PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas wichtigste Aktienmärkte haben nach der Vortages-Rally am Mittwoch nachgegeben. Damit ließ die Hoffnung auf eine baldige Lösung des Ukraine-Krieges wieder nach. Der EuroStoxx 50 verlor gegen Mittag 0,88 Prozent auf 3967,11 Punkte.
Der französische Cac 40 gab mit 0,84 Prozent auf 6735,78 Punkte vergleichbar nach, der britische FTSE 100 kam mit 0,16 Prozent Plus auf 7549,11 Punkte besser weg.
Die Euphorie vom Vortag über mögliche Fortschritte in Richtung einer Lösung des Ukraine-Konflikts wich mit den aktuellen Verlusten einer realistischeren Einschätzung. "So lange keine Verträge durch Russland und die Ukraine unterschrieben worden sind, dürfte das Thema weiterhin für hohe Schwankungsfreudigkeit sorgen", mahnte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect.
Zudem überdeckte die jüngste Erholung die verschlechterte Situation an den Börsen. "Es bleiben weiterhin große Risiken durch die hohen Rohstoffkosten und die sich abschwächende Konjunktur in Europa bestehen", so Lipkow. "Die Gemengelage hat sich in den letzten Handelswochen eingetrübt und wird derzeit von den Marktteilnehmern nicht vollends wahrgenommen."
Wie so oft in den vergangenen Wochen brachte der Vorzeichenwechsel bei den Indizes einen Favoritenwechsel mit sich. Die am Vortag noch gesuchten Autowerte reihten sich weit hinten unter den Sektoren ein, während Ölwerte (NYSE:XLE) Gewinne verzeichneten. Mit dem starken Preisrückgang um zwischenzeitlich mehr als zehn Prozent in dieser Woche seien die Aussichten, dass die Opec+ bei ihrem morgigen Treffen eine stärkere Produktionserhöhung beschließe, noch geringer geworden, merkte Analyst Carsten Fritsch von der Commerzbank (DE:CBKG) zur Ölpreisentwicklung an. "Denn die Gruppe dürfte sich dadurch in ihrer Auffassung bestätigt fühlen, dass der Ölpreisanstieg vor allem durch geopolitische Risiken nach oben getrieben wurde und nicht durch einen tatsächlichen Angebotsengpass."
Auch die Rohstoffwerte legten zu. Industriemetalle, die bereits im Vortagesverlauf ihre anfänglichen Verluste reduzieren konnten, erholten sich weiter, wie Analyst Daniel Briesemann von der Commerzbank erklärte. Vergleichsweise gut hielten sich daneben die defensiven Sektoren wie Pharma, Nahrungsmittelproduzenten und Telekommunikation.
Roche-Aktien scherten dabei mit leichten Verlusten aus. Der Pharmakonzern hatte mit seinem neuartigen Krebs-Therapeutikum Tiragolumab einen Rückschlag erlitten.
Bankaktien (NASDAQ:KBWB) standen dagegen trotz guter Nachrichten unter Druck. Die Schweizer Großbank UBS (SIX:UBSG) hat nach dem Gewinnsprung aus dem vergangenen Jahr ein neues Programm zum Aktienrückkauf aufgelegt. Das Institut will eigene Anteile im Wert von bis zu sechs Milliarden US-Dollar (rund 5,4 Mrd Euro) erwerben. Da kam aber nicht überraschend.
Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarktes zeigte sich vom Umfang des Programms angetan: "Zum einen zeigt sich das Unternehmen voller Finanzkraft und zum anderen suggeriert dies, dass das Management mit einem weiter steigenden Aktienkurs rechnet." UBS verloren zwar 0,5 Prozent, hielten sich damit aber ungleich besser als etwa BNP oder Credit Suisse (SIX:CSGN) , die rund zwei Prozent einbüßten.
Unter den kleineren Werten kletterten Zur Rose (SIX:ROSEG) Group um 3,5 Prozent. Analyst Volker Bosse von der Baader Bank hatte sein Kursziel für den Online-Medikamentenanbieter zwar massiv von 300 auf 140 Franken gesenkt, hält die Bewertung auf dem aktuellen Niveau aber für vergleichsweise günstig.
In London gerieten Pearson (LON:PSON) dagegen unter Druck. Die Meldung, wonach die Beteiligungsgesellschaft Apollo kein Gebot für die Mediengruppe abgeben wolle, belastete.