von Robert Zach
Investing.com - In einem offenen Brief an die Federal Reserve (Fed) am Montag bezeichnete die US-Investorin Cathie Wood die geldpolitischen Straffungsmaßnahmen der Zentralbank als politischen Fehler, der zu einer ausgewachsenen Deflation führen könnte.
"Angesichts der widersprüchlichen Daten war die Einstimmigkeit der letzten Entscheidung der Fed, den Leitzins um 75 Basispunkte zu erhöhen, überraschend", schrieb die ARK Invest-Chefin.
Die Fed konzentriere sich auf die Beschäftigung und die Gesamtinflation, die laut Wood beide nachlaufende Indikatoren seien, und sollte sich stattdessen lieber auf die Rohstoffpreise konzentrieren.
Der Preisdruck von den globalen Rohstoffmärkten hat in letzter Zeit wieder etwas nachgelassen. So zogen sich sowohl die Ölpreise in Form der Sorten WTI und Brent als auch die Gaspreise von ihren Höchstständen zurück. Ebenso notieren die Preise für Basismetalle wie Zinn, Stahl oder Kupfer wieder deutlicher tiefer. Gleiches gilt für Agrarrohstoffe wie Weizen, Mais und Baumwolle. Das dürfte zumindest kurzfristig für Entlastung an der Inflationsfront sorgen.
"Die meisten Rohstoffpreise haben ihren Höchststand erreicht und sind, mit Ausnahme von Lebensmitteln und Energie, im Jahresvergleich rückläufig. Ohne Frage sind die Lebensmittel- und Energiepreise wichtig, aber wir sind nicht der Meinung, dass die Fed den globalen Schmerz im Zusammenhang mit einem Angebotsschock für Agrar- und Energierohstoffe, der durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine verursacht wurde, bekämpfen und verschlimmern sollte", argumentierte Wood.
Die von Wood geleitete Fondsgesellschaft verwaltet rund 14,4 Milliarden Dollar an Kundengeldern in verschiedenen aktiven ETFs. Der bekannteste von ihnen ist der ARK Innovation ETF (NYSE:ARKK), der in Disruptoren wie Tesla (NASDAQ:TSLA), Zoom Video Communications (NASDAQ:ZM) und Roku (NASDAQ:ROKU) investiert und während der Corona-Pandemie zu den ETFs mit der besten Performance gehörte. Doch als die Zinsen stiegen und sich die finanziellen Bedingungen verschärften, stürzte der Fonds ebenso schnell wieder ab. Allein in diesem Jahr ist der ARKK um mehr als 60 Prozent eingebrochen.
ARKK-Performance vs. S&P 500 - Quelle: Investing.com
Die ARK-Gründer ergänzte, dass die Anhäufung nachgelagerter Lagerbestände "Hersteller und Einzelhändler erdrückt". Zahlreiche Einzelhändler wie Walmart (NYSE:WMT), Target (NYSE:TGT) und Nike (NYSE:NKE) arbeiten mit Hochdruck daran, die sich auftürmenden Warenbestände abzubauen. Einige Analysten sprechen gar von einer "Lagerkrise" im Einzelhandel.
"Nachdem sie mehr als ein Jahr lang mit Lieferkettenengpässen zu kämpfen hatten, scheinen selbst Weltklasse-Unternehmen ihre automatisierten ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) außer Kraft gesetzt und zu viele Waren bestellt zu haben", so Wood und fügte hinzu, dass die Lagerbestände bei Walmart und Target im letzten Quartal um 25,5 Prozent bzw. 36,1 Prozent gestiegen seien, und das bei einem Umsatzwachstum im einstelligen Bereich.
Zu einer möglichen Deflation kommentierte Wood: "Könnte es sein, dass die beispiellose Erhöhung der Zinssätze um das 13-fache in den letzten sechs Monaten – wahrscheinlich um das 16-fache am 2. November – nicht nur die USA, sondern die ganze Welt schockiert hat und die Gefahr eines deflationären Ausbruchs erhöht?"
Dem Fed-Rate-Monitor-Tool von Investing.com zufolge erwarten knapp 80 Prozent der Marktteilnehmer eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte auf der Fed-Sitzung in knapp drei Wochen, gefolgt von einer 50-Basispunkte-Anhebung auf der Dezember-Sitzung.
Fed-Rate-Monitor-Tool - Quelle: Investing.com
Das würde den Fed-Leitzins auf eine Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent bringen. Das wäre der höchste Zinsstand seit 2007.
Fed-Leitzins - Quelle: Investing.com