PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Aktienmärkte in Europa haben auf ihrer Erholungsrally seit dem Brexit-Votum am Montag einen Stopp eingelegt. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) stand am späten Vormittag 0,22 Prozent tiefer bei 2876,74 Punkten. Der Börsianer sprachen von möglichen Gewinnmitnahmen, nachdem der Leitindex der Eurozone in der vergangenen Woche um knapp 4 Prozent zugelegt hatte.
Der Pariser CAC-40-Index (CAC 40) verlor am Montag zuletzt 0,32 Prozent auf 4260,10 Punkte. In London trat der FTSE 100 (ISE:UKX) nahezu auf der Stelle bei 6577 Zählern.
Die Auswirkungen eines Ausstiegs der Briten aus der Europäischen Union dürften zwar weiterhin für Verunsicherung sorgen, ist sich Dirk Gojny von der National-Bank sicher. "Doch allmählich wird zur Tagesordnung übergegangen." Beobachter rechnen insbesondere am Montag mit einem eher ruhigen Handelstag: Da in den USA die Wall Street wegen eines Feiertages geschlossen bleibt, fehlen von dort die Impulse.
Auch die Konjunkturagenda ist spärlich bestückt. Die am Morgen veröffentlichten, weniger stark als gedacht gesunkenen Erzeugerpreise aus der EU sorgten nur begrenzt für etwas Rückenwind. Am Nachmittag wird die Europäische Zentralbank (EZB) noch über ihre im großen Stil getätigten Anleihekäufe berichten.
Auf Unternehmensseite entschieden den Branchenvergleich die Rohstoffproduzenten für sich. Vor allem Gold und Silber werden von Anlegern nach dem Brexit-Schock als sichere Häfen angesteuert, was einerseits die Preise in die Höhe treibt und andererseits die Aktienkurse der Produzenten anschiebt. Der Subindex der Branche kletterte zuletzt um knapp 2 Prozent. Buchstäblich unter die Räder kamen dagegen die Autobauer und Zulieferer, sie gaben im Schnitt um 1,83 Prozent nach. Die Hersteller leiden vor allem unter dem Brexit-Votum, da ein Austritt Großbritanniens ihre Exportchancen minimiert.
Den Eurostoxx-50 führten am Morgen die Versorger an, die an ihre jüngste Erholung anknüpften. Eon (DE:EONGn) (ETR:EOAN) setzten sich mit einem Aufschlag von mehr als 2 Prozent an die Index-Spitze gefolgt von dem französischen Engie (PSE:PENGI)-Konzern mit mehr als 1 Prozent Kursplus. Versorger sind derzeit gefragt, nachdem in der vergangenen Woche Analyst Lüder Schumacher von der Societe Generale (PA:SOGN) (PSE:PGLE) (FSE:SGE) mit einer Kaufempfehlung für RWE (XETRA:RWEG)-Papiere für Aufmerksamkeit gesorgt hatte, in der er die Papiere als "sicheren Hafen" für Anleger nach dem Brexit bezeichnet hatte.
Banken dümpelten dagegen mit Abschlägen am Index-Ende. Die Branchenkurse waren nach dem Brexit-Votum deutlich unter Druck geraten und haben sich hiervon bislang noch nicht klar erholen können. Größter Eurostoxx-50-Verlierer waren zuletzt die Papiere des italienischen Kreditinstituts Intesa Sanpaolo (ETR:IES) (MILAN:ISP) mit rund dreieinhalb Prozent Abschlag.
An der Londoner Börse führte die Aktie von Silber- und Goldproduzent Fresnillo (ISE:FRES) ihre seit Tagen steile Bergfahrt fort und führte den "Footsie" mit einem Aufschlag von mehr als 8 Prozent an. Das Papier der Tochter des mexikanischen Penoles-Konzerns hat seit dem Tag des Briten-Referendums über 50 Prozent an Wert hinzugewonnen. Branchenkollegen wie Randgold, Antofagasta (ISE:LON:ANTO) oder BHP Billiton (ISE:BLT) (BER:BIL) kletterten zum Wochenstart um bis zu rund 4 Prozent.
Der britische Leitindex hat unterdessen die Erschütterung durch das Briten-Votum längst hinter sich gelassen und notiert nun deutlich höher als am Tag des Referendums. Nach Einschätzungen von Joe Rundle von ETX Capital führt dieser Aufstieg aber in die Irre, da einige negative Aspekte verschleiert würden. So hätten Anleger in den vergangenen Tagen vor allem ausgerechnet Unternehmen favorisiert, die eine hohe Gewichtung im Index hätten. Vor allem Absteiger wie etwa Taylor Wimpey und Persimmon (LON:PSN), die beide inzwischen rund 30 Prozent verloren hätten, verfügten aber nur über ein niedriges Gewicht im "Footsie". Beide Bauunternehmen gehörten am Montag nach enttäuschenden Stimmungsdaten aus der britischen Baubranche zu den größeren Verlierern im britischen Leitindex mit Abschlägen von jeweils rund 4 Prozent.