von Noreen Burke
Investing.com -- Das Signal der US-Notenbank Federal Reserve, dass es früher als erwartet zu Zinserhöhungen kommen könnte, dürfte die Marktstimmung in der kommenden Woche und in den nächsten Monaten bestimmen, denn die Marktteilnehmer verarbeiten die neue falkenhaftere geldpolitische Ausrichtung. Infolgedessen steht der Auftritt des Fed-Chefs Jerome Powell vor dem Kongress am Dienstag im Fokus, ebenso wie die Kommentare mehrerer anderer Fed-Vertreter im weiteren Verlauf der Woche. Für Bewegung dürften auch die Daten zu den persönlichen Einkommen und Ausgaben am Freitag sorgen, die auch den PCE-Kernpreisindex enthalten, der gemeinhin als bevorzugtes Inflationsmaß der Fed gilt. An den Aktienmärkten ging es in der vergangenen Woche bergab, wobei insbesondere Value-Aktien unter die Räder kamen, und dieses Muster dürfte sich zumindest kurzfristig fortsetzen. In Großbritannien hält die Bank of England am Donnerstag ihre geldpolitische Sitzung ab und die Märkte halten Ausschau nach neuen Hinweisen auf Zinserhöhungen. Was Sie für einen informierten Start in die neue Handelswoche wissen müssen, erfahren Sie hier.
1. Fed kündigt härtere Gangart an
Die Fed überraschte die Märkte letzte Woche, als sie zwei mögliche Zinserhöhungen im Jahr 2023 prognostizierte - und damit früher als erwartet. Die Zentralbank signalisierte damit, dass sie auch den Punkt erreicht hat, an dem sie beginnen könnte, eine Reduzierung ihres Kaufprogramms von Anleihekäufen in Höhe von 120 Milliarden US-Dollar im Monat zu diskutieren.
Der Verschiebung in dem Richtungsausblick wurde Nachdruck verliehen, als der Präsident der St. Louis Fed James Bullard am Freitag sagte, dass ein Schritt hin zu einer schnelleren Straffung der Geldpolitik eine "natürliche" Reaktion auf das Wirtschaftswachstum und die steigende Inflation im Zuge der Wiedereröffnung der Wirtschaft nach der Coronavirus-Pandemie sei.
Die Frage, ob eine stärker als erwartete Inflation die Fed zu einem früheren Handeln veranlassen würde, machte bereits im Vorfeld der geldpolitischen Sitzung an den Finanzmärkten die Runde.
Nun könnte vor der nächsten Sitzung der US-Notenbank im Juli und ihrer Jahreskonferenz in Jackson Hole, Wyoming, Ende August, auf der sie weitere Details zu ihren Plänen bekannt geben könnte, die Unsicherheit noch weiter zunehmen.
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2. Powell spricht vor dem Kongress
Gespannt blicken die Marktteilnehmer auf die Äußerungen des Fed-Vorsitzenden Jay Powell, der am Dienstag via Satellitenverbindung vor dem Unterausschuss des Repräsentantenhauses zu den Notfallprogrammen der Fed und der aktuellen Geldpolitik spricht.
Auch mehrere andere Fed-Mitglieder werden sich im weiteren Verlauf der Woche zu Wort melden. Und auch ihre Kommentare dürften viel Interesse auf sich ziehen, da die Märkte überall nach neuen Hinweisen auf die künftige Ausrichtung der Geldpolitik suchen.
Der Chef der New York Fed John Williams und der Präsident der St. Louis Fed James Bullard werden sich beide am Montag äußern, während die Präsidentin der Cleveland Fed Loretta Mester und die Präsidentin der San Francisco Fed Mary Daly beide am Dienstag ihre Auftritte absolvieren.
Weitere Fed-Mitglieder, die sich im Lauf der Woche zu Wort melden werden, sind der Präsident der Atlanta Fed Raphael Bostic und der Präsident der Boston Fed Eric Rosengren.
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3. Kursverluste an den Aktienmärkten
US-Aktien beendeten den Freitag deutlich im Minus, wobei der Dow Jones und der S&P 500 ihre schlechteste Woche seit Ende Oktober bzw. Ende Februar hatten. Der technologielastige Nasdaq-Index beendete den Handel ebenfalls niedriger.
Die Verluste kamen vor allem durch Rückgänge bei Substanzaktien und einigen Rohstoffen sowie einer Rallye beim Dollar und bei US-Staatsanleihen zustande.
"Es überrascht mich nicht, dass der Markt ein wenig abgibt. Angesichts der starken Entwicklung, die wir über einen so langen Zeitraum hatten, überrascht es mich eigentlich überhaupt nicht, wenn es zu Gewinnmitnahmen kommt", kommentierte Tim Ghriskey, Chefanlagestratege bei Inverness Counsel in New York, gegenüber Reuters.
"Nächste Woche halten verschiedene Fed-Gouverneure Reden und wir werden das Gleiche hören: einige Gouverneure werden eher hawkish und einige eher dovish sein, also wird es ein Hin und Her geben", fügte Ghriskey hinzu.
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4. US-Konjunkturdaten
Die Anleger werden die Konjunkturdaten der kommenden Woche genau im Auge behalten, um Hinweise darauf zu erhalten, ob der jüngste Inflationsschub – der die Verbraucherpreise im Mai so schnell wie seit fast 13 Jahren nicht mehr steigen ließ – sich ungebremst fortsetzt.
Am Freitag werden Daten zu Privateinkommen und -ausgaben im Mai veröffentlicht, die den PCE-Kernpreisindex enthalten, der als das von der Fed bevorzugte Inflationsmaß gilt.
Außerdem stehen auf dem US-Wirtschaftskalender die Verkäufe neuer und bestehender Häuser, die Auftragseingänge für langlebige Güter, die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor sowie der wöchentliche Bericht zu den Erstanträgen auf Arbeitslosenunterstützung, der angesichts der uneinheitlichen Erholung auf dem Arbeitsmarkt viel Aufmerksamkeit erhält.
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5. BoE-Sitzung
Die Bank of England hält am Donnerstag ihre geldpolitische Sitzung ab. Für ihren Chefvolkswirt Andy Haldane wird es die letzte sein.
Haldane ist das einzige Mitglied im geldpolitischen Ausschuss der BoE, das sich für eine Reduzierung der Stimulus-Maßnahmen angesichts der steigenden Inflation ausgesprochen hat. Die Inflation in Großbritannien lag im Mai zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder über ihrem Zielwert von 2%.
Die meisten Analysten erwarten keine Änderungen an der Geldpolitik, nachdem die BoE letzten Monat angekündigt hatte, das wöchentliche Tempo ihrer Anleihekäufe leicht zu verlangsamen. Die jüngste Entscheidung des britischen Premierministers Boris Johnson, die vollständige wirtschaftliche Wiedereröffnung um einen Monat zu verschieben, könnte als Grund für die politischen Entscheidungsträger angesehen werden, weiter vorsichtig zu bleiben.
Einige Analysten haben jedoch eine Diskussion über eine Reduzierung der Anleihekäufe nicht ausgeschlossen, insbesondere da andere globale Zentralbanken, allen voran die Federal Reserve, beginnen einen Ausstieg aus der ultralaxen Geldpolitik zu diskutieren.
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-- Dieser Report entstand unter Mitwirkung von Reuters.