BRÜSSEL/FRANKFURT (dpa-AFX) - Litauen kann ab 1. Januar kommenden Jahres als 19. Land den Euro als Landeswährung einführen. Das baltische Land mit knapp drei Millionen Einwohnern erfülle alle Beitrittskriterien, stellten die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) am Mittwoch in ihren Beitrittsberichten fest. Litauen habe Inflation, Haushaltsdefizit und Staatsverschuldung im Griff. Auch die Währung Litas bewege sich seit Jahren stabil zum Euro. Endgültig über den Beitritt entscheiden werden die EU-Finanzminister; dies ist für die Sitzung im Juli geplant.
Litauen würde den Beitritt der baltischen Staaten zur Eurozone komplettieren. Zuletzt hatte Lettland im Januar auf den Euro umgestellt. Von nächstem Jahr an wären dann 19 von 28 EU-Ländern Mitglied im Währungsclub. Litauen hatte bereits 2007 einen Anlauf gemacht, war aber wegen einer überhöhten Inflation gescheitert.
Den Euro gibt es seit 1999 - er startete als Buchwährung, 2002 kam dann das Bargeld. Die Währungsgemeinschaft war in den vergangenen Jahren wegen der Schuldenkrise in Griechenland und anderen Länder in eine Krise geraten.
EU-Währungskommissar Olli Rehn lobte den Kurs Litauens, das die Krise wirkungsvoll bekämpft habe: "Dass Litauen nun die Voraussetzungen für die Einführung des Euro erfüllt, ist das Ergebnis einer langjährigen umsichtigen Haushaltspolitik und wirtschaftlicher Reformen." Der litauische Premierminister Algirdas Butkevicius zeigte sich erfreut: "Unsere (...) Anstrengungen sind wahrgenommen und anerkannt worden." Der Beitritt trage zur "wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Sicherheit" des größten Baltenstaates bei, sagte Butkevicius mit Blick auf die Ukraine-Krise.
Zudem betonte Rehn, die Teilnahme an der Währungsunion sei nach wie vor ein erstrebenswertes Ziel. "In den vergangenen Jahren ist der Euro - im Gegensatz zu dem, was Kassandra-Rufer gesagt haben - nicht auseinandergebrochen und hat auch keine Mitglieder verloren, sondern hat seine Mitgliederzahl ausgebaut."
Auch Europas Währungshüter halten Litauen fit für den Euro - trotz einiger Bedenken. Der Staat erfülle alle Maastricht-Kriterien, schreibt die EZB in ihrem in Frankfurt veröffentlichten Bericht.
Sorgen bereitet den Notenbankern aber mittelfristig der Inflationsdruck in dem Land. Da Preisniveau und Pro-Kopf-Einkommen in Litauen niedriger sind als im Euroraum, sei tendenziell mit einer höheren Preissteigerung zu rechnen als im Währungsraum insgesamt. Die EZB sieht die Gefahr, dass die Inflation in dem Land getrieben von Lohnerhöhungen überdurchschnittlich anziehen könnte, zumal das Land seine Währung anders als früher nicht mehr abwerten kann.
Zudem betonte die EZB, dass Litauen das Vertrauen in die Stärke seines Finanzsektors stärken müsse. Dafür müsse vor allem die Bankenaufsicht effektiver werden. Hoffnung setzen die Währungshüter in die Europäische Bankenaufsicht, die unter dem Dach der EZB im November an den Start geht und auch die Banken Litauens überwacht.
In Sachen Staatsfinanzen ist Litauen aktuell zwar ein Musterschüler. Im vergangenen Jahr blieb das Haushaltsdefizit nach den Angaben mit 2,1 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) deutlich unter der Marke von 3,0 Prozent, die der Maastricht-Vertrag erlaubt. Auch die Staatsverschuldung lag mit 39,4 Prozent des BIP weit unter den erlaubten 60 Prozent. Dennoch müsse Litauen das Defizit weiter senken und die Konsolidierung fortsetzen. Risiken seien etwa staatseigene Unternehmen und die geringe Steuerehrlichkeit, angesichts der alternden Bevölkerung langfristig auch das Rentensystem.
Nach derzeitigem Stand dürfte Litauen erst einmal das letzte Neumitglied im Euroraum bleiben. Keiner der sieben weiteren Euro-Kandidaten Bulgarien, Tschechien, Kroatien, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden erfüllt laut Berichten derzeit alle Konvergenzkriterien.we/DP/jsl