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ROUNDUP/'Ernste Zeiten': Deutschland vor Konjunkturabschwung

Veröffentlicht am 12.10.2022, 17:32
Aktualisiert 12.10.2022, 17:45
© Reuters.

BERLIN (dpa-AFX) - Die Energiekrise treibt Deutschland in eine Rezession. Die Bundesregierung schraubte ihre Konjunkturprognose am Mittwoch deutlich herunter. "Es sind ernste Zeiten", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Berlin. "Wir erleben derzeit eine schwere Energiekrise, die sich immer mehr zu einer Wirtschafts- und Sozialkrise auswächst." Die Bundesregierung wolle mit dem angekündigten milliardenschweren "Abwehrschirm" dagegen halten. Habeck begrüßte Vorschläge einer Expertenkommission zur geplanten Gaspreisbremse.

In ihrer Herbstprojektion erwartet die Bundesregierung für dieses Jahr nur noch ein kleines Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent, im kommenden Jahr schrumpft die Wirtschaft demnach um 0,4 Prozent. Für 2024 wird mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts von 2,3 Prozent gerechnet. In der Frühjahrsprojektion hatte die Bundesregierung noch einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 2,2 Prozent in diesem Jahr und um 2,5 Prozent im nächsten Jahr erwartet.

Auslöser der Krise sei der Angriff des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf die Ukraine, machte Habeck deutlich. Russland hatte Gaslieferungen gestoppt. Putins Ziel sei es, durch hohe Energiepreise die wirtschaftspolitische Stabilität Deutschlands und Europas zu zerstören. "Ich bin fest davon überzeugt, dass Putin mit diesem Versuch der Destabilisierung der wirtschaftspolitischen Grundordnung scheitern wird, so wie er auf dem Schlachtfeld in der Ukraine dabei ist zu scheitern."

Die hohen Energiepreise belasten viele Unternehmen in Deutschland zunehmend und bremsen laut Prognose die Industrieproduktion. Der Kaufkraftverlust hinterlasse auch Spuren im preisbereinigten privaten Konsum, der im nächsten Jahr rückläufig sein dürfte. Der Arbeitsmarkt sei nach wie vor robust.

Ohne die umfangreichen Gegenmaßnahmen der Bundesregierung wäre die Prognose für dieses und das nächste Jahr noch dramatischer ausgefallen, so Habeck. Die Gasspeicher seien gefüllt worden, zum Jahresende würden in Norddeutschland erste Terminals zum Import von Flüssigerdgas in Betrieb gehen.

Die Gefahr einer Gasmangellage im Winter sei aber nicht gebannt, so Habeck. Es müssten 20 Prozent an Gas eingespart werden. Das könne nicht alles die Industrie leisten, weil sonst weniger produziert werde. Auch private Haushalte müssten ihren Beitrag leisten.

Eine spürbare Entspannung ist bei den Gaspreisen nicht in Sicht. Zwar sind sie zuletzt gesunken, sind aber immer noch auf einem hohen Niveau. Habeck unterstrich die Notwendigkeit umfassender Gegenmaßnahmen der Bundesregierung, auch damit Unternehmen weiter investieren könnten. Der "Abwehrschirm" der Bundesregierung soll ein Volumen von bis zu 200 Milliarden Euro haben, um Verbraucher und Unternehmen wegen der hohen Energiepreise zu unterstützen. Davon sollen auch die Entlastungen für Gaskunden finanziert werden.

Die von der Regierung eingesetzte Expertenkommission hatte am Montag ein Stufenmodell vorgelegt. Die Fachleute schlagen im Dezember eine Einmalzahlung für Gaskunden in Privathaushalten und Gewerbe vor sowie Preisbremsen für ein Grundkontingent an Gas ab März für diese Gruppen. Für Großkunden in der Industrie soll den Vorschlägen zufolge ab Januar eine Gaspreisbremse greifen.

Habeck sagte, er begrüße die Vorschläge der Kommission ausdrücklich. Sie habe sich für "Pauschalität" und Geschwindigkeit entschieden. Gewerkschaften und Sozialverbände hatten kritisiert, die Vorschläge seien sozial nicht ausbalanciert.

Die Bundesregierung hat angekündigt, die Vorschläge nun so schnell wie möglich in Gesetzesform zu gießen. Auch eine Strompreisbremse ost geplant.

Laut Herbstprojektion dämpft die Gaspreisbremse den Anstieg der Verbraucherpreise im kommenden Jahr. Die Bundesregierung rechnet mit einer Inflationsrate von 8,0 Prozent im laufenden Jahr und von 7,0 Prozent im kommenden Jahr. 2024 soll die Inflationsrate dann bei 2,4 Prozent liegen.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte am Rande der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds in Washington, Deutschland könne nicht damit zufrieden sein, von den Industrienationen die schwächste wirtschaftliche Entwicklung zu haben. Dies liege zwar zum einen an der besonderen energiepolitischen Abhängigkeit und der internationalen Exponiertheit als Exportnation. Zugleich aber gebe es auch "länger bestehende Defizite unserer Wettbewerbsfähigkeit, an denen wir systematisch in den nächsten Jahren werden arbeiten müssen". Dabei gehe es nicht nur um die Industrie, sondern auch um den Mittelstand.

Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft äußerten sich ebenfalls sorgenvoll. "Die hohen Energiepreise und die schwächelnde Konjunktur treffen die deutsche Volkswirtschaft mit voller Wucht", erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks kommentierte: "Es ist fünf nach zwölf.

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