Viele Wachstumsaktien befinden sich im Crashmodus. In meinem Depot habe ich 14 Positionen, bei denen der Aktienkurs in den letzten zwölf Monaten jeweils über 50 % gefallen ist (Stand: 25.05.22, gilt für alle Angaben). Um mit dieser unschönen Phase besser umgehen zu können, hilft mir folgendes Bildnis der Börsenlegende André Kostolany.
Die Lektion von Kostolany André Kostolany war ein erfolgreicher Spekulant und schrieb zahlreiche Bücher und Kolumnen zum Thema Börse. Viele seiner Börsenweisheiten wie „einer Straßenbahn und einer Aktie sollte man nie nachlaufen“ oder „wer Aktien nicht hat, wenn sie fallen, der hat sie auch nicht, wenn sie steigen“ dürften den meisten Anlegern bekannt sein.
Für mich ist folgende Lektion von Kostolany jedoch die wichtigste: Mit der Wirtschaft und der Börse verhält es sich wie mit einem Hund und seinem Herrchen bei einem Spaziergang. Der Hund symbolisiert die Börse und bewegt sich langfristig zusammen mit dem Herrchen (der Wirtschaft) in die gleiche Richtung. Dabei läuft er jedoch manchmal weit voraus, manchmal hängt er deutlich zurück. Kurzfristig sind die Aktienkurse also entkoppelt von der wirtschaftlichen Entwicklung. Langfristig nicht. Dies gilt für gesamte Märkte, aber auch für einzelne Unternehmen.
Der Bezug zur aktuellen Börsensituation Der Hund war nach dem Corona-Crash weit vorausgelaufen. Dabei wurde er sozusagen angelockt von niedrigen Zinsen und einer allgemeinen Euphorie besonders bei wachstumsstarken Aktien aus dem Technologiesektor. Ungefähr Mitte letzten Jahres begann der Hund sich dann wieder dem Herrchen zu nähern. Seitdem bewegt sich der Hund in vielen Fällen zurück (die Kurse fallen), während das Herrchen weiterhin nach vorne marschiert (die Unternehmen wachsen). Die Aktienkursentwicklung näherte sich also wieder der Unternehmensentwicklung an. Bei einigen Unternehmen hängt der Hund mittlerweile vielleicht sogar deutlich hinter dem Herrchen zurück.
Meine Schlussfolgerung Wohin der Hund kurz- und mittelfristig läuft, kann ich nicht voraussagen und schon gar nicht beeinflussen. Langfristig, also auf Sicht vieler Jahre, wird der Hund (der Aktienkurs) jedoch dem Herrchen (dem Unternehmen) folgen. Daher konzentriere ich mich auf die Unternehmensentwicklung. Diese operative Entwicklung ist bei den meisten Unternehmen in meinem Depot deutlich besser, als man bei der teils katastrophalen Kursentwicklung der letzten Monate vermuten mag.
Ein kurzes Beispiel dazu: Die Aktien von Netflix (NASDAQ:NFLX) (WKN: 552484) sind im letzten Jahr um 63 % abgestürzt und stehen jetzt auf dem Kursstand vom Herbst 2017. Damals hatte der Streaming-Marktführer halb so viele Abonnenten wie heute. Der Umsatz hat sich in den letzten fünf Jahren ungefähr verdreifacht, der Nettogewinn verneunfacht. Nach dem starken Abonnentenwachstum während der Hochphase der Coronapandemie verlor Netflix im letzten Quartal 0,1 % seiner Abonnenten. Der Umsatz stieg dennoch um knapp 10 % gegenüber dem Vorjahr und soll auch im aktuellen Quartal mit einer ähnlichen Rate steigen. Ich erwarte auch in den nächsten Jahren weiteres Wachstum.
Um bei dem Bild von Kostolany zu bleiben: Das Herrchen marschiert nicht mehr so schnell wie in den letzten beiden Jahren. Aber ich erwarte, dass es immer noch kontinuierlich in die richtige Richtung geht. Währenddessen ist der Hund schnell zurückgelaufen. Ich vertraue darauf, dass er seinem Herrchen langfristig folgen wird.
Hendrik Vanheiden besitzt Aktien von Netflix. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Netflix.
Motley Fool Deutschland 2022