Diese Woche bin ich aus Singapur zurückgekommen. Wer so wie ich der Meinung ist, dass wir am Anfang eines asiatischen Jahrhunderts stehen, fühlt sich bei einem Besuch in dem reichen Stadtstaat in seiner Ansicht eindrucksvoll bestätigt.
Der Blick aus dem Flugzeugfenster offenbart die mit großen Schiffen und Tankern fast schon überquellende Straße von Malakka, die Stadt selbst ist voll von modernsten Hochhäusern und vom Flughafen bis zur Metro funktioniert alles auf höchstem Niveau.
Da die Region weiterhin dynamisch wächst und dies noch viele Jahre tun dürfte, weil sich einige noch relativ arme asiatische Länder anschicken, Singapur nachzuahmen, könnte man schlussfolgern, dass dieses Wirtschaftswachstum eine wunderbare Gelegenheit bietet, um in die Aktienmärkte der Region zu investieren. Ganz so einfach ist es aber wahrscheinlich nicht.
Aktienmärkte sind nicht direkt an das Wirtschaftswachstum gekoppelt. Ein Blick auf die wichtigen Aktienmärkte Asiens zeigt dies. In Singapur, Hongkong und Südkorea ist die Wirtschaftsleistung seit 2007, dem Jahr vor der Finanzkrise, jeweils um grob die Hälfte gewachsen. Allerdings notieren die Leitindizes von Singapur (der Straits Times Index) und Hongkong (der Hang Seng Index) noch immer niedriger als ihre Höchstkurse vor der Finanzkrise. Der koreanische Leitindex KOSPI notiert nur im einstelligen Prozentbereich höher.
Die Aktienindizes dieser wirtschaftlich dynamischen Länder wurden in diesem Zeitraum vom stagnierenden Japan überholt. Der Nikkei 225 konnte wenigstens um circa ein Fünftel an Wert gewinnen. Dass es auch ganz andere Wertzuwächse gab, zeigt ein Blick auf den amerikanischen Leitindex S&P 500, der sich seit Mitte 2007 fast verdoppelt hat.
Wie kann das also sein? Die Antwort ist, dass die Entwicklung von Aktienmärkten von vielen Faktoren abhängt und Wirtschaftswachstum zwar ein Rückenwind sein kann, aber keine Garantie für gute Renditen ist.
Im Fall von Singapur, Hongkong und Südkorea waren die Aktienmärkte direkt vor der Finanzkrise relativ hoch bewertet, was teilweise, aber in keinem Fall vollständig erklärt, wieso sich ihre Aktienmärkte nicht oder kaum über ihre vor der Finanzkrise erreichten Allzeithochs hieven konnten. Viel wichtiger ist in meinen Augen, welche konkreten Unternehmen in diesen Ländern an den Aktienmärkten notiert sind und wie ihre Geschäftsmodelle aussehen.
Die Aktienmärkte von Singapur, Hongkong und Südkorea werden von Banken, Versicherungen, Versorgern, Konglomeraten sowie Telekommunikations- und Industrieunternehmen dominiert. Allesamt Branchen, die sich seit der Finanzkrise schwergetan haben, profitabel zu wachsen. Und darin dürfte der Hauptgrund liegen, wieso sich die breiten Aktienmärkte dieser Länder seit zwölf Jahren so enttäuschend entwickelt haben. Die zukünftige Entwicklung von Leitindizes hängt stark davon ab, welches langfristige Gewinnpotenzial die großen börsennotierten Unternehmen eines Landes haben. Das ist nur teilweise an das Wirtschaftswachstum gebunden.
Damit soll nicht gesagt sein, dass es nicht großartige Investitionsgelegenheiten bei asiatischen Aktien gibt, und auch nicht, dass die asiatischen Aktienmärkte ewig stagnieren werden. Viele einzelne Aktien werden Anleger reich belohnen und auch die breiten Aktienmärkte können, wenn Geschäftsmodelle der großen Unternehmen angepasst werden oder stärkere Unternehmen nachrücken, langfristig wieder gute Renditen einbringen.
Als Anleger muss man verstehen, dass Wirtschaft und Aktienmarkt nicht direkt aneinander gekoppelt sind. Man sollte nicht den Fehler begehen, allein basierend auf der wirtschaftlichen Zukunft eines Landes oder einer Region zukünftige Renditen an den Aktienmärkten abzuleiten.
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