch halb Europa touren, um
zu sondieren, wie der Zinsdruck gelindert werden kann. Insofern ist
es sicherlich richtig, dass, wie EU-Diplomaten bestätigen, der
Einsatz aller zur Verfügung stehenden Instrumente erwogen wird - etwa
Anleihekäufe durch die Euro-Schirme (nach einem Hilferuf) oder durch
die Europäische Zentralbank (in Wiederaufnahme des Kaufprogramms). Es
stimmt wohl auch, dass sich einzelne Finanz- und Geldpolitiker
Maßnahmen vorstellen können, die über das Arsenal hinausreichen und
allerlei Zustimmungen und Mehrheiten erfordern würden, etwa einen
Zugang zu EZB-Liquidität für die Euro-Schirme.
Allen Vorschlägen gemein ist, dass niemand verlässlich einschätzen
kann, ob es dazu kommt. Gewiss ist lediglich dreierlei. Erstens: Die
Südländer suchen den einfachsten Weg zu Hilfsmilliarden. Zweitens:
Ihre Euro-Partner bestehen auf möglichst umfassender Konditionalität
aller Hilfen. Drittens: Solange der Dauer-Schirm ESM noch nicht
aufgespannt werden kann, meiden alle Beteiligten weitreichende
Entscheidungen.
Anfang September wird es spannend. Am 11. konkretisiert Brüssel
die Pläne für die Bankenunion, am 12. entscheidet das
Bundesverfassungsgericht über den ESM, am 14. treffen sich die
Finanzminister zwei lange Tage. Bis dahin ist Geduld nötig, denn es
wird noch jede Menge sommerliche Gerüchte geben - zumal die Märkte
derzeit auf jedes Wort extrem sensibel reagieren - und sogar
Informationen, die EU-Diplomaten zugeschrieben werden können.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Staatsschuldenkrise von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Ein Gespenst geht um in Europa - der
EU-Diplomat. Seit Ausbruch der Schuldenkrise sind die Zeitungen voll
von ihm. Früher konnte man ziemlich sicher sein, dass das, was
EU-Diplomaten berichteten, wenig später tatsächlich so eintrat. Im
Grunde war EU-Diplomat nämlich das Codewort für Minister oder
Staatssekretäre, die nicht genannt werden wollten, - und
Regierungschefs hießen 'hochrangige EU-Diplomaten'.
Heute ist das anders. Weil Entscheidungen in der Schuldenkrise
viel schneller fallen müssen, steigt das Interesse an
Wasserstandsmeldungen. Der Kreis derer, die unter EU-Diplomaten
firmieren, ist daher gewachsen. Und sie werden längst nicht nur
zitiert, wenn sie bestätigen, was entschieden wird. Sondern auch, was
alles erwogen wird. Und erwogen wird viel.
Das ist gerade jetzt zu spüren. Börsentäglich tauchen Gerüchte
über das weitere Vorgehen in der Staatsschuldenkrise auf. Das
überrascht nicht, solange Spanien unter hohen Anleihezinsen leidet
und deshalb Spitzenpolitiker aus Madrid durch halb Europa touren, um
zu sondieren, wie der Zinsdruck gelindert werden kann. Insofern ist
es sicherlich richtig, dass, wie EU-Diplomaten bestätigen, der
Einsatz aller zur Verfügung stehenden Instrumente erwogen wird - etwa
Anleihekäufe durch die Euro-Schirme (nach einem Hilferuf) oder durch
die Europäische Zentralbank (in Wiederaufnahme des Kaufprogramms). Es
stimmt wohl auch, dass sich einzelne Finanz- und Geldpolitiker
Maßnahmen vorstellen können, die über das Arsenal hinausreichen und
allerlei Zustimmungen und Mehrheiten erfordern würden, etwa einen
Zugang zu EZB-Liquidität für die Euro-Schirme.
Allen Vorschlägen gemein ist, dass niemand verlässlich einschätzen
kann, ob es dazu kommt. Gewiss ist lediglich dreierlei. Erstens: Die
Südländer suchen den einfachsten Weg zu Hilfsmilliarden. Zweitens:
Ihre Euro-Partner bestehen auf möglichst umfassender Konditionalität
aller Hilfen. Drittens: Solange der Dauer-Schirm ESM noch nicht
aufgespannt werden kann, meiden alle Beteiligten weitreichende
Entscheidungen.
Anfang September wird es spannend. Am 11. konkretisiert Brüssel
die Pläne für die Bankenunion, am 12. entscheidet das
Bundesverfassungsgericht über den ESM, am 14. treffen sich die
Finanzminister zwei lange Tage. Bis dahin ist Geduld nötig, denn es
wird noch jede Menge sommerliche Gerüchte geben - zumal die Märkte
derzeit auf jedes Wort extrem sensibel reagieren - und sogar
Informationen, die EU-Diplomaten zugeschrieben werden können.
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