PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Nach dem Kursrutsch vom Vortag sind die Anleger an den europäischen Börsen auch am Donnerstag in Deckung geblieben. Investoren reagieren weiterhin verschreckt auf das politische Chaos im Washington. Sie sorgen sich nach immer neuen Vorwürfen gegen US-Präsident Trump vermehrt um dessen Wirtschaftsagenda und die politische Zukunft im Weißen Haus. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) fiel am Vormittag um 0,46 Prozent auf 3568,24 Punkte. Tags zuvor hatte er sich bereits um mehr als 1,5 Prozent auf Talfahrt begeben.
Für Marktexperte Michael Hewson von CMC Markets war der Kursrutsch wegen einer zuletzt niedrigen Volatilität nur eine Frage der Zeit und eines nötigen Anlasses - der nun mit dem Politchaos in den USA eingetreten sei. "Jeder Bullenmarkt braucht von Zeit zu Zeit eine Korrektur", pflichtete ihm Markus Huber vom Broker City of London Markets bei. Trump habe den Anlegern nun als Grund gedient, um auf erhöhtem Niveau Profite einzustreichen. Neue Offenbarungen aus Washington könnten den Märkten zwar durchaus weiter zusetzen. Er verwies aber darauf, dass politische Börsen ohne eine fundamentale Grundlage meist nur vorübergehender Natur seien.
Wie im Gesamtmarkt ging es am Donnerstag auch an den Länderbörsen in Frankreich und Großbritannien nach unten: Der CAC-40 (CAC 40) sank in Paris zuletzt um ein halbes Prozent auf 5291,29 Punkte, während der FTSE 100 (GB0001383545) in London um 0,80 Prozent auf 7443,80 Punkte nachgab. Am Vortag hatte er sich noch vergleichsweise stabil präsentiert und war so in Reichweite seines kurz zuvor erreichten Rekordstandes geblieben. In New York hatte der Dow Jones Industrial (Dow Jones Industrial Average) am Vorabend sogar den größten prozentualen Tagesverlust seit September vergangenen Jahres erlitten.
In dem negativen Marktumfeld waren im frühen Handel nur wenige Branchen gefragt, die in unsicheren Zeiten als vergleichsweise krisenfest gelten: Die Teilindizes der Versorger- (STOXX Europe 600 Utilities) und Konsumgüterwerte waren in der Branchentabelle allein auf weiter Flur mit leichten Kursgewinnen. Kräftig nach unten ging es hingegen für den Bankensektor (Stoxx 600 Banks) und die Automobilbranche (Stoxx 600 Automobiles & Parts RP), deren Einzelwerte sich auch am Ende des EuroStoxx versammelten.
Ganz hinten im Leitindex der Eurozone stachen die Aktien der Banco Santander (11:SAN) mit einem Kursrutsch von 3 Prozent aus der negativen Branchenbewegung hervor. Sie gehörten zu einer Gruppe von Unternehmen mit starker Präsenz in Brasilien, wo ebenfalls eine Korruptionsaffäre gegen den neuen Präsidenten Michel Temer schwelt. Auch Carrefour (9:CARR) wurde am Markt dazu gezählt: Die Papiere der Supermarktkette waren in Paris mit 2 Prozent Minus unter den größten Verlierern.
In London konnten sich die Papiere von Thomas Cook (3:TCG) nach Zahlen dem negativen Marktumfeld nur kurz entziehen. Nach festem Start rutschten sie zuletzt moderat mit 0,32 Prozent ins Minus ab. Bei dem Luxusgüterkonzern Burberry (3:BRBY) und dem Versorger National Grid (3:NG) kamen die Geschäftsjahreszahlen nachhaltig besser an: Sie rückten im "Footsie" um 1,89 beziehungsweise 0,52 Prozent vor.