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ROUNDUP 2: Gewerkschaft EVG droht mit längeren Warnstreiks bei der Bahn

Veröffentlicht am 28.04.2023, 13:19
© Reuters.

(neu: Details)

BERLIN (dpa-AFX) - Der nächste Warnstreik bei der Deutschen Bahn ist nur noch eine Frage der Zeit, es geht eher noch um die Länge des Ausstands - so jedenfalls klingen die neusten Drohungen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG im aktuellen Tarifkonflikt. "Wir könnten die Bahn wochenlang lahmlegen", sagte EVG-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag).

Das System der Bahn sei so fragil, "wenn wir da ein paar Stellwerke rausnehmen, dann bricht alles zusammen".

Bahnchef Richard Lutz forderte die Gewerkschaft dagegen auf, "die Verhandlungen unverzüglich fortzusetzen und die Tarifrunde nicht weiter in die Länge zu ziehen". "Unsere Mitarbeitenden warten auf Geld, unsere Fahrgäste erwarten Lösungen", sagte Lutz in Berlin.

Die EVG und die Deutsche Bahn verhandeln seit Ende Februar über neue Tarifverträge, die Annäherung verlief aber bisher äußerst schwierig. Die bisher letzte Gesprächsrunde erklärte am Mittwoch die DB für beendet - weil die EVG das aktuelle Arbeitgeberangebot nicht für verhandlungsfähig hielt. Es folgten die für Tarifkonflikte üblichen Schuldzuweisungen - und nun via "Süddeutsche Zeitung" eine erneute, scharfe Warnstreik-Drohung.

Die EVG-Forderungen und das DB-Angebot

Die Deutsche Bahn will sich am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der vor gut einer Woche nach einem Schlichterverfahren erzielt wurde. Daran angelehnt hat DB-Personalvorstand Martin Seiler neben einem steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich von insgesamt 2850 Euro vorgeschlagen, Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise zu erhöhen - um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie acht Prozent für die oberen Lohngruppen.

Die Gewerkschaft will mindestens 650 Euro mehr im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen sowie eine Laufzeit von einem Jahr. "Die Beschäftigten haben ihren Beitrag in der Pandemie mit einem Abschluss von 1,5 Prozent geleistet, jetzt geht es darum, in der Lohnentwicklung nicht abgehängt zu werden", sagte Gewerkschaftschef Martin Burkert der "Augsburger Allgemeinen".

Knackpunkt Mindestlohn

"Das Problem ist, dass die Bahn unsere Vorbedingungen ignoriert", sagte Verhandlerin Ingenschay der "SZ". Eine davon ist der Mindestlohn, der bei der Deutschen Bahn bisher nicht in den Tariftabellen steht. Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell nur über Zulagen. "Bevor wir verhandeln, muss der gesetzliche Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankert werden", sagte Ingenschay. "Sonst sind die zehn Prozent Lohnerhöhung für die gut 2500 Mitarbeiter gleich weg."

Die Bahn lehnt diese Reihenfolge, also erst den Mindestlohn in die Tabellen zu schreiben und dann grundsätzlich über weitere Lohnerhöhungen zu diskutieren, strikt ab. Sie bietet stattdessen 13 Euro je Stunde, will diese aber erst ab August 2024 in die Tabellen aufnehmen.

Die bisherigen Warnstreiks

Die Tarifauseinandersetzung wurde von Beginn an hart geführt. Die EVG legte nach zwei Verhandlungsrunden mit einem ganztägigen Warnstreik Ende März gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi den öffentlichen Verkehr lahm. Der DB-Fernverkehr wurde für einen Tag eingestellt, auch an mehreren Flughäfen ging nichts.

Vor gut einer Woche legte die EVG nach. Laut Gewerkschaft gingen rund 24 000 Beschäftigte für acht Stunden in den Ausstand. Der Fernverkehr stand an dem Tag bis 13.00 Uhr komplett still, auch im Nah- und Regionalverkehr fuhr am 21. April vormittags kaum ein Zug.

Mögliche neue Warnstreiks

"Zwei Warnstreiks müssten eigentlich reichen, um ein verhandlungsfähiges Lohnangebot zu bekommen", sagte Ingenschay dazu der "SZ". Aber die Bahn sei offenbar nicht an ernsthaften Verhandlungen interessiert. "Es ist die Bahn, "die die neuen Streiks provoziert", meinte die EVG-Verhandlerin - und allein die Formulierung zeigt, dass weitere Warnstreiks wohl kaum mehr zu verhindern sind.

"Die Auswirkungen müssen offenbar massiver sein, damit es dem Arbeitgeber wehtut", sagte Ingenschay. Denkbar sei, dass die EVG nacheinander in unterschiedlichen Regionen Aktionen starte. Oder dass Zugbegleiter und andere Berufsgruppen im Wechsel streiken. Das seien aber alles noch Denkmodelle.

Gefährdete Strecken und Tage

In der Praxis hat die EVG viele Möglichkeiten, den Bahnbetrieb in Deutschland empfindlich zu stören. Denn wenn zum Beispiel ein Fahrdienstleiter in einem Stellwerk der Deutschen Bahn nicht arbeitet, kann kein Zug mehr über diese Strecke fahren - auch nicht solche von anderen Bahnunternehmen.

Je nach Strecke ist die Wirkung dann nicht nur in der Region zu spüren, sondern macht sich etwa in Form von Ausfällen und großen Verspätungen in allen Ecken der Bundesrepublik bemerkbar. Ein Beispiel ist etwa die Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim. Die sogenannte Riedbahn ist eine der meistbefahrenen Strecken in ganz Deutschland. Gibt es Probleme auf diesem Abschnitt, etwa durch Baustellen, lässt sich das schnell in der Pünktlichkeitsquote des Fernverkehrs ablesen. Ebenfalls viel los ist auf den Abschnitten zwischen Köln und Dortmund, Stuttgart und München, Hannover und Berlin sowie Berlin und Hamburg. Diese Strecken werden vor allem von Pendlern rege genutzt.

Im Mai gibt es zudem mit Feiertagen und Brückentagen einige Möglichkeiten, den Schaden für die Deutsche Bahn in die Höhe zu treiben. Rund um Christi Himmelfahrt (18. Mai) und Pfingsten (28. Mai) sind die Züge stets voll, die Autobahnen als mögliche Alternative für Reisende ebenso. In einer gewöhnlichen Woche sind vor allem die Freitage sehr fahrgaststarke Tage.

Die Gewerkschaft betonte zuletzt immer wieder, dass sie mit Warnstreiks die Deutsche Bahn und nicht die Fahrgäste treffen will. Es dürfte allerdings schwierig werden, das angemessen auszuloten, ohne den Ärger der Fahrgäste auf sich zu ziehen.

Die nächste Verhandlungsrunde zwischen DB und EVG ist für Ende Mai angesetzt - also erst in vier Wochen.

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